USA: Haftbefehl gegen Ex-VW-Chef Winterkorn

Martin Winterkorn
Martin WinterkornBloomberg
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Die US-Justiz will den früheren VW-Topmanager wegen Betrugs im Abgasskandal zur Rechenschaft ziehen.

Die amerikanische Justiz hat nach der Anklage gegen Martin Winterkorn Haftbefehl gegen den früheren VW-Chef erlassen. Das bestätigte eine Justizsprecherin am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die USA wollen den früheren Topmanager des Autobauers wegen Betrugs im Abgasskandal zur Rechenschaft ziehen.

Dem 2015 zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden wird außerdem Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und zur Täuschung der Behörden vorgeworfen, wie aus der Klageschrift hervorgeht, die das zuständige Gericht in Detroit (US-Bundesstaat Michigan) am Donnerstag (Ortszeit) veröffentlicht hatte. In Deutschland ermittelt derweil die Staatsanwaltschaft Braunschweig unter anderem wegen Betrugsverdachts weiter gegen Winterkorn.

Ein Anwalt des inzwischen 70-Jährigen sagte am Freitag der Deutschen Presse-Agentur, man prüfe die Anklage und werde sich "zu gegebener Zeit äußern". Von Winterkorn selbst war keine Stellungnahme zu erhalten.

Volkswagen: "Ein herber Schlag"

Der frühere Vorstandschef hat stets jede persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Dass es eine Software zur Manipulation von Dieselabgaswerten gebe, wisse er selbst erst seit September 2015. Damals war der Abgasskandal auf Druck der US-Umweltbehörden aufgeflogen. VW erklärte, man kooperiere weiter vollumfänglich mit den US-Justizbehörden.

Beim weltgrößten Autobauer steigt nun die Angst vor weiteren Konsequenzen. "Das ist natürlich ein herber Schlag und trifft das Unternehmen in einer ganz kritischen Phase", sagte eine Person aus dem Umfeld der Konzernführung zu Reuters am Freitag. Erst am Vortag hatte der neue VW-Chef, der gebürtige Österreicher Herbert Diess, vor den Aktionären angekündigt, den sogenannten "Kulturwandel" zu beschleunigen. Nur wenige Stunden später machten die US-Ermittler dann die Anklage gegen den einstigen Leitwolf von VW öffentlich.

Ein politisches Thema ist der Fall Winterkorn schon jetzt, denn selbst US-Justizminister Jeff Sessions äußerte sich. Er erklärte schriftlich, die Vorwürfe zeigten, dass das System der Täuschung bis an die Spitze des deutschen Volkswagen-Konzerns reiche. Die Ermittler gehen davon aus, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 über Unregelmäßigkeiten bei Dieselabgaswerten informiert wurde. Im Juli 2015 sei bei einem Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale im Beisein von Winterkorn und anderen VW-Managern über mögliche Konsequenzen beraten und schließlich vorgeschlagen worden, die Abschalteinrichtung in VW-Modellen nicht offenzulegen. Winterkorn habe diesem Vorgehen zugestimmt.

"Er bleibt sicherlich in Deutschland"

Eine Auslieferung in die USA muss Winterkorn jedenfalls nicht befürchten, sollte er auf deutschem Boden bleiben. Deutsche Staatsangehörige würden nicht ausgeliefert, sagte ein Sprecher des deutschen Justizministeriums. Dem Vertrauten zufolge verzichtet Winterkorn, der in München lebt, im Moment auf Auslandsreisen. "Er ist in Deutschland und er bleibt sicherlich in Deutschland."

VW-Dieselskandal

Der Dieselskandal wurde im September 2015 von den US-Umweltbehörden bekannt gemacht. VW gab daraufhin zu, Abgaswerte mit einer illegalen Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Volkswagen bekannte sich in den USA für schuldig und akzeptierte eine milliardenschwere Strafe sowie Wiedergutmachungen an Kunden und Behörden. Einschließlich weiterer Rückstellungen kostet der Skandal die Wolfsburger bisher fast 26 Milliarden Euro.

(APA/dpa)

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