„Noch viel zu tun bei der Telekom“

The headquarters of Telekom Austria with its brand name A1 is pictured in Vienna
The headquarters of Telekom Austria with its brand name A1 is pictured in Vienna(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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Für América-Móvil-Chef Daniel Hajj ist der Umbau der Telekom Austria noch nicht beendet. Der Wiener Börse wollen die Mexikaner treu bleiben.

Mexico City. Es ist eine simple Botschaft, die Daniel Hajj, Chef der América Móvil, seinem Tochterkonzern Telekom Austria aus Mexiko nach Wien schickt: „Wir sind nie wirklich zufrieden, nirgendwo.“ Der 50-jährige Schwiegersohn von Carlos Slim sitzt hoch oben in seiner Firmenzentrale, im Herzen der Slim City, einem Quadratkilometer Mexiko-Stadt, den sich der reichste Mann Südamerikas nach seinem Willen gestaltet hat. Seine Worte richtet Hajj nicht an die Telekom selbst. Zu Gast ist eine österreichische Delegation aus Politikern – allen voran Infrastrukturminister Jörg Leichtfried –, Funktionären, Unternehmenschefs und Medienvertretern.

Ihnen wird rasch klar: In den knapp zwei Jahren, seit Slim die Mehrheit an der Telekom Austria übernommen hat, ist viel geschehen. Der Cashflow stieg um ein Fünftel, die Investitionen wurden fast verdoppelt, die Schulden sanken, ohne dafür groß Personal abbauen zu müssen. Reif, den geplanten Vormarsch der Südamerikaner auf Europa endlich zu starten, ist die Telekom damit aber offenbar noch nicht. „Österreich ist ein interessanter Ort, um mit der Expansion zu beginnen“, sagt Carlos Moreno, Finanzvorstand bei América Móvil und stellvertretender Aufsichtsratschef der Telekom. Nachsatz: „Wenn es in guter Verfassung ist.“ Finanziell solide zu sein reiche dafür nicht. Bevor man sich in neue Länder wage, „muss daheim alles in perfekter Ordnung sein“.

Das ist bei der Telekom offenkundig nicht der Fall. Finanziell mag es besser gehen. Aber mit der zersplitterten Organisation der Telekom haben die Mexikaner noch keine Freude. Sie wünschen sich einen stärkeren Durchgriff auf die einzelnen Tochterfirmen, allen voran die Österreich-Tochter A1 – mit einem Umsatzanteil von 60 Prozent gewissermaßen das Herzstück der Telekom. Um das zu erreichen, sollte die A1 von einer Aktiengesellschaft in eine weisungsgebundene GmbH umgewandelt werden, so der Plan. „Einen echten Konzern formen“, nennt das Telekom-Chef Alejandro Plater. Eine Entmachtung, wettert der Betriebsrat der A1 – und hat das Projekt damit zumindest zum Stillstand gebracht. Vom Tisch scheint die Idee allerdings noch nicht zu sein. Ein Sonderaufsichtsrat hat keine Lösung gebracht, ja noch nicht einmal eine echte Annäherung der Streitparteien, heißt es aus dem Umfeld des Unternehmens. Hajj und Moreno schweigen zu dem Thema lieber. Eines sei aber klar, sagt Konzernchef Hajj: „Es gibt noch viel zu tun bei der Telekom Austria.“ Die Töchter in Osteuropa seien noch nicht optimal aufgestellt.

Aber der heimische Konzern müsse sich ebenfalls verändern, damit er auch in fünf Jahren noch solide dastehe. Die Zukunft der Branche sehen die Mexikaner nicht in Handymasten und Sprachtelefonie, sondern in Software und Dienstleistungen, die weit über das klassische Geschäft eines Mobilfunkers hinausgehen. Schon heute macht Amérika Móvil etwa zehn Prozent seines Gewinns mit einem Online-Videoservice à la Netflix. Tendenz stark steigend. Telefonieren wird hingegen immer unwichtiger. Diese Wandlung soll offenbar auch die Telekom vollziehen und damit die Expansion beschleunigen. Statt weiter auf kleine Mobilfunker in Osteuropa zu schielen, könnte die Telekom versuchen, sich mit solchen Dienstleistungen auf dem deutschsprachigen Markt auszubreiten.

Kein Geld vom Staat notwendig

Doch jede Expansion bringt Kosten mit sich. Ein Gedanke, bei dem es dem Junior-Eigentümer Republik Österreich Schweißperlen auf die Stirn treibt. Ist eine Kapitalerhöhung fällig, müsste auch der Staat mitziehen, um seinen Einfluss zu halten. Doch das kostet viel Geld, das der Finanzminister nicht hat. Zumindest ihm geben die Vorstände von América Móvil Entwarnung. „Es ist keine Kapitalerhöhung geplant“, sagt Hajj. Darüber müsse man nur dann nachdenken, wenn es einem schlecht gehe. América Móvil sei jedoch eines der finanzstärksten Unternehmen in der Mobilfunkbranche überhaupt. América Móvil habe noch nie das Kapital erhöht, um eine Expansion zu finanzieren, stellt Moreno klar. Das Unternehmen kaufe nur dann zu, wenn es sich wirklich ausgehe. So dürfte es auch in Zukunft bleiben.

Apropos bleiben: Für die Wiener Börse hat Moreno ebenso eine gute Botschaft. Auf die Frage, ob er – entgegen aller Spekulationen – plane, an der Wiener Börse zu bleiben, sagte er nur: „Ja klar. Wieso denn nicht?“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2016)

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