Schuhwerk für das Glatteis

Günter Greiner führt die Geschäfte der Franz-Wittmann- Schuhfabrik in Wien, aus der die berühmten Wifa-Eislaufschuhe stammen.
Günter Greiner führt die Geschäfte der Franz-Wittmann- Schuhfabrik in Wien, aus der die berühmten Wifa-Eislaufschuhe stammen.(c) Clemens Fabry
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Es gibt wohl kaum einen romantischeren Sport als Eislaufen. Zu den weltbesten Eislaufschuhen zählen jene von Wifa. Die Wiener Schuhfabrik hatte zuletzt jedoch zu kämpfen.

Die Geschichte der weltbekannten Wifa-Eislaufschuhe beginnt mit einem liebenden Vater, der seiner Tochter, die gern Profieisläuferin werden wollte, geeignete Eislaufschuhe kaufen wollte. Weil es die nicht in der gewünschten Qualität gab und er – Franz Wittmann – sowieso Schuhmacher war, fertigte er die Eislaufschuhe kurzerhand selbst in seiner Fabrik im 17. Bezirk an. In den 1920ern hatte er die Schuhfabrik Franz Wittmann gegründet und zunächst Straßen- und Sportschuhe sowie in der Kriegszeit Militärstiefel hergestellt. Die Erfindung seiner Eislaufschuhe aus hochwertigem Leder aber erwies sich als enorm geschäftsfördernd.

Bald schon stellte er die Produktion der anderen Schuhe ein und spezialisierte sich auf Eislaufschuhe für professionelle Eiskunstläufer: Die Wifa-Schuhe wurden zum großen Erfolg, ein Gutteil der Eiskunstlauf-Profis, nicht nur jener aus Österreich, bestritt mit ihnen die Wettkämpfe, die Marke Wifa wurde weltbekannt. Zu seiner besten Zeit in den 1960er-Jahren beschäftigte Wittmann an die 80 Arbeiter in seiner Wiener Fabrik.

Diese goldenen Zeiten sind lang vorüber. Vorbei die Jahre, als die „Wiener Eisrevue“ nicht nur in der Stadthalle, sondern weltweit, in einer Mischung aus Operette und sportlicher Darbietung, die Kunst des Eislaufens hochhielt. Lang vorbei die Ära, als österreichische Eiskunstläufer (mit Wifa-Schuhen!) die internationalen Wettkämpfe dominierten. In der Zwischenkriegszeit, lang vor Erfindung des Wifa-Schuhs, war etwa Karl Schäfer mehrfacher Welt- und Europameister und legte so den Grundstein dafür, dass Eislaufen in der Bevölkerung populär wurde.

Davon, erzählt der heutige Geschäftsführer der Wifa-Fabrik, Günter Greiner, habe Wittmann mit seinen Schuhen später noch profitiert. Denn schon bald versorgte Wifa nicht nur die Profis mit Eislaufschuhen, sondern auch die Hobbyläufer. Für beide Gruppen – Profis und Hobbyläufer – produziert Wifa auch heute noch hochwertige Ledereislaufschuhe zum Schnüren, klassisch in Weiß und Schwarz, aber auch in anderen Farben von Rosa bis Dunkelblau. Sonst aber haben sich die Rahmenbedingungen geändert. Die „Wiener Eisrevue“ gibt es längst nicht mehr. Eiskunstlauf ist mangels österreichischer Aushängeschilder nicht mehr ansatzweise so populär wie noch vor 30 oder 40 Jahren. Und auch die Konkurrenz durch günstigere Eislaufschuhe – meist aus Kunststoff statt aus Leder und billig in Fernost produziert – hat Wifa zugesetzt.

Richtig schlecht ist die Lage heuer geworden, als der russische Markt, der bis dahin stärkste Absatzmarkt von Wifa-Schuhen, eingebrochen ist: Im September musste Greiner Insolvenz anmelden, nun hofft er, dass die Gläubiger im Jänner dem Sanierungsplan zustimmen und Wifa auch dank Investoren (die ihr Interesse bekundet haben) wie gehabt weitermachen kann.

Hochwertiges Leder. „Wir sind optimistisch, dass es mit den Wifa-Schuhen weitergehen wird“, sagt Greiner, der früher der Steuerberater des Unternehmens war und dieses 2009 schließlich mangels Nachfolgers („Ich bin da stark reingewachsen“) selbst übernommen hat. An den Grundsätzen, die Wifa so erfolgreich gemacht haben, will er nichts ändern, es wird auch keine Abstriche im Bereich der Qualität geben. In Österreich ist Wifa überhaupt der einzige Hersteller von Eislaufschuhen, Produzenten hochwertiger Eislaufschuhe gebe es weltweit sowieso nur noch eine Handvoll, sagt Greiner.

Auch der Wechsel auf Kunststoff sei kein Thema. Er ist davon überzeugt, dass Leder – da atmungsaktiv und anpassungsfähig – das ideale Material für Eislaufschuhe ist, und zwar besonders starkes. „Wir verwenden Rindsleder, das extra für uns gegerbt wird“, sagt Greiner. Dieses ist 2,4 bis 2,6 Millimeter dick „und richtig bockig“. Dazu kommen Schichten aus Schaumstoff und einem thermoplastischen Versteifungsmaterial, dank dessen man den Schuh auf 80 Grad erhitzen und eine sogenannte Wärmeanpassung vornehmen kann: Damit passt sich der Schuh tatsächlich an den Fuß an und sitzt perfekt.

Das machen freilich nur die Profis, aber auch für Hobbyläufer – am meisten Schuhe verkauft Wifa übrigens für Kinder – gibt es eine große Vielfalt: So gibt es jede Kindergröße in vier verschiedenen Weiten, bei den Erwachsenen sind es sogar sieben verschiedene Weiten. Einem Maßschuh kommt man damit also schon ziemlich nahe. Damit ist Wifa auch aus orthopädischer Sicht ein wichtiges Produkt, was gerade bei wachsenden Kinderfüßen ein großes Thema sei. Hinzu kommt eine hochwertige Kufe aus gehärtetem Stahl, die man problemlos mehrfach neu schleifen lassen kann.

Somit ist der Wifa-Eislaufschuh ein sehr langlebiges Produkt, der Neupreis für Kinder-Eislaufschuhe für Hobbyfahrer liegt bei 130 Euro (Erwachsene 160 Euro), Profis zahlen schon einmal 800 Euro. Wifa hat neben seiner Werkstatt im 23. Bezirk – in der die Endfertigung der Schuhe passiert, vorgefertigt werden sie in der Slowakei – auch ein Outlet, in dem es reduzierte Modelle gibt. Viele Eislaufplätze wie der Wiener Eislaufverein oder die Kunsteisbahn Engelmann (aber auch jener auf dem Roten Platz in Moskau) haben Wifa-Schuhe im Verleih. Auch gebraucht haben die Schuhe „einen hohen Verkaufswert“, man könne sie problemlos zehn oder fünfzehn Jahre verwenden. „Es ist viel besser, teure gebrauchte Eislaufschuhe zu kaufen als billige neue.“

Fakten

1920er-Jahre. Franz Wittmann gründet die Schuhfabrik, in der er – damals noch im 17. Bezirk – Straßen- und Sportschuhe herstellt.

In den 1950ern erfindet Wittmann für seine Tochter, eine Profi-Eisläuferin, einen Eislaufschuh aus hochwertigem Leder. Bald spezialisiert er sich auf Eislaufschuhe für Eiskunstläufer, die Marke Wifa wird weltbekannt.

2016 wird ein Insolvenzverfahren eingeleitet, der Betrieb läuft aber weiter, ein Investor soll den Fortbestand sichern.

Adresse der Wifa-Werkstatt und Outlet: 23. Sobotagasse 7/2, www.wifa.at. Tel.: 01/ 486 33 12.
Das Outlet hat auch in den Ferien geöffnet: 27. bis 30. 12. sowie 3. bis 5. 1., jeweils von 14 bis 18 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2016)

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