104 Millionen Euro Schulden: Sechs Insolvenzen in oö. Konzern

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Ein außergerichtlicher Rettungsversuch ist gescheitert. Sechs Firmen der Wozabal-Gruppe brauchen ein Sanierungsverfahren. Knapp 800 Mitarbeiter und 680 Gläubiger sind betroffen. Es ist die größte Insolvenz seit vier Jahren in Oberösterreich.

Für die auf Textilreinigung, Mietwäsche und Berufskleidung spezialisierte Firmengruppe Wozabal war der Versuch einer außergerichtlichen Rettung nicht erfolgreich. Am Donnerstag wurden Anträge auf Eröffnung von Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung gestellt, berichtet der Gläubigerschutzverband KSV1870. Bei den sechs insolventen Firmen sind insgesamt 792 Arbeitsplätze betroffen.

Seit Mitte August ist es kein Geheimnis mehr, dass die Firmengruppe in argen finanziellen Schwierigkeiten steckt. 725 Löhne für Juli konnten nicht ausbezahlt werden. Die Hausbanken haben die Konten gesperrt, nachdem zwei seit Jahresbeginn eingeschaltete Sanierungsexperten das Unternehmen Anfang August unverrichteter Dinge wieder verlassen haben. Firmenchef Christian Wozabal zeigte sich trotzdem zuversichtlich, die Insolvenz abwenden zu können, was sich nach bereits kurzer Zeit als nicht machbar herausgestellt hat. Es kommt damit zur größten Insolvenz seit vier  Jahren in Oberösterreich nach der Pleite der Drogeriekette „dayli“ im Juli 2013.

Insolvent sind die Wozabal-Firmen Management GmbH, Textilservice GmbH & Co KG, MPZ Medizinproduktezentrum GmbH & Co KG, Textile Logistik GmbH & Co KG (alle Linz), Sterilgut – Systeme GmbH & Co KG, Mietberufsbekleidung GmbH & Co KG, (beide Lenzing). Standorte dieser Firmen befinden sich Linz, Enns, Lenzing und Rankweil, weiters besteht ein Verteilerzentrum in Wien. Nicht von der Insolvenz betroffen sind folgende Firmen der insgesamt 950 Mitarbeiter zählenden Gruppe: Textile Vollversorgung GmbH & Co KG und Textile Vollversorgung GmbH (beide Bad Hofgastein), Umlauft Textilservice GmbH (Klagenfurt) sowie Wozabal s.r.o., Tschechien.

Die Wozabal-Gruppe stellt Textilien für Spitäler, Heime, Gastronomie und Hotellerie sowie Industrie und Gewerbe zur Verfügung. Täglich werden 175 Tonnen Textilien gewaschen, die rund 2.000 Kunden sitzen in Österreich, Deutschland, Italien und Tschechien. Die Fortführung des Betriebes und die Versorgung der Kunden während des Insolvenzverfahrens seien sichergestellt, betonte Christian Wozabal am Donnerstag, das operative Geschäft laufe positiv. Die Ansprüche der Dienstnehmer seien durch den Insolvenzfonds gesichert.

Banken gewähren Mitarbeitern Überbrückungshilfe

Sparkasse OÖ und Hypo OÖ gewähren den von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffenen Wozabal-Mitarbeitern, die bei ihnen Kunden sind, eine zinsenfreie Überbrückung für die ausstehenden Löhne. Das hat Soziallandesrätin und SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer mit den Instituten ausgehandelt, wie ihre Partei am Donnerstag mitteilte.

"Konkret stellen wir den Betroffenen als Überbrückung einen Betrag in Höhe bis maximal des dreifachen Nettogehaltes kostenlos - ohne Zinsen und Gebühren - bis Jahresende 2017 zur Verfügung", erklärte die Sparkasse in einer Aussendung. Damit wolle man helfen "finanzielle Engpässe zu mildern und somit diese Sorgen von den betroffenen Mitarbeitern zu nehmen".

Gerstorfer appellierte auch an die anderen oberösterreichischen Geldinstitute, ebenfalls eine zinsfreie Überbrückungshilfe für die betroffenen Kunden mit einem Gehaltskonto zur Verfügung zu stellen. "Der Konkurs trifft vor allem Frauen, die ohnehin in einer Niedriglohnbranche arbeiten und daher meist über wenige Reserven verfügen, um diese Situation zu überbrücken", so die SPÖ-Chefin.

12 Millionen Euro freies Vermögen

Per Juli 2017 weisen die sechs insolventen Firmen Verbindlichkeiten von zusammen 104,1 Millionen Euro in den Büchern aus. Darin enthalten sind auch sogenannte Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen in Höhe von 30,5 Millionen Euro, also Schulden, die intern gegenüber anderen Firmen der Wozabal Gruppe bestehen.

In einem Bericht des KSV1870 heißt es: Die mit den Insolvenzanträgen vorgelegten Vermögensübersichten beinhalten vom Unternehmen getroffene Annahmen, wie sich die Verbindlichkeiten darstellen, wenn die gerichtlichen Sanierungsverfahren scheitern sollten und es zu Betriebsschließungen und Zerschlagungen kommen müsste. Insbesondere sind Beendigungsansprüche von fast 800 Mitarbeitern und Schadenersatzansprüche von Leasingfirmen für vorzeitige Auflösungen von Verträgen berechnet und als Rückstellungen ausgewiesen worden. Es ist gut, dieses Szenario zahlenmäßig abschätzen zu können. Man kann bei dieser Betrachtung mit Verbindlichkeiten von in eine Gesamthöhe von etwa 104 Millionen Euro rechnen. Lässt man wechselseitige Verbindlichkeiten der Firmen außer Acht, bleiben 73,6 Millionen mögliche Passiva.

Gelingt jedoch der beantragte Sanierungsplan samt Erhaltung der Arbeitsplätze, woran ab heute intensiv gearbeitet wird, so werden Rückstellungen für das Schließungsszenario nicht schlagend. Es liegen nun neue Berechnungen vor, wonach bei konsolidierter Betrachtung der sechs insolventen Firmen – also ohne Zählung wechselseitiger Verbindlichkeiten und ohne Rückstellungen für Schließung etc. – von Gesamtschulden von 47 Millionen Euro ausgegangen werden kann, die im Sanierungsverfahren über die Quote zu regulieren sind. Die von den Landesgerichten Linz und Wels einzusetzenden Insolvenzverwalter werden das Zahlenmaterial noch genau prüfen.

Hohe Kosten für Investitionen in Standorte, Automatisierung und Umstrukturierungsmaßnahmen sowie eine schlechte Finanzierungsstruktur mit hohem Fremdmittelanteil - das sind laut Gläubigerschützer die Insolvenzursachen.

In erster Linie gelte es nun, den Fortbestand der sechs insolventen Firmen zu sichern, damit die Sanierung überhaupt möglich wird. Nach Schuldnerangaben wurde eine Cash-Flow-Planung bis Jahresende 2017 erstellt, nach der sich eine kostendeckende Fortführung bewerkstelligen lässt. Darüber hinaus sind aber noch weitere Finanzierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen erforderlich, um den Sanierungsplan umzusetzen. Die Unternehmensgruppe braucht also frisches Kapital z.B. durch einen Finanzinvestor, um mittel- und längerfristig zu überleben.

Die zuständigen Landesgerichte Linz und Wels werden die Verfahren aller Voraussicht nach  noch heute eröffnen.

Landesbetriebe wollen Kunden bleiben

Der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer und der für Wirtschaft zuständige LHStv. Michael Strugl (beide ÖVP) gaben sich am Donnerstag optimistisch, dass die Wozabal-Sanierung funktionieren werde - nicht zuletzt deshalb, weil die Landesbetriebe weiter mit der Firma zusammenarbeiten würden, wenn die Leistungen wie bisher erbracht werden können, betonten sie in einer Presseaussendung.

Sein Ressort stehe aber zur Verfügung, sollten dennoch arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen erforderlich sein, so Strugl.

Seitens des oö. Spitalsbetreibers gespag, dessen Krankenhäuser von Wozabal mit Dienstkleidung, Patienten- und OP-Wäsche sowie Sterilgut versorgt werden, hieß es, man gehe davon aus, dass durch das eingeleitete Insolvenzverfahren die Versorgung der Spitäler gewährleistet sei und den Spitälern und ihren Patienten kein Nachteil entstehen werde.

Großpleiten seit 2013

Die Pleiten der Wozabal-Firmen zählen in Oberösterreich zu den größten Insolvenzen der vergangenen Jahre. Gewichtiger war nur die Pleite der Schlecker-Nachfolgefirma dayli im Jahr 2013 mit Passiva von 114 Millionen Euro und knapp 3500 betroffenen Mitarbeitern. Biso Schratteneacker, Ort im Innkreis, rutschte 2015 mit Schulden von 68,3 Millionen Euro in die Insolvenz. Die Beteiligungsfirma QuadraCir aus Ohlsdorf hatte im selben Jahr Schulden von 55,2 Millionen Euro. Die Perger Baufirma GLS ging 2016 mit Schulden von 51,1 Millionen Euro pleite, Anlagenbauer Doubrave aus Attnang-Puchheim im Jahr 2013 mit 45,7 Millionen Euro. Bei der Pleite der Bäckereigruppe Ring Pan & Co aus Linz im Jahr 2015 gab es einen Schuldenberg von 39 Millionen Euro.

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