Finanzinvestor Advent zieht bei GE Jenbacher das große Los

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General Electric verkauft sein Gasmotorengeschäft, zu dem ein Werk in Jenbach gehört, um 3,25 Milliarden Dollar an den US-Finanzinvestor Advent.

Dass GE Jenbacher, die Tiroler Tochter des US-Konzerns General Electric (GE), vor dem Verkauf steht, war seit Monaten bekannt. Für das mit seinen Produkten weltweit erfolgreiche Unternehmen gab es zahlreiche Interessen, darunter der 20 Milliarden Dollar Umsatz große US-Mitbewerber Cummins und das 33.000 Mitarbeiter zählende US-Unternehmen Kohler & Co. "Wer an einem Unternehmen wie Jenbacher kein Interesse hat, ist entweder blind oder impotent", sagte erst in der Vorwoche Wolfgang Hofer von der B&C-Stiftung, die sich das Tiroler Unternehmen gerne als viertes industrielles Standbein nebst den börsenotierten Konzernen Lenzing, Semperit und Amag einverleibt hätte. B&C war gemeinsam mit US-Finanzinvestor KKR im Bieterrennen um Jenbacher- aber auf verlorenem Posten.

Zuletzt berichtete das "Wall Street Journal", dass die GE-Gasmotorensparte, zu der nebst Jenbacher noch das Werk Waukesha in den USA gehörte, um rund drei Milliarden Dollar (2,6 Milliarden Euro) an den US-Finanzinvestor gehen werde. So ist es auch gekommen. Wie GE am Montag kurz vor US-Börsebeginn mitteilte, werde die Sparte um 3,25 Milliarden Dollar an Advent verkauft.

Jenbacher produziert Gasmotoren und Blockheizkraftwerke. Für das Unternehmen arbeiten am Standort in Tirol rund 1.600 Menschen. Waukesha Engines im US-Bundesstaat Wisconsin baut große Gasmotoren.

GE-Chef John Flannery steht unter dem Druck von Investoren, den Mischkonzern zu verschlanken, der nicht zuletzt im Energiegeschäft mit Umsatz- und Gewinnrückgängen kämpft. Flannery hat zahlreiche Geschäfte zum Verkauf gestellt, den Aktienkurs aber bislang nicht beleben können. Nach 110 Jahren ist der Konzern aus dem US-Leitindex Dow Jones geflogen und wird am Dienstag (26. Juni) durch die Drogeriekette Walgreens Boots Alliance ersetzt.

Advent kündigt Investitionen an

Die Distributed Power-Unternehmenssparte von GE ist ein führender Anbieter von Kolbengasmotoren, Energieanlagen und Dienstleistungen mit Fokus auf Stromerzeugung und Gasverdichtung nahe bzw. an der Verwendungsstelle. Die Produktpalette der Distributed Power-Sparte umfasst hoch effiziente, treibstoffflexible Industrie-Gasmotoren, die mit einer Leistung von je 200 kW bis 10 MW Strom und Leistung für zahlreiche Branchen weltweit erzeugen. Mit rund 3.000 Mitarbeitern und drei Hauptstandorten in Österreich, den USA und Kanada hat Distributed Power mehr als 48.000 Gasmotoren an Kunden in aller Welt geliefert. Die GE-Sparste erzielte im Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von 1,317  Milliarden Dollar. Die Sparte dürfte im laufenden Jahr einen Betriebsgewinn (Ebitda) von rund 290 Millionen Dollar einfahren, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person gegenüber Reuters sagte.

Carlos Lange, President von Distributed Power: „Mit Advent haben wir einen Partner gefunden, der unsere Leidenschaft für herausragenden Kundenservice teilt. Die Motoren der Marken Jenbacher und Waukesha sind auf der ganzen Welt für ihre Leistung und Zuverlässigkeit bekannt. Advent verfügt über umfassende Branchenexpertise, die es uns ermöglichen wird, unsere Fähigkeiten zum Nutzen unserer weltweiten Kunden weiter zu stärken. Advent wird außerdem dazu beitragen, unser Wachstum zu beschleunigen, während wir weiterhin auf unsere Schwerpunkte konzentrieren."

Advent hofft durch die Übernahme vom Trend zur dezentralen Energieerzeugung zu profitieren. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Wind- und Solarenergie müssen Schwankungen in den Energienetzen immer häufiger ausgeglichen werden. Ranjan Sen, Managing Partner bei Advent International, kündigte "maßgebliche Investitionen" bei der Neuerwerbung an, etwa in bedeutende Bereiche wie das Produktportfolio, Servicenetzwerk und die Digitalisierung.  "GE Power wird weiterhin in die Entwicklung künftiger Energietechnologien und die Verbesserung der wesentlichen Stromnetze investieren. Diese Transaktion beschleunigt zum einen die Reinvestitionen in unser Geschäft. Zum anderen positioniert sie Distributed Power bestmöglich, um die eingeschlagene Wachstumsstrategie erfolgreich umzusetzen“, erklärte Russell Stokes, President und Chief Executive Officer von GE Power.

Der Abschluss der Transaktion wird vorbehaltlich der gängigen Transaktionsbedingungen und regulatorischen Genehmigungen im vierten Quartal 2018 erwartet.

Gasmotoren aus Jenbach

Die Firma GE Jenbacher in Tirol ist eine Tochter des US-Industriegiganten General Electric (GE) und einer der führenden Hersteller von Gasmotoren und Blockheizkraftwerken. GE Jenbacher ging aus den ehemaligen Jenbacher Werken hervor, die Dieselmotoren und Lokomotiven produzierten. Im Jahr 2003 erfolgte schließlich die Übernahme durch GE.

Die Produktpalette umfasst hoch effiziente, treibstoffflexible Industrie-Gasmotoren, die mit einer Leistung von je 100 kW bis 10 MW Strom und Leistung für zahlreiche Branchen weltweit erzeugen. Über 15.500 Gasmotoren von GE Jenbacher sind laut Angaben des Unternehmens in mehr als 100 Ländern in Betrieb.

So errichtete das Unternehmen beispielsweise für eine Guinness-Brauerei in Nigeria zwei speziell auf die Bedürfnisse der Lebensmittel- und Getränkeindustrie zugeschnittene Blockheizkraftwerke mit jeweils 3,3-MW-Erdgasmotoren. Neben Strom erzeugen dabei die Heizkraftwerke mithilfe der Motoren-Abwärme auch Dampf, der ebenfalls im Brauereiprozess genutzt werden kann.

Jenbacher Gasmotoren werden weltweit unter anderem in Biogas-Projekten eingesetzt. So auch in der ersten Biogas-Kraft-Wärme-Kopplung-Anlage der Ukraine, die 2010 entstand. Auch die 2010 errichtete Konzernzentrale der Deutschen Börse in Eschborn bei Frankfurt wird mit Gasmotoren von GE Jenbacher mit Energie versorgt. In den Wintermonaten wird die Finanzzentrale damit beheizt, im Sommer gekühlt.

Advent: 335 Transaktionen

Die Advent International Corporation wurde 1984 gegründet und ist eine der weltweit größten und erfahrensten Beteiligungsgesellschaften. Das Unternehmen hat in 41 Ländern über 335 Transaktionen durchgeführt und verwaltet ein Vermögen von etwa 33 Milliarden Euro (Stand 31. März 2018).

Advent hat in den vergangenen Jahren erfolgreich in die Sektoren Industrie, Energie sowie Öl und Gas investiert. Beispielhaft zu erwähnen sind in Deutschland allnex, ein global führender Hersteller von Harzbeschichtungen für die Farb- und Lackindustrie und Oxea, ein führender Anbieter von Oxo-Alkoholen und Oxo-Derivaten. In Europa hat Advent außerdem in Brammer, ein führendes Unternehmen im technischen Handel mit Produkten und Dienstleistungen für Wartung, Reparatur und Instandhaltung, in Ammeraal Beltech, Weltmarktführer für leichte Prozess- und Transportbänder und in Faerch Plast, den skandinavischen Marktführer für Lebensmittelverpackungen investiert.

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