Unternehmer: Wir sind beliebt, nicht verhasst

Richard Branson
Richard Branson(c) APA
  • Drucken

Von wegen Neidgesellschaft. Drei von fünf Unternehmern in Österreich glauben, dass sie ein gutes Image haben.

Wien. „So müsste es immer sein“, raunte ein Unternehmer vergangenen Herbst seinem Nachbarn in der Halle E des Museumsquartiers zu. Sir Richard Branson, Virgin-Gründer und Unternehmer-Star, hatte eben die Bühne erklommen und wurde von den 600 geladenen Gästen wie ein Rockstar gefeiert. In seiner Welt sind Unternehmer nicht die Ausbeuter und Abkassierer der Nation, sie sind umjubelte Helden. Kein Wunder, dass die Augen der versammelten Wirtschaftselite des Landes zu leuchten begannen.

Denn Österreich ist beileibe kein Mekka für Unternehmer. Wer hier nach der Universität eine eigene Firma gründen will, wird von vielen immer noch belächelt. Bürokratische Hürden tragen sicher das ihre dazu bei, aber auch das Image der Unternehmer treibt die Österreicher nicht gerade in die Selbstständigkeit. Bei Sympathie-Umfragen landen sie selten auf den vorderen Rängen.

Umso erstaunlicher, dass die Unternehmer selbst das ganz anders wahrnehmen. „Die Presse“ hat gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen Ernst & Young bei 200 österreichischen Unternehmern und Managern nachgefragt, wie es um ihr Image in der Öffentlichkeit steht. Und siehe da: Zwei von drei fühlen sich schon heute wie kleine Richard Bransons. Unternehmer hätten ein „sehr gutes“ oder „gutes“ Image in der Bevölkerung, sagen sie. Keine Spur also von Neidgesellschaft. Mehr noch: In den Jahren der Krise seit 2008 habe sich das Image in ihren Augen sogar noch verbessert, sagen vier von zehn. Nur jeder Zehnte glaubt, dass die Finanzkrise einen Imageschaden verursacht hat.

Realistische Einschätzung?

Aber deckt sich diese Einschätzung mit der Realität? Befragen die Meinungsforscher nicht die Unternehmer, sondern die breite Bevölkerung, heimsen bestenfalls Kleinunternehmer Sympathiepunkte ein. Großindustrielle stehen hingegen meist auf verlorenem Posten. Es gibt einen Grund, warum die Wirtschaftskammer im Jahr 2004 eigens eine Kampagne lanciert hat, um das Unternehmerimage in Österreich zu polieren. Darüber, ob das mit dem Slogan „Geht's der Wirtschaft gut, geht's uns allen gut“, wirklich gelungen ist, gibt es geteilte Meinungen.

KTM-Chef Stefan Pierer ist da kritisch: „Wir haben eine sehr ausgeprägte Wertschätzung für sportliche Leistungen in diesem Land. Für Unternehmer gibt es sie nicht“, sagte er jüngst zur „Presse“.

Tatsächlich schrecken viele Österreicher davor zurück, auf die Seite der Firmenchefs zu wechseln. Während EU-weit jeder zehnte Erwachsene konkret plant, Unternehmer zu werden, ist das nicht einmal für halb so viele Österreicher ein Thema, erhob die EU-Kommission vor einiger Zeit in ihrem ersten „Competitiveness Report“. Ist der Seitenwechsel allerdings vollzogen, ändert sich die Sichtweise offenbar schnell: Drei von fünf befragten Unternehmern und Managern würden jungen Menschen raten, Unternehmer zu werden. Nur jeder Fünfte ist schon so desillusioniert, dass er sagt: Lasst lieber die Finger davon. Warum es in Österreich dennoch vergleichsweise wenig Gründer gibt, beantworten sie nicht mit mangelnder Wirtschaftsbildung in der Schule oder mit der Risikoscheu ihrer Landsleute. Auf Platz eins der Hinderungsgründe reihen die Unternehmer die politischen Rahmenbedingungen im Land.

30.000 neue Firmen jährlich

Das deckt sich weitgehend mit der Einschätzung der Weltbank-Experten, die für den „Doing Business“-Report alljährlich die Rahmenbedingungen für Unternehmer weltweit vergleichen. Im aktuellen Bericht (Doing Business 2014) rutschte Österreich um zwei Ränge auf Platz 30 ab. Wer hier Gründer werden will, brauche überdurchschnittlich viel Geduld und Kapital, so ihr Urteil. Die neue und billigere „GmbH light“ wurde im Ranking nicht berücksichtigt. Ist es einmal geschafft, mache der Staat den Unternehmern mit hohen Steuern das Leben schwer, so die Weltbank.

Österreichs Unternehmer lassen sich davon aber nicht abschrecken. Auch heuer wurden rund 30.000 neue Firmen gegründet. Sechs von zehn wird es laut Statistik auch in fünf Jahren noch geben. Österreichs Gründer haben offenbar etwas, das Studien schwer messen können: den nötigen Optimismus und ein gutes Image – zumindest bei ihresgleichen.

PRAXIS TRIFFT WISSENSCHAFT

Expertengespräch. Im Rahmen von „Wirtschaft Wissenschaft Unplugged“sprechen am 13. Jänner KTM-Chef Stefan Pierer und Nikolaus Franke, Vorstand des Instituts für Entrepreneurship an der WU, über Unternehmertum in Österreich. Im Anschluss moderiert „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak eine Publikumsdiskussion. Infos und Anmeldung unter diepresse.com/unplugged.

Entrepreneurship. „Beteiligungskapital und Unternehmertum“ heißt das Buch von Reinhard Moser, Leiter des Instituts für BWL des Außenhandels an der WU Wien, und Michael Tojner, Chef von Global Equity Partners. Darin werden Case-Studies über Unternehmensgründungen (Bwin, Inode, Varta etc.) präsentiert. „Presse“-Leser können es gratis bestellen (mehr dazu)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.