EuGH festigt Lotterie-Monopol

EuGH festigt LotterieMonopol
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Der EuGH macht klar, dass eine Lizenz in einem EU-Land nicht ausreicht, um in anderen Ländern Internetwetten anzubieten. Lotterien-Vorstand Stickler wertet die jüngsten Urteile als Volltreffer.

Wien.Der Europäische Gerichtshof (EuGH) zieht die Schlinge um Internetwetten-Anbieter, die meist mit einer Offshore-Lizenz (aus Malta oder Gibraltar) funken, immer enger – entgegen allgemeinen Liberalisierungsbestrebungen und ungeachtet dessen, dass dies eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bedeutet. Rund 14 Verfahren zum Thema Internet-Glücksspiel waren seit 1995 anhängig, und von Urteil zu Urteil fielen sie härter aus. Ließen die Richtersprüche anfangs noch Interpretationen zu, weshalb sich Monopolisten wie Konkurrenten als „Sieger“ fühlten, so ging es zuletzt Schlag auf Schlag – was die mehrheitlich zur Casinos Austria gehörenden Lotterien, die die Internetwetten-Plattform „Win2day“ betreiben, als Jackpot werten.

„Es ist gut, dass der EuGH jetzt Klarheit schafft – das Argument der gegenseitigen Anerkennung von Lizenzen ist damit endgültig entkräftet“, sagt Lotterien-Vorstand Friedrich Stickler im Gespräch mit der „Presse“. Das heißt, dass eine Lizenz von Malta oder Gibraltar – wie sie Bwin besitzt – in anderen EU-Staaten wertlos sei.

Der EuGH macht klar, dass eine Lizenz in einem EU-Land nicht ausreiche, um in anderen Ländern Internetwetten anzubieten. Weil es „beim derzeitigen Stand des Unionsrechts“ keine gegenseitige Anerkennungspflicht gebe. Zu drei deutschen Fällen, zu denen am 8.September die Urteile fallen, hieß es im Schlussantrag des Generalanwalts, dass weder die Niederlassungs- noch die Dienstleistungsfreiheit den Inhaber einer von einem Mitgliedstaat erteilten Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten berechtige, im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten Wetten anzubieten. Dies gelte erst recht bei einer reinen Offshore-Lizenz.

Überdies weitet der EuGH (in Verfahren in Portugal, den Niederlanden und jüngst in Schweden) seine Begründung aus, dass Staaten Internet-Glücksspiele zugunsten eines monopolistischen Anbieters verbieten können. Stand anfangs der Spielerschutz im Vordergrund, geht es dem EuGH jetzt auch um die Begrenzung von Betrug und Kriminalität. Außerdem gibt es sittliche, kulturelle und religiöse Gründe für Verbote.

Staaten können selbst agieren

Stickler, der auch Präsident der europäischen Dachorganisation European Lotteries ist, wertet auch positiv, dass der EuGH nach dem Subsidiaritätsprinzip den Staaten selbst überlässt, wie sie Glücksspiel regeln. Dazu heißt es etwa in der niederländischen Rechtssache Ladbroke/Betfair vom Juni: „Den Mitgliedstaaten steht es frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend festzulegen.“ Dass die Richter in den noch ausstehenden Causen ihre Meinung grundlegend ändern, hält Stickler für unwahrscheinlich.

Nur die Casag besitzt derzeit die Lizenzen für zwölf Spielbanken und die Lotterie, und sie verteidigt sie naturgemäß vehement. Sportwetten sind hierzulande schon frei. Der große Gegenspieler ist der Internetwetten- und -spieleanbieter Bwin, der sich auf die Dienstleistungsfreiheit beruft und eine – streng reglementierte – Öffnung des Marktes fordert.

In den nächsten Monaten verspricht die Neuvergabe der Lotterien-Lizenz und von sechs Casino-Konzessionen Spannung. Sie laufen im September 2012 aus. Im neuen Glücksspielgesetz – die Notifikation aus Brüssel wird für 15.Juli erwartet – ist von einer „transparenten Interessentensuche“ die Rede. Für die Casino-Lizenzen ist ein europaweites, transparentes Vergabeverfahren vorgegeben.

Zur Lotterien-Lizenz hat der EuGH in der Ladbroke/Betfair-Entscheidung auch eine höchst brisante Aussage getroffen. Demnach könne „eine Lizenz ohne Ausschreibung erteilt oder erneuert werden, sei es an einen staatlichen Betreiber oder einen privaten, dessen Aktivitäten der strikten Kontrolle der Behörden unterworfen ist“. Es werde spannend, wie der Finanzminister diesen Passus interpretieren werde, meint Stickler. In den Niederlanden werde die Lizenz für De Loto nun verlängert. „Ich glaube, dass auch hierzulande keine Ausschreibung notwendig ist.“ Wegen der Vorbereitungszeit und der Einspruchsfristen müsste 2011 entschieden werden.

Stickler glaubt nach mehreren fehlgeschlagenen Anläufen an keine EU-weite Regelung zum Glücksspiel. „Der EuGH hat die Arbeit der Politik übernommen.“ Allerdings arbeitet EU-Binnenmarkt-Kommissar Michel Barnier an einem „Grünbuch“. Darin sollten Rahmenbedingungen festgelegt werden – in Bezug darauf, was unter illegalem Glücksspiel im Internet zu verstehen ist und wie Internet-Lizenzen vergeben werden sollen.

AUF EINEN BLICK

Europäische Lotterien-Monopole haben durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) Rückendeckung erhalten: Die Richter haben festgestellt, dass eine Lizenz in einem Staat von einem anderen Land nicht anerkannt werden muss. Außerdem können Staaten selbst Verbote aussprechen.

European-Lotteries-Präsident Friedrich Stickler glaubt auf Basis eines EuGH-Spruchs, dass die Lotterien-Lizenz in Österreich auch ohne Ausschreibung verlängert werden kann.Die European Lotteries repräsentieren 72 Gesellschaften in 40 Ländern mit rund 72 Milliarden Euro Umsatz.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2010)

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