Voest setzt auf billiges Schiefergas

RENDERING: VOESTALPINE-DIREKTREDUKTIONSANLAGE IN CORPUS CHRISTI (TX/USA)
RENDERING: VOESTALPINE-DIREKTREDUKTIONSANLAGE IN CORPUS CHRISTI (TX/USA)APA/VOESTALPINE
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Im Süden von Texas führt die Förderung von Schiefergas zu einem Industrie-Boom. Die Voest errichtet ein Werk um 550 Mio. Euro. Auch CO2-Emissionen sind in den USA kein Streitthema.

Corpus Christi. Eigentlich sollte man meinen, dass es völlig egal ist, wo man CO2 in die Luft bläst, sei es in Texas oder in Linz. Ist doch schließlich derselbe Planet. Für die Voest ist es eindeutig nicht egal. Und Corpus Christi im Süden des US-Bundesstaates Texas ist zumindest von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine andere Welt. Am Mittwoch fand in der 400.000-Einwohner-Stadt am Golf von Mexiko der Spatenstich für die größte Investition statt, die die Voest jemals im Ausland getätigt hat. 550 Mio. Euro investiert Österreichs größter Industriekonzern in Südtexas in den Bau einer Direktreduktionsanlage. Ende 2015 soll sie in Betrieb gehen. Dann werden hier riesige, extra für die Voest gebaute Frachtschiffe im fünftgrößten Tiefseehafen der USA anlegen, um Eisenerz-Pellets abzuladen. Das Erz wird aus aller Welt herangeschifft werden, derzeit wird etwa mit schwedischen Erzförderern verhandelt.

Die Pellets haben einen Eisenanteil von knapp 60 Prozent. In der Voest-Anlage werden sie dann in HBI, Hot Briquetted Iron, verwandelt. Der Eisengehalt wird auf 95 Prozent erhöht. Um diesen Prozess durchzuführen, braucht man jede Menge Erdgas. Und Gas gibt es in Texas nicht nur in rauen Mengen, es ist um die Hälfte billiger als in Europa.

RENDERING: VOESTALPINE-DIREKTREDUKTIONSANLAGE IN CORPUS CHRISTI (TX/USA)
RENDERING: VOESTALPINE-DIREKTREDUKTIONSANLAGE IN CORPUS CHRISTI (TX/USA)APA/VOESTALPINE



Seit in der Region zwischen Corpus Christi und San Antonio mithilfe des ökologisch umstrittenen Frackings nach Schiefergas gebohrt wird, ist hier auch eine Art Energiewende eingetreten. Bis vor zwei Jahren wurden im Hafen von Corpus Christi Erdöl und Erdgas importiert. Nun ist es ein Exporthafen. Und energieintensive Unternehmen siedeln sich reihenweise an. Sie kommen aus allen Teilen der USA, aus Europa und sogar aus China.

150 Jobs entstehen in Texas

Auch die Voest hat ihre Claims abgesteckt, hat ein zwei Quadratkilometer großes Areal geleast. 1000 Arbeiter werden in den kommenden Monaten die Anlage aufbauen, am Ende sollen 150 Facharbeiter hier einen fixen Job erhalten. Für den drittgrößten Stahlkonzern Europas mit weltweit 46.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 11,5 Mrd. Euro (Geschäftsjahr 2012/13) ist das Engagement in Texas von strategischer Bedeutung. "Diese Investition sichert auch den Standort Linz", sagte Voest-Chef Wolfgang Eder im Rahmen der Spatenstichfeier. Denn das HBI wird künftig von Texas nach Rotterdam verschifft, dort umgeladen und über die Donau nach Linz transportiert. In Linz wird daraus Stahl erzeugt. Dank der Direktreduktionsanlage in Texas ist für die Stahlverarbeitung in Linz weniger Energie erforderlich. Und vor allem: Es wird weniger CO2 emittiert. Das spart Kosten in Form von CO2-Zertifikaten. Es ist also nicht egal, ob Kohlendioxid in Europa oder in Texas in die Luft geblasen wird.

Der Autor war auf Einladung der Voest in den USA.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2014)

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