Auf „Cousinentrick“ reingefallen, Geld weg: Bank haftet mit

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Eine Frau ließ sich von einer Fremden Geld herauslocken. Die Hälfte bekommt sie von der Bank zurück, entschied der OGH.

Wien. Wenn man auf den sogenannten Neffentrick hereinfällt und einem Betrüger, der sich als Angehöriger ausgibt, Geld zukommen lässt: Kann man sich dann bei der Bank schadlos halten, die den Geldtransfer abgewickelt hat? Damit hatte sich der OGH kürzlich zu befassen (9 Ob 32/18y).

Geklagt hatte der Verein für Konsumenteninformation (VKI), und zwar für eine Frau, die auf eine Betrügerin hereingefallen war. Diese hatte sich am Telefon als ihre Cousine ausgegeben und ihr erzählt, sie wolle ein Haus in England kaufen. Dafür brauche sie sofort – noch am selben Tag – 2500 Euro.

Zwar wunderte sich die Frau über die Dringlichkeit und über den ungewohnten Klang der Stimme ihrer vermeintlichen Verwandten. Sie sei verkühlt, sagte diese, und der Kauf, an dem noch zwei weitere Familien beteiligt seien, sei ein besonderes Schnäppchen – deshalb die Eile. Damit gab sich die Frau zufrieden, holte keine weiteren Erkundigungen ein und machte auch keinen „Kontrollanruf“ bei ihrer echten Cousine. Sondern ging zur Bank und veranlasste – über das von der Anruferin gewünschte Institut – einen Bargeldtransfer nach England. Auf dem Kundenbeleg, den sie erhielt, stand neben den Transaktionsdaten ein Warnhinweis: „Schützen Sie sich vor Verbraucherbetrug, geben sie acht, wenn ein Fremder Sie bittet, Geld zu senden. Teilen Sie niemals Dritten Transaktionsdetails mit.“

„Transfergeschäft gescheitert“

Genau das tat die Frau dann aber, als die Betrügerin sie neuerlich anrief. Diese ließ sich daraufhin – mit einem Ausweis, der auf den Namen der Cousine lautete – beim englischen Vertriebspartner des Zahlungsdienstleisters das Geld auszahlen. Der Bankmitarbeiter erfasste zwar die Ausweisdaten, kopierte den Ausweis aber nicht. Ob es sich um eine offensichtliche Fälschung handelte, die ihm hätte auffallen müssen, ließ sich somit nicht mehr feststellen.

Wenige Tage später erkannte die Zahlerin, dass sie einem Betrug aufgesessen war. Sie teilte dem Zahlungsdienstleister mit, das Geld sei nicht an ihre Cousine ausgezahlt worden, verlangte die Rückzahlung und schaltete später den VKI ein. Das Finanztransfergeschäft sei gescheitert, argumentierte dieser, die Kundin habe daher einen Rückerstattungsanspruch laut Zahlungsdienstegesetz. Ein solcher setzt nicht zwingend ein Verschulden der Bank voraus.

Der Zahlungsdienstleister wehrte sich: Die Zahlerin sei selbst schuld an der Misere. Sie habe bei der Weitergabe der Transaktionsdaten grob fahrlässig gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen.

Die Gerichte nahmen letztlich Bank und Kundin in die Pflicht: Bei Geldtransfergeschäften hätten beide Sorgfaltspflichten. Bevor man Transferdaten weitergibt, müsse man sich „bei Vorhandensein objektiver Zweifel an der Person des Empfängers“ davon überzeugen, dass es sich tatsächlich um die gewünschte Person handelt, so der OGH – die Bank habe darauf sogar noch hingewiesen.

Noch etwas stellte das Höchstgericht klar: Selbst wenn den Zahlungsdienstleister eine verschuldensunabhängige Haftung trifft, ist ein Mitverschulden der Kundin zu berücksichtigen. Fazit: Es kommt zu einer Schadensteilung, die Frau bekommt 1250 Euro zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2018)

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