Credit Suisse steuert auf Bonus-Showdown zu

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Einflussreiche Stimmrechtsberater wehren sich dagegen, dass die Führungsriege des renditeschwachen Geldhauses Credit Suisse dicke Prämien bekommen soll.

Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner geht angeschlagen in sein bislang wichtigstes Kräftemessen mit den eigenen Aktionären. Wenn die Eigner der zweitgrößten Schweizer Bank am Freitag auf der Generalversammlung über die Vergütung der Top-Manager abstimmen, dürfte der frühere Hürdensprinter heftigen Gegenwind spüren. Erstmals ist sogar eine Niederlage nicht ausgeschlossen. Denn obwohl Rohner bereits ein bisschen zurückruderte, konnte der 57-Jährige die Aktionärsrevolte noch nicht beenden. Noch immer wehren sich einflussreiche Stimmrechtsberater dagegen, dass die Führungsriege des renditeschwachen Geldhauses dicke Prämien bekommen soll. Das Votum über den Vergütungsbericht als Ganzes ist nicht bindend, wohl aber die Abstimmung über die Höhe der Zahlungen. Eine Abfuhr wäre eine Schmach von historischem Ausmaß, denn noch nie wurden Management-Boni oder Verwaltungsratslöhne bei einem Schweizer Großkonzern abgelehnt.

"Das Vertrauen in die Bank ist auf dem Tiefpunkt", erklärt Ethos-Direktor Vincent Kaufmann. Seine Anlagestiftung, die drei bis vier Prozent der Credit-Suisse-Aktionäre bei ihrer Stimmrechtsausübung berät, hat offen zur Abwahl von Rohner aufgerufen. Die Ethos angeschlossenen Pensionskassen verloren seit Rohners Wahl im Jahr 2011 fast 60 Prozent ihres Einsatzes. Alleine in den vergangenen zwei Jahren häufte der Konzern Verluste von insgesamt 5,7 Milliarden Franken an.

Doch statt sich am Bonusverzicht von John Cryan zu orientieren, dessen Deutsche Bank wie Credit Suisse zuletzt tiefrote Zahlen geschrieben hat, kann sich die Mannschaft am Paradeplatz in Zürich weiterhin über prall gefüllte Lohntüten freuen. Credit Suisse stutzte auf Druck der Aktionäre kurz vor Ostern zwar die ursprünglich noch üppiger geplante Vergütung. Konzernchef Tidjane Thiam soll aber immer noch 10,2 Millionen Franken bekommen, Rohner knapp vier Millionen Franken - international ein Spitzenwert für den Chef eines Aufsichtsgremiums.

Der Schweizer Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann, der sich sonst selten in Unternehmensbelange einmischt, ließ in einem Interview durchblicken, was er davon hält: Eine Rücksichtslosigkeit, die sich in Auseinandersetzungen mit den Mitarbeitern noch rächen werde, mahnte er. Dass Rohner den mächtigen Investoren ein Stück weit entgegengekommen ist, lässt Moritz Baumann vom Vermögensverwalter Albin Kistler nicht als Erfolg gelten: "Der Gesichtsverlust ist jetzt genau so groß, wie wenn er standhaft geblieben wäre."

Oberwasser nach Quartalszahlen?

Nur Fortschritte im Tagesgeschäft können die in einem tiefgreifenden Umbau steckende Bank wohl mit ihren Kritikern versöhnen. Gut möglich, dass der am Mittwoch anstehende Quartalsbericht Rohners und Thiams Argumentation stützt: Die Bank stehe eigentlich gut da, wenn alle Altlasten herausgerechnet werden. Wie die US-Großbanken JP Morgan oder Citigroup dürfte auch Credit Suisse zu Jahresbeginn vom florierenden Anleihehandel und einem starken Emissionsgeschäft profitiert haben. Analysten rechnen nach einer von der Bank selbst veröffentlichten Konsens-Schätzung mit einem Gewinn von gut 300 Millionen Franken. Das wäre zwar deutlich besser als vor einem Jahr, als ein Verlust von 302 Millionen Franken zu Buche gestanden hatte. Es wäre aber noch lange nicht das, was die Bank eigentlich anstrebt.

Rohner hat schon immer eine große Beharrlichkeit an den Tag gelegt. In einem Interview erzählte er einmal, er habe dem Ziel, Schweizer Meister im 110-Meter-Hürdenlauf zu werden, sehr viel untergeordnet - und das Ziel dann auch erreicht. Nach Stationen als Anwalt und Fusionsberater in Zürich wechselte er einst nach Deutschland, wo er Chef des Medienkonzerns ProSiebenSat1 wurde. Ab 2004 kletterte er die Karriereleiter bei Credit Suisse hoch und wurde 2011 Präsident des Verwaltungsrates. Rücktrittsforderungen, als die Bank wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in den USA eine Milliardenstrafe auf den Tisch lege musste, saß er aus.

Nun droht also eine Kampfabstimmung auf der Generalversammlung. Einem Vertrauten zufolge ist Rohner überzeugt, sich auf ganzer Linie durchzusetzen. Dabei kann er sich durchaus auf einige Großaktionäre wie den US-Fonds Harris und den norwegischen Staatsfonds verlassen. Auf der Gegenseite stehen vor allem die großen Stimmrechtsberater ISS, Glass Lewis und Ethos, die gemeinsam rund ein Drittel aller Stimmen auf sich vereinen können.

Selbst bei einer Niederlage Rohners rechnen die wenigsten Experten damit, dass der Manager das Handtuch wirft. Er hat wiederholt erklärt, dass er bis 2021 bleiben will. Und was hat er danach für Pläne? Filme produzieren oder Drehbücher schreiben, erklärte Rohner einst im besagten Interview und ergänzte: "Sicher ist: Keines über die Finanzindustrie."

(Oliver Hirt und Joshua Franklin/Reuters)

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