Wo wird Air-Berlin-Tochter Niki landen?

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Niki könnte Teil von Eurowings werden, meint der heimische Luftfahrtexperte Hoffmann. Aber auch andere Unternehmen sollen Interesse an Auffanglösungen signalisiert haben.

Für Air Berlin und damit für ihren österreichischen Ableger Niki werden Szenarien verhandelt, was nach der Pleite der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft passiert. Deutsche Medien erwarten eine Totalzerschlagung und das Aus der Marke Air Berlin. Niki könnte Teil von Eurowings werden, sagte der österreichische Luftfahrtexperte Kurt Hoffmann am Mittwoch im ORF-Morgenjournal. Niki ist vom Insolvenzantrag der Air Berlin zunächst jedenfalls nicht erfasst.

Gespräche über eine solche Lösung würden nach dem Informationstand von Dienstagnachmittag geführt, sagte Hoffmann. Niki beschäftigt rund 850 Leute. Dieser Gedanke sei für Bord-Betriebsrat Stefan Tankovits jedoch "neu". Die jüngste Umstellung des Niki-Geschäfts auf Ferienflieger würde nicht zum Geschäftsmodell von Eurowings passen, aber es könne ja auch einen abermaligen Bruch in der Unternehmensausrichtung geben.

Niki-Betriebsversammlung am Freitag

Am kommenden Freitag soll nach Informationen der "Presse" eine Betriebsversammlung abgehalten werden. Dabei sollen die Mitarbeiter über den aktuellen Stand der Entwicklungen vom Betriebsrat informiert werden.  Die für heute Mittwoch angesetzte Kollektivvertrags-Verhandlung wurde abgesagt. Die Gewerkschaft fordere das Management auf, den Zusagen, dass Niki nicht betroffen sei, Taten folgen zu lassen, sagte Gpa-Chef Wolfgang Katzian in einer Aussendung.

Interesse an der Teilnahme an Auffanglösungen soll laut dpa-AFX auch der zum Reisekonzern Thomas Cook (Neckermann Reisen) gehörende Ferienflieger Condor bekundet haben - zumal ein Teil der Thomas Cook-Reiseveranstalter-Gäste mit Air Berlin und ihrer Tochter Niki in den Urlaub geflogen wird. Der weltgrößte Reisekonzern TUI sei ebenfalls involviert: 14 Flugzeuge seines Ferienfliegers TUIfly seien samt Personal bei Niki im Einsatz, der für TUI lukrative Deal sei jetzt in Gefahr. Ein seit vorigem Jahr geplantes Ferienflieger-Bündnis aus TUIfly und Niki war Anfang Juni geplatzt. Unklar ist nun auch, ob der Deal, wonach die arabische Airline Etihad, bisher als größter Eigentümer von Air-Berlin maßgeblich an deren Finanzierung beteiligt, wie geplant Niki selber übernimmt. 

Kredittranche von Etihad blieb aus

Etihad hat sich bisher nicht geäußert. Die Strategie, vor allem mit europäischen Partnern zu wachsen, ist gescheitert, auch Alitalia, die zweite große Beteiligung, ist mittlerweile pleite. Allerdings dürfte auch die aktuelle Situation bei Air Berlin zu der Entscheidung beigetragen haben. "Die finanziellen Zusagen waren an Ziele gekoppelt, die aber mittlerweile Makulatur sind nach den immer neuen Problemen", werden informierte Quellen aus Abu Dhabi zitiert.

Von der Pleite bedroht war Air Berlin schon seit längerem. Endgültig in Richtung Insolvenz lief es bei der mit 1,2 Mrd. Euro verschuldeten bei Air Berlin, als Etihad Mitte voriger Woche eine vereinbarte Kredittranche in Höhe von 50 Mio. Euro nicht überwies.

"Handelsblatt" und "Bild" Zeitung beschreiben, wie brisant die Lage war: Vorigen Mittwoch habe die Air-Berlin-Spitze aus Abu Dhabi die Nachricht bekommen, dass Etihad Aviation, mit knapp 30 Prozent der Großaktionär von Air Berlin, nicht mehr bereit sei, weiter für deren finanzielle Verpflichtungen geradezustehen. Eigentlich hatte Etihad im Frühjahr genau das noch zugesagt, es war die Bedingung dafür, dass die Wirtschaftsprüfer dem Abschluss 2016 überhaupt ein Testat erteilten.

Kartellamt muss Übernahme durch Lufthansa absegnen

Damit hatte Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann keine Wahl mehr. Am Freitag wurde die deutsche Politik informiert, dass der Hauptaktionär Etihad aus Abu Dhabi den Geldhahn zudrehe. Den ganzen Samstag lang liefen die Telefone heiß, auch am Sonntag sei auch mit der Lufthansa verhandelt worden. Demnach wäre die AUA-Mutter bereit, große Teile von Air Berlin zu übernehmen. Damit das Kartellamt dem Deal zustimmen könne, könnte Easyjet den Rest übernehmen, heißt es. Um den Flugbetrieb von Air Berlin vorerst aufrechtzuerhalten, entschied man sich für einen Überbrückungskredit in Höhe von 150 Mio. Euro, abgesichert durch eine Staatsbürgschaft. Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte am Dienstag erklärt, das Geld dürfte reichen, um den Betrieb von Air Berlin bis Ende November zu gewährleisten.

Nach einer Insolvenz kommen üblicherweise die Verkehrsrechte (Slots) an den Flughäfen auf den Markt. Sie wären umgehend von Konkurrenten wie Ryanair aufgekauft worden, mit ziemlicher Sicherheit ohne Air-Berlin-Mitarbeiter zu übernehmen, heißt es im Handelsblatt.

Slots sollen verkauft werden

Eine Einstellung der Flüge hätte bedeutet, dass die Start- und Landerechte als praktisch einziger verbleibender Vermögenswert von Air Berlin ihren Wert verloren. Nun sollen die Slots verkauft werden, wobei der Erlös zur Finanzierung des Übergangskredits beitragen soll. Die Start- und Landerechte gehen nach Angaben des deutschen Verkehrsministeriums in die Insolvenzmasse ein, so die "Welt". Die Forderungen des deutschen Bundes aus dem Bürgschaftskredit sollen Vorrang bei der Befriedigung der Gläubiger erhalten.

Ryanair hatte zuvor mitgeteilt, gegen die Staatshilfen für Air Berlin vorzugehen und Beschwerde bei den Kartellbehörden einzulegen.

Slots

Slots sind das wahre Gold des internationalen Luftverkehrs. Die Zeitfenster für Starts und Landungen sind zumindest an den großen Flughäfen ein knappes Gut, das zwischen Aufsichtsbehörden und Airlines zweimal jährlich auf internationaler Ebene austariert wird.

Nach europäischem Recht fallen die Slots an die Vergabebehörde zurück, wenn sie von der Airline nicht mehr bedient werden. Es gilt der Grundsatz: Nutze den Slot oder verliere ihn (use it or lose it). Aufgegebene Slots kommen in einen Pool und werden zum nächsten Flugplan neu verteilt. Die Hälfte muss dabei an neue Bewerber gehen.

(APA)

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