Österreichische Historiker kritisieren den VW-Konzern

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Unternehmenshistoriker Manfred Grieger musste, wie jüngst bekannt wurde, gehen.

Vor 20 Jahren legten zwei renommierte Historiker, Hans Mommsen und Manfred Grieger, eine Studie zur Geschichte des VW-Konzerns vor. Sie wurde zum Maßstab für viele Firmen, etwa für die österreichische Voest. VW hatte diese unabhängige Studie über seine Gründungsgeschichte im NS-Staat, die Rolle Ferdinand Porsches und den Einsatz von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen unterstützt.
Seine dabei gewonnene Reputation hat VW nun wieder aufs Spiel gesetzt: Unternehmenshistoriker Grieger musste gehen, wie jüngst bekannt wurde – der Grund: Er hatte sich in einer Rezension kritisch zu einer von der VW-Tochter Audi in Auftrag gegebenen unternehmensgeschichtlichen Studie geäußert. Grieger hatte deren Darstellung der NS-Vergangenheit von Audis Vorgängerfirma, der Auto Union, als verharmlosend kritisiert.

Nun haben auch die Vorstände von vier historischen Instituten der Uni Wien – Geschichte, Zeitgeschichte, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte und Osteuropäische Geschichte – in einem offenen Brief das Vorgehen von VW kommentiert. „Die vom VW-Vorstand vertretene Auffassung, die Kritik hätte vorab mit dem Konzern abgestimmt werden müssen“, sei „ein schwerer Rückschritt für eine moderne Unternehmensgeschichte und verkennt fundamental die Grundbedingungen wissenschaftlichen Arbeitens“. Die Historiker befürchten einen Verlust des in den 1990er-Jahren erreichten Standards. „Die Sorge ist auch für uns groß, wenn gerade ein Role Model wie VW das tut“, sagte Historiker Bertrand Perz zur „Presse“. (sim)

Veranstaltung

Am 10. November um 16 Uhr findet in der Aula der Uni Wien eine Diskussion über österreichische Unternehmen in der NS-Zeit statt, anlässlich des neuen Buchs „Swarovski im Nationalsozialismus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2016)

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