AUA kämpft um Premium-Status

Alle diese Sitze wollen gefüllt sein – bis Ende November hat die AUA die Passagierzahl um 4,5 Prozent auf 10,5 Millionen gesteigert.
Alle diese Sitze wollen gefüllt sein – bis Ende November hat die AUA die Passagierzahl um 4,5 Prozent auf 10,5 Millionen gesteigert. (c) APA/Austrian Airlines
  • Drucken

Die Zerschlagung der Air Berlin wirbelt Europas Luftfahrt kräftig durcheinander. Die Lufthansa spielt bei der Neuordnung an vorderster Front mit. Ihre Tochter AUA muss dabei die gute Kostenstruktur gewinnbringend ausspielen.

Wien. Das hätte man sich in der AUA-Zentrale zum Jahreswechsel 2011/12 nicht träumen lassen: Fünf Jahre, nachdem die AUA haarscharf mit Hilfe einer Geldspritze der Mutter Lufthansa knapp am Bankrott vorbeigeschrammt war, steht der große Konkurrent Air Berlin vor der Zerschlagung. Und dessen Tochter Niki ist – mit noch unbestimmter Zukunft in einer Ferienfluglinie mit TUIfly – verkauft. Die AUA hat sich indes nach der beinharten Restrukturierung wieder gefangen und könnte im Sog der Lufthansa von den von Air Berlin ausgelösten Umwälzungen in Europas Luftfahrt profitieren.

Gute Aussichten also für das gerade begonnene Jahr 2017? Ja, sagen Beobachter, zumal die AUA das Vorjahr trotz Rückschlägen in einst wichtigen Zielgebieten wie dem Nahen Osten und Russland mit einem ordentlichen Gewinn abschließen dürfte. Nachsatz der Optimisten: Es gibt aber sehr wohl Risken, die nicht unterschätzt werden sollten.

In Europas Luftfahrt bleibt heuer kein Stein auf dem anderen. Die schon begonnene Filetierung der Air Berlin wirbelt die gesamte Branche kräftig durcheinander. Und die Konkurrenz bringt sich in Stellung, noch bevor die Würfel in Berlin und Abu Dhabi (Sitz von Air-Berlin-Großaktionär Etihad) endgültig gefallen sind.

Geldsack als Mitbringsel

Zweifelsohne spielt die Lufthansa dabei eine Hauptrolle. Der fliegende Wechsel von 38 Air-Berlin-Maschinen samt Besatzung zur Lufthansa und AUA (sie bekommt fünf) ist nur der Anfang. So wie auch gemeinsame Flugnummern (Codeshare) von Lufthansa und Etihad auf einigen Strecken. Auch die Bestellung des Lufthansa-Managers Thomas Winkelmann zum Chef der Rumpf-Air-Berlin deutet darauf hin, dass da noch mehr kommt. Spekuliert wird über einen Einstieg der Scheichs bei den Deutschen. Dafür müssten die Araber neben ihren verlustreichen Beteiligungen (außer Air Berlin die Alitalia) auch einen dicken Sack Geld mitbringen. Den könnte Lufthansa-Boss Carsten Spohr ja gut brauchen, so wie er nun die Jets von Air Berlin nützt, um die konzerneigene Billigschiene Eurowings aufzurüsten. Ob sich Spohr aber neue Sorgenkinder umhängt, wo die Lufthansa doch erst nach langem Hin und Her die marode British Midland losgeworden ist? Auch die AUA war inklusive Sanierung nicht geschenkt.

Jetzt muss auch erst Brussels Airlines integriert werden – in die Eurowings übrigens. Wenn die Lufthansa zudem die bisher als Joint Venture mit Turkish betriebene SunExpress übernimmt, sei der Bauchladen eigentlich mehr als gefüllt, warnen Kritiker. Zukäufe maroder Airlines hatten einst die Swissair ruiniert.

Von der Expansion der Eurowings, die nicht mehr nur gegen die Größen Ryanair und Easyjet, sondern auch die norwegische Norwegian, die spanische Vueling und die Air-France/KLM-Tochter Transavia antritt, profitiert auch Österreich. Zu den drei Eurowings-Maschinen, die bereits von Wien abheben, sollen drei weitere dazukommen. Eurowings, die auch ihren flugrechtlichen Sitz in Österreich hat, baut das Streckenangebot auch von Salzburg und Linz aus. Das lässt nicht nur die Flughäfen, sondern auch die Touristiker jubeln.

Erwächst der AUA durch Eurowings nicht Konkurrenz in den eigenen Reihen? Bei der Antwort auf diese Frage scheiden sich die Geister: Airline-Chef Kay Kratky sieht die AUA als Premium-Anbieter positioniert und führt den starken Ausbau der Langstrecken ins Treffen. In der Tat hat die AUA etliche neue Fernziele ins Programm genommen, darunter New York/Newark, Miami, Hongkong, Shanghai, Colombo, Havanna, Male und Mauritius. Ab April 2017 steht auch Los Angeles am Flugplan.

Niedrigste Kosten im Konzern

Die zusätzlichen Flugzeuge – 2018 soll auch ein neuer Langstreckenjet kommen – ermöglichen erstmals nach Jahren des Schrumpfens einen Personalaufbau. Basis für die Expansion ist die günstige Kostenstruktur, die die AUA mit dem neuen Bordkollektivvertrag geschaffen hat. An dieser Latte werden alle Konzerntöchter gemessen.

Selbst innerhalb der AUA gibt es jedoch Skeptiker, die fürchten, dass die günstigen Kosten letztlich dazu führen könnten, dass auch die rot-weiß-rote Fluglinie unter das Dach der Eurowings kommt. Den Premium-Status hätten nämlich nur Lufthansa und Swiss sicher, heißt es. Sie beförderten die meisten Business-Class-Kunden, sie bedienten viel mehr lukrative Langstrecken.

Die Zukunft der AUA hängt freilich nicht allein von den Strategen in Frankfurt ab. Die schon geplante, aber dann nicht beschlossene Halbierung der Ticketsteuer bedeutet für die AUA einen Rückschlag, der der Politik in Wien geschuldet ist. Die Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten: Spätestens 2020 müssen die bestehenden elf Langstreckenjets erneuert werden. Die dafür nötige Investition von rund einer Mrd. Euro wurde jetzt einmal auf die lange Bank geschoben.

Auf einen Blick

Die AUA könnte von der durch die Zerschlagung der Air Berlin ausgelöste Neuordnung der europäischen Luftfahrt profitieren. Basis ist die günstigste Kostenstruktur im gesamten Lufthansa-Konzern. Dadurch besteht freilich auch die Gefahr, dass die AUA unter das Dach der Eurowings kommt. Deren Angebot ab Wien wird im Sommer ausgebaut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Home

Höchstgericht erklärt Teile des AUA-Kollektivvertrag für nichtig

Die für nichtig erklärte Passage wurde bereits abgeändert, die AUA hält die Klage daher für "gegenstandslos".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.