Alter Name, neue Besitzer: Zielpunkt sperrt wieder auf

Manuela Atanelov ist Geschäftsführerin der Ramas WarenhandelsgmbH, die künftig die Zielpunktfilialen betreibt.
Manuela Atanelov ist Geschäftsführerin der Ramas WarenhandelsgmbH, die künftig die Zielpunktfilialen betreibt. Die Presse
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Zwei im Großhandel tätige Wiener Unternehmer haben die Marke gekauft und wollen die Supermarktkette in ganz Österreich wiederbeleben. Eine Testfiliale eröffnet im November.

Ziemlich genau ein Jahr nach der Zielpunkt-Pleite sperrt „Zielpunkt“ wieder auf: Mit altem Design, altem Namen – aber neuen Besitzern. Manuela und Ramas Atanelov haben die Wortbildrechte aus der Konkursmasse des ehemaligen Besitzers Georg Pfeiffer erbworben – und wollen die ramponierte Marke wieder zum Leben erwecken. Das ambitionierte Ziel: Supermarktfilialen in ganz Österreich. Der erste Schritt ist eine Testfiliale in der Wallensteinstraße nahe der Friedensbrücke in der Wiener Brigittenau.

„Wir wollen hier unser Konzept für rund drei Monate testen und nächstes Jahr weitere Filialen in ganz Wien eröffnen“, sagt Manuela Atanelov (53). Es gebe noch immer sehr viele Grätzeln in der Stadt, wo die Nahversorgung sehr schlecht sei, man weit zu Fuß gehen oder gar mit dem Auto fahren müsse. In dieses Vakuum wolle man vordringen. Wo die neuen Standorte sein werden, wollten die frischgebackenen Zielpunkt-Chefs noch nicht verraten. Die Verhandlungen um Geschäftslokale seien in vollem Gange.

Hauptzielgruppe Familien

Die Hauptzielgruppe der neuen alten Supermarktkette sind Familien, die knapp bei Kasse sind. „Viele Familien ernähren sich ungesund, weil gewisse Waren in vielen Supermärkten sehr teuer sind – das muss aber nicht sein“, sagt Manuela Atanelov, die mit ihrem Geschäftspartner und Exmann Ramas (57) seit drei Jahrzehnten im Großhandel mit unterschiedlichsten Produkten tätig ist. So waren sie etwa Hauptlieferanten der Ladenkette „Bestpreis“, die mehr als 90 Filialen hatte. Derzeit beliefern die Anatelovs hauptsächlich Großhändler von Supermärkten (vor allem türkische) mit Obst und Gemüse.Mit ihrem Know-how um Grünzeug wollen sie punkten. Im neuen Zielpunkt soll es eine breitere Obst- und Gemüse-Auswahl sowie sonst im Supermarkt weniger gängige Sorten geben. „Es gibt so tolles Gemüse, das aber nur selten in den Regalen zu finden ist. Wir wollen unseren Kunden diese Vielfalt zeigen. Unsere Filialen sollen Marktflair verströmen“, sagt Ramas Atanelov. Neben Gemüse soll im Zielpunkt vor allem Fleisch günstiger als woanders zu bekommen sein – denn Rindfleisch etwa sei in vielen Supermärkten für Familien schlicht zu teuer. Neben den Standbeinen billiges Obst, Gemüse und Fleisch ist eine Zielpunkt-Eigenmarke in Ausarbeitung, die wie bei Rewe oder Spar besonders günstige Produkte enthalten soll. Ein besonderes Augenmerk will man bei Zielpunkt künftig auch auf internationale Lebensmittel legen, die Heimatgefühle der großen Migrantencommunites befriedigen sollen. „Ethno-Food“ ist ein Konzept, das auch Rewe und Spar verstärkt verfolgen und ganze Regale mit Produkten aus der Türkei und Exjugoslawien füllen. Bei Zielpunkt sollen dazu etwa auch Lebensmittel aus Russland angeboten werden – Ramas Atanelov selbst hat georgische Wurzeln.

Noch immer viele arbeitslos

Dass der Name „Zielpunkt“ nach der Pleite so beschädigt ist, dass die Marke ihrem Geschäftsvorhaben mehr schaden als nützen könnte, das glauben die neuen Eigentümer nicht. „Man wird neugierig sein, wird es sich ansehen wollen – allein das bringt uns schon Kunden“, sagt Ramas Atanelov.

Die Filiale in der Wallensteinstraße soll im November eröffnen, weitere Geschäfte sollen ab 2017 folgen. Die Finanzierung für die Expansion sei gesichert. „Es gibt viele angesehene Geschäftsleute, die mit uns arbeiten wollen“, sagt Ramas Atanelov, Konkretere Details dazu will er allerdings noch nicht nennen.

Die Brigittenauer Filiale wird 13 Angestellte haben – viele haben auch zuvor bei Zielpunkt gearbeitet, bevor im Herbst 2015 Konkurs angemeldet wurde. Österreichweit wurden 2700 Mitarbeiter in 229 Filialen von einem Tag auf den anderen arbeitslos. In Wien betrieb die Supermarktkette 126 Filialen, in Niederösterreich 53, im Burgenland 23 und in der Steiermark 27.

In der Hauptstadt sind laut AMS nach wie vor 250 ehemalige Mitarbeiter auf Jobsuche – weitere 100 machen mit Unterstützung des AMS Wien eine Um- oder Höherqualifizierung, wie etwa einen fehlenden Lehrabschluss, um bessere Jobchancen im Handel zu haben, oder die Branche zu wechseln. Viele der Arbeitslosen sind Frauen.

Beim neuen Zielpunkt sind die ehemaligen Zielpunkt-Mitarbeiter willkommen. „Jetzt muss einmal die Testphase gut über die Bühne gehen, aber wenn wir dann expandieren, freuen wir uns sehr über Bewerbungen“, sagt Manuela Atanelov. „Ich brauche Leute, auf die ich mich verlassen kann. Mir ist das egal, ob sie alt oder jung sind. Wenn jemand gerne arbeiten will, ist er bei mir richtig.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2016)

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