In Österreich bekommt die Vinyl-Platte den letzten Schliff

REUTERS
  • Drucken

Tullner Firma und Grazer Forscher nutzen Laser zum Schneiden der Plattenrillen. Das garantiere Wiedergabequalität, die mit einer CD gleichzusetzen ist.

Nach dem Aufstieg der Compact Disc (CD) drohte die Schallplatte in der Versenkung und der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Ähnlich der VHS-Kassette, nachdem die DVD den Markt übernahm. Doch anders als beim VHS-Format erlebte die Schallplatte als Vinyl ein Comeback. Seit Jahrzehnten gleich geblieben sind jedoch Herstellung und auch die Klangqualität. Heimische Experten können nun mittels Laser mehr Information in die Rillen bringen und wollen mit "HD Vinyl" am neuen, alten Markt punkten.

Bis zum Jahr 2007 waren die Verkaufszahlen für Vinyl weltweit im Keller und auch als sich dann 2008 der Umsatz erstmals verdoppelte, konnte man das in etwa damit umreißen, "dass statt einer, zwei Schallplatten verkauft wurden. Es hat damals eigentlich niemand ernst genommen", sagte der Chef der Tullner Firma Rebeat, Günther Loibl, im Gespräch mit der APA. Das hat sich seither geändert: So vermeldete etwa kürzlich der Verband der britischen Musikindustrie (BPI) für 2016 eine Absatzsteigerung bei Vinyl um satte 53 Prozent, auf immerhin mehr als 3,2 Millionen Schallplatten - der höchste Stand seit 1991.

Besserer Klang in altem Gewand

Die Produktion, bei der die Rillen mit einem hochpräzisen Scheidestichel in die Vorlage geritzt werden, stößt angesichts der neuen Nachfrage mittlerweile an ihre quantitativen Grenzen, aufseiten der Qualität gab es seit Jahrzehnten keine Weiterentwicklungen. Das hat die niederösterreichische Firma und das Grazer Forschungsinstitut Joanneum Research dazu angeregt, sich mit der Verbesserung des laut Loibl bei vielen Menschen stark emotional besetzten Tonträgers auseinanderzusetzen. Im Zuge eines gemeinsamen Forschungsprojekts entstand High Definition- oder "HD Vinyl", das seit vergangenem Jahr auch patenrechtlich geschützt ist.

In dem neuen Verfahren übernimmt ein Laser das Schneiden des Rohlings. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kratzwerkzeugen bietet "das präziseste Werkzeug, das dem Menschen zur Verfügung steht", wie es Loibl ausdrückte, einige Vorteile: So wird der Stichel, der beim Eingravieren von hohen Frequenzen mit entsprechend schnellen Bewegungen schnell zu heiß wird, komplett ersetzt. Der Laser ist wiederum in seiner Schneideleistung nicht frequenzabhängig.

Für das neue Verfahren werden die Audiodateien am Computer aufbereitet und dann auf die Platte übertragen. Trotz des neuen Werkzeugs bleibe die angestrebte Präzision die größte Herausforderung, berichtete Loibl. Denn um überall auf der Platte den gesamten Frequenzbereich gleich exakt einzugravieren, müssen Strukturen geschaffen werden, die nur wenige Nanometer groß sind.

30 Prozent mehr Information

Bei "HD Vinyl" können nun die Rillen enger aneinandergereiht werden, was ungefähr 30 Prozent mehr Information und 30 Prozent mehr Grundlautstärke auf gleichem Raum erlaube, heißt es seitens des Unternehmens. Eine signifikante Verbesserung der Klangqualität ergibt sich laut Loibl etwa daraus, dass die Tonqualität nicht mehr so stark abnimmt, je näher die Nadel dem Zentrum der Schallplatte kommt. Zudem könnten mit dem neuen Verfahren die Platten schneller produziert werden.

Bisher habe man die Entwicklung "aus eigener Tasche" vorangetrieben, so Loibl: "Das wird aber nicht mehr lange so gehen". Trotz guter Aussichten am Markt - der Firmenchef hält in den nächsten Jahren Marktanteile von bis zu 50 Prozent für "HD Vinyl" für möglich - und des Aufschwungs in dem gesamten Marktsegment gestalte sich die Partnersuche in Österreich und international eher schwierig. Das Problem sei vor allem, einen Partner zu finden, mit dem ein breites Ausrollen des Formats über Firmengrenzen hinweg möglich ist.

>>>> Rebeat.

(APA/Red. )

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Gesucht: das große Tulpen-Label der Deutschen Grammophon.
Pop

Die CD ist tot. Es lebe die Vinylschallplatte!

Die Preise für LPs steigen. Was ist dran am Comeback der Analogtechnik? Ist sie der digitalen Konkurrenz tatsächlich überlegen?
Wozu Musikstücke besitzen, wenn der spontane Zugang so einfach ist? Streamingdienste wie Spotify, Deezer, Tidal oder Apple Music boomen in den USA – und weltweit.
Tech-News

US-Musikmarkt: Bequemes Hören schlägt den Besitz

Streaming galoppiert gewohnten Tonträgern davon: Die Zahl der auf Spotify und Co. gespielten Songs hat sich 2016 in den USA fast verdoppelt. Vor allem Bezahlversionen boomen.
Seven-inch vinyl records are stacked on a shelf inside second-hand record stall at the Kenyatta Market in Nairobi
Pop

Vinyl-Verkäufe in Großbritannien auf 25-Jahre-Hoch

Seit 1991 wurden nicht mehr so viele Schallplatten verkauft. Der Absatz stieg alleine im Vorjahr um 53 Prozent. Meistverkaufter Künstler ist David Bowie.
Plattenspieler, die über USB High-Res- Daten liefern, sollen den vollen Reiz des Vinyls in die digitale Welt übertragen.
Innovationen

Welche Nadel liefert die besten Bits?

Im Zuge des Vinylbooms wird auch die Digitalisierung von Schallplatten ein Thema. Hohe Bitraten versprechen mehr Nähe zum Original, sind aber nicht unbedingt entscheidend.
Genauer gepresste Rillen sorgen für besseren Klang und ermöglichen längere Spielzeit.
Tech

Aus Vinyl noch mehr herausholen

Die Schallplatte soll noch besser klingen, das verspricht HD-Vinyl, eine Erfindung aus Österreich, die nichts Geringeres will, als den Weltmarkt zu erobern.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.