OMV-Chef würde Gazprom-Deal „wieder machen“

 OMV-Chef Roiss
OMV-Chef Roiss(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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OMV-Chef Gerhard Roiss verteidigt Abkommen mit dem russischen Gazprom-Konzern und meint: „Gas ist keine Waffe.“

Wien. „Ich würde es wieder so machen.“ Mit diesem Satz reagierte OMV-Chef Gerhard Roiss Dienstagabend auf Kritik an einem mit dem russischen Gazprom-Konzern abgeschlossenen Vertrag, der garantiert, dass die Pipeline South Stream künftig im niederösterreichischen Baumgarten und nicht im italienischen Tarvis mündet. Im Rahmen der „Presse“-Veranstaltungsreihe „Wirtschaft Wissenschaft Unplugged“ an der WU Wien verteidigte Roiss die Kooperation mit Gazprom vehement. Der Kritik aus der Politik – zuletzt geäußert von Grünen-Chefin Eva Glawischnig–, dass dieser Vertrag die Abhängigkeit von Russland nur noch weiter erhöhe, begegnet er: „Wir dürfen nicht in Abhängigkeiten denken, sondern in Integration.“

Natürlich seien die Ereignisse in der Ukraine, die zuletzt viele Menschenleben gefordert haben, schrecklich. „Aber Gas ist keine Waffe und soll nie eine Waffe werden“, erklärte der OMV-Vorstandschef und betonte, dass die OMV seit 1968 Geschäfte mit Russland betreibe, und Russland sich stets als verlässlicher Partner erwiesen habe.

Der Konflikt in der Ukraine müsse politisch gelöst werden. Die Aufgabe der OMV sei es, 900.000 österreichische Haushalte mit Gas zu versorgen, zog Roiss schließlich die rot-weiß-rote Karte. „Ich fühle mich dafür verantwortlich, dass Gas nach Österreich und nicht nach Italien fließt“, sagte er und erntete dafür prompt Applaus. 1:0 für die OMV.

Ansonsten verlief der Abend dann doch sehr rational. WU-Professor Werner Hoffmann räumte mit Vorurteilen auf: etwa mit jenem, dass die USA im Gegensatz zu Europa die Umwelt verpesten – siehe Schiefergas. Das Gegenteil sei der Fall. Dank des billigen Schiefergases wird in den Staaten viel weniger Braunkohle verbrannt und somit weniger CO2 in die Luft geblasen. „Die Braunkohle wird nach Europa exportiert“, berichtet Hoffmann, der übrigens in Europa „kaum Potenzial“ für Schiefergas-Förderung sieht. Eine Ansicht, die OMV-Chef Roiss nicht teilt. „Europa wird sich dem Thema auch noch stellen müssen“, sagt er. Betont aber, dass die OMV aktuell ganz andere Prioritäten habe.

Werner Hoffmann leitet das Institut für strategisches Management. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie man in der Wirtschaft mit Veränderungen umgeht. Auch die Energiebranche ist von radikalen Veränderungen geprägt. Gas- und Pumpspeicherkraftwerke, die vor wenigen Jahren errichtet wurden, sind mittlerweile unrentabel und ziehen eine „blutrote Spur durch die Bilanzen“, wie es Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber einst formuliert hat. Grund für diese radikalen Veränderungen ist nicht zuletzt der Eingriff der Politik. In Deutschland wurden Sonnen- und Windenergie mit milliardenschweren Subventionen derart gepusht, dass die Überkapazitäten auf dem Strommarkt mitunter dazu führen, dass Stromkunden sogar noch dafür bezahlt werden, dass sie Strom verbrauchen. Für Hoffmann ist die sogenannte Energiewende ein „Lehrbeispiel dafür, wie man es nicht macht“.

Ziel von Energieunternehmen dürfe es künftig nicht mehr sein, etwa Kilowattstunden zu verkaufen, sondern „Kundennutzen“. Stromzähler sollten in Zukunft ihre Daseinsberechtigung verlieren, sagt der WU-Professor. Die Leistung bestehe schließlich nicht in Kubikmeter Gas, sondern in der gewünschten Raumtemperatur.

Und gerade als Gerhard Roiss schon befürchtete, eine Diskussionsveranstaltung ohne Benzinpreis-Debatte zu erleben, kam die Frage, wie lange und wie teuer wir noch Benzin und Diesel tanken werden. „Heute heißt es, dass die Erdölreserven für 40 Jahre ausreichen. Und in 40 Jahren werden sie wohl auch noch für 40 Jahre reichen“, fügt er zynisch hinzu. Trotzdem denke die OMV schon heute an die Zeit nach dem Erdöl. Roiss glaubt, dass das Auto der Zukunft mit von Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen angetrieben wird. Die OMV finanziert ein Forschungsprojekt in Cambridge. Mithilfe von Windkraft und Elektrolyse soll Wasserstoff hergestellt werden. Fortschritt erfolge mithilfe von neuen Technologien, sagt Roiss. „Und dabei muss man ideologische Sichtweisen ablegen.“

„PRESSE“-VERANSTALTUNG

Praxis trifft Wissenschaft. Bei „Wirtschaft Wissenschaft Unplugged“, einer Kooperation von „Presse“, Erste Group und Wirtschaftsuniversität Wien, sprechen Manager und Professoren über aktuelle wirtschaftliche Themen. Am 6. Mai diskutierten OMV-Vorstandschef Gerhard Roiss und Werner Hoffmann vom Institut für Unternehmensführung an der WU über das Thema „Wirtschaftsmotor Energie“. Im Anschluss moderierte Hanna Kordik, Leiterin des Wirtschaftsressorts der „Presse“,
eine Publikumsdiskussion. Die nächste Veranstaltung findet im Herbst statt. diepresse.com/unplugged

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2014)

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