Siemens streicht 6900 Stellen - Auch Standort Wien betroffen

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Bei dem Konzern werden 6900 Mitarbeiter in den nächsten Jahren ihren Job verlieren. Auch am Standort Wien dürfte es Schließungen geben. Wie viele Jobs betroffen sind, ist unklar.

Wien. „Wir haben bei diversen Anlässen berichtet, dass Siemens international hervorragend aufgestellt ist“, sagte Siemens-Personalchefin Janina Kugler gleich zu Beginn einer Telefonkonferenz gestern, Donnerstag, am späten Nachmittag. Dennoch habe der Konzern auf den rasanten Strukturwandel im Bereich der Stromerzeugung und im Rohstoffsektor zu reagieren. Was diese Ankündigung in Zahlen heißt, hatte die Belegschaft schon zuvor von ihr erfahren müssen: 6900 Stellen in den beiden Sparten Kraftwerke und Prozessindustrie/Antriebe will Siemens in den nächsten Jahren weltweit streichen, die Hälfte davon in Deutschland. In den USA müssten ebenfalls Anpassungen bei 1800 Jobs vorgenommen werden, hieß es weiter.

Bündelung in Erlangen

Auch der Standort Österreich wird von dem Strukturprogramm betroffen sein, ließen die drei Vorstände Kugel, Wili Meixner (Chef der Division Power und Gas) und Jürgen Brandes (Chef der Division Process Industries und Drivers) durchblicken. Konkret müssen die Mitarbeiter des Kompetenzzentrums für Mittel- und Kleinkraftwerke in Floridsdorf um ihre Jobs zittern. Siemens habe vor, jene Kompetenzzentren, die ein und dieselben Tätigkeiten an verschiedenen Orten durchführen, zusammenzuziehen, um so Kapazitäten zu bündeln, erklärte Kugel. So etwa auch jene der Standorte in Wien, Offenbach und Erlangen. Nach den aktuellen Plänen dürften diese Kompetenzen aber nicht in Wien, sondern in Erlangen gebündelt werden. Genaueres wollte Kugel nicht sagen.

Wie viele Mitarbeiter in Österreich von der Zusammenlegung betroffen sein werden, konnte man bei Siemens Österreich der „Presse“ gestern noch nicht mitteilen. Kein Wunder, in Wien erfuhr man nämlich ebenfalls erst bei der Telefonkonferenz, dass der eigene Standort von den Plänen überhaupt betroffen sein werde. „Es ist uns sehr wichtig, zuallererst unsere Mitarbeiter zu informieren. Wir geben anschließend Näheres bekannt“, sagte der Sprecher von Siemens Österreich, Michael Braun.
Kugel richtete indessen via Telefon betroffenen Mitarbeitern Folgendes aus: „Wenn Tätigkeiten an eine andere Stelle transferiert werden, dann bekommen die Mitarbeiter die Möglichkeit, dorthin mitzugehen.“ In der Vergangenheit hätten Siemens-Mitarbeiter dieses Anbot allerdings nur selten angenommen. Schon seit Längerem wird Siemens in der Kraftwerkssparte mit weltweit rund 46.800 Beschäftigten vor allem seine großen Gasturbinen in Deutschland und Europa nicht mehr los. Das sorgt für Preisverfall und Überkapazitäten.

Verhandelt wird erst 2018

Das Geschäftsfeld Prozessindustrie und Antriebe mit zuletzt rund 44.800 Mitarbeitern weltweit bietet etwa Getriebe, Motoren, Antriebe und Kupplungen für die Öl-, Gas- und Bergbauindustrie an. Es ist damit auch stark von den Rohstoffpreisen abhängig. In beiden Sparten hatte Konzernchef Joe Kaeser bereits Jobs gekappt.

Zwei Werke im sächsischen Görlitz und in Leipzig sollen ebenfalls geschlossen werden. Erstmals seit zehn Jahren schließt Siemens auch betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland nicht mehr aus. Die Einigung mit Betriebsrat und Gewerkschaften aus dem Jahr 2010 schließe Entlassungen „nicht für alle Ewigkeit aus“, sagte Personalchefin Kugel. „Ich bin aber zuversichtlich, dass wir über freiwillige Maßnahmen sehr weit kommen werden.“ Die Verhandlungen mit den Arbeitnehmern werden erst im neuen Jahr beginnen, sollen aber spätestens im September 2018 abgeschlossen sein.

("Die Presse"; printausgabe vom 17.11.2017)

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