Chemiekonzerne Clariant und Huntsman fusionieren

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Weil sich das Wachstum in der Chemiebranche insgesamt abschwächt, setzen viele europäische Unternehmen auf Übernahmen: Der Schweizer Chemiekonzern Clariant kündigte am Montag eine Fusion an.

In der Chemiebranche erfasst das Übernahmefieber erneut die Schweiz: Clariant will sich mit dem US-Wettbewerber Huntsman zusammentun und damit einen der weltweit führenden Spezialchemiekonzerne mit einem Börsenwert von rund 14 Milliarden Dollar schmieden. "Dies ist der perfekte Deal zur richtigen Zeit", warb Clariant-Chef Hariolf Kottmann am Montag für die Fusion. Er sucht nun doch noch den Schulterschluss mit dem Rivalen aus Texas, nachdem Insidern zufolge informelle Gespräche über einen Zusammenschluss Ende 2016 gescheitert waren. Damals hakte es bei dem Unternehmen aus Muttenz bei Basel und Huntsman daran, wer bei einer Fusion die führende Rolle spielen wird. Nun sollen die Clariant-Aktionäre 52 Prozent an der neuen Gesellschaft halten und die Huntsman-Eigner den Rest. Für die Schweiz wäre es der zweite Mega-Deal in der Chemiebranche nach der Übernahme des Pflanzenschutzspezialisten Syngenta durch den chinesischen Staatskonzern ChemChina für 43 Milliarden Dollar.

Durch die Chemiebranche rollt bereits seit einigen Jahren eine Übernahmewelle. Viele Firmen haben Marktanteile verloren, vor allem an Konkurrenten aus Asien, wo die Nachfrage stärker anzieht, und aus Nordamerika, wo die Energiepreise niedriger sind. Gerade in Europa sind die Aussichten nicht rosig. Angetrieben wird das Fusionskarussell auch von der Konsolidierung bestimmter Chemiesegmente wie der Agrarchemie, in der Bayer für rund 66 Milliarden Dollar den US-Saatgutriesen Monsanto übernimmt. In den USA arbeiten DuPont und Dow Chemical an ihrem Zusammenschluss zu einem neuen Branchengiganten, aber auch deutsche Firmen wie BASF, Evonik und Lanxess haben Milliarden für Zukäufe ausgegeben.

"Es gibt eine sehr starke Konsolidierung. Viele Firmen haben sehr sehr teure Akquisitionen getätigt und dazu sind wir nicht bereit", sagte Kottmann. Er sei aber davon überzeugt, dass in den kommenden fünf bis zehn Jahren in der Spezialchemie die Unternehmen den Ton angeben würden, die einen Umsatz von mehr als 15 bis 17 Milliarden Dollar hätten. "Jetzt können Sie Ihre eigene Schlussfolgerung ziehen, wie lange es für ein Unternehmen wie Clariant dauert, mit organischem Wachstum und ein paar Zukäufen, die wir machen können, dieses Niveau zu erreichen." Clariant galt seit längerem als Übernahmekandidat und stand unter dem Druck von Investoren, einen Partner zu finden, um Kosten zu senken und das Wachstum anzukurbeln.

Firmenlenker Kottmann, der Clariant seit Jahren umbaut, wollte Insidern zufolge den Konzern aber nicht übernommen oder als Juniorpartner eines Deal sehen. Der frühere Hoechst-Manager betonte nun zusammen mit Huntsman-Chef Peter Huntsman, es handele sich um eine "Fusion unter Gleichen". "Peter Huntsman und ich teilen die gleichen strategischen Visonen", sagte Kottmann. Eine Gegenofferte halte er für unwahrscheinlich.

"Meine Mutter ist glücklich"

Bei der Fusion, die über einen Aktientausch geplant ist, hätten beide Unternehmen die Unterstützung ihrer Familienaktionäre. Dazu gehören bei Clariant die Familienaktionäre der 2011 übernommenen Süd Chemie, die ein Paket von rund 14 Prozent kontrollieren, und bei Huntsman die Gründerfamilie Huntsman mit mehr als sieben Prozent. Hinter ihr steht Huntsman-Gründer Jon, Vater von Vorstandschef Peter, und dessen Frau Karen. "Meine Mutter, die der wahre Boss der Huntsman-Familie ist, ist glücklich. Wenn sie glücklich ist, dann habe ich nichts dagegen", sagte Peter Huntsman. Vorstandschef des neuen Unternehmen mit dem Namen "HuntsmanClariant" soll er werden, Kottmann soll Verwaltungsratspräsident werden.

Seinen Hauptsitz soll HuntsmanClariant in Pratteln bei Basel haben, während die operativen Geschäfte aus dem texanischen Woodlands geleitet werden. Zusammen kommen die beiden Firmen auf einen Umsatz von gut 13 Milliarden Dollar und 28.200 Mitarbeiter. Clariant, die 1995 aus der Abspaltung vom Schweizer Pharmakonzern Sandoz entstand und 1997 das Spezialchemikaliengeschäft der Hoechst AG übernahm, beschäftigt weltweit rund 17.400 Mitarbeiter. Die Schweizer stellen unter anderem Flugzeugenteisungsmittel, Zusätze für Pestizide oder Farbpigmente her. Chemikalien von Huntsman werden in Farben, Bekleidung oder am Bau verwendet. Die beiden Unternehmen zeigten sich zuversichtlich, dass die Behörden grünes Licht geben und der Zusammenschluss bis Ende des Jahres in trockenen Tüchern sein wird. Das Unternehmen soll sowohl an der Börse in der Schweiz als auch in New York gelistet werden.

(Reuters)

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