Deutsche Pleite-Airline sucht Investoren: "Niki Lauda kann kommen"

Small Planet Airlines Germany D ASPC Anflug von Small Planet Airlines Germany D ASPC ein Airbus A3
Small Planet Airlines Germany D ASPC Anflug von Small Planet Airlines Germany D ASPC ein Airbus A3imago/Oliver Willikonsky
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Die insolvente Berliner Ferienfluggesellschaft Small Planet Airlines hofft auf eine Zukunft mit finanzkräftigen Partnern. Laut EUflight.de sind bei der Airline nach einem chaotischen Sommer Entschädigungsforderungen von mehr als 20.000 Passagieren aufgelaufen.

Die Berliner Ferienfluggesellschaft Small Planet Airlines hat eine Bruchlandung hingelegt. "Es gibt schon Gespräche mit Investoren und die werden jetzt unter neuen Bedingungen intensiviert", sagte der gerichtlich eingesetzte Sachwalter des Unternehmens, Joachim Voigt-Salus, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Bisher hätten die Interessenten die Altschulden, "die ganz beträchtlich sind", nicht übernehmen wollen. "Jetzt ist die Frage, ob man diese ganzen Verbindlichkeiten beim Insolvenzverfahren abschneiden kann und dass dann ein neuer oder anderer Investor mit Small Planet gut durchstarten kann." Die Chancen dafür seien "gar nicht mal so schlecht".

Das Unternehmen hatte am Dienstag Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt mit dem Ziel, den Flugbetrieb auch langfristig aufrechtzuerhalten. Die Small Planet Airlines GmbH mit rund 400 Beschäftigten betreibt neun Flugzeuge. Die Chartergesellschaft fliegt vor allem im Auftrag großer Reiseveranstalter insbesondere Ferienziele im Mittelmeerraum an. Unklar blieb zunächst, wie die litauische Mutter von der Insolvenz betroffen ist. Die Flotte der gesamten Gruppe umfasst 29 Maschinen.

Tickets behalten ihre Gültigkeit

Gebuchte Tickets (elektronisch und Papier) behalten ihre Gültigkeit. Auch alle Flugpläne blieben gültig. In Österreich fliegt Small Planet von den Flughäfen Graz und Linz zu Ferienzielen. Die Flüge wurden auch am Mittwoch durchgeführt. Die Flüge würden wie geplant durchgeführt, wurde betont und: Eine Stornierung eines Tickets für einen zukünftigen Flug sei nicht zulässig.

Die Airline begründete die Insolvenz mit der "angespannten finanziellen Lage auf Grund der Geschehnisse des aktuellen Sommers". Dem Unternehmen wurde offenbar zum Verhängnis, dass es nach der Pleite von Air Berlin zu stark wachsen wollte. Dann habe man Probleme mit Subunternehmern bekommen, die dann zu erhöhten Preisen Flüge übernommen hätten, sagte Voigt-Salus. Zudem habe es teilweise große Verspätungen gegeben, was wiederum zu hohen Entschädigungen für Passagiere geführt habe. "Man konnte die Umsätze wohl halten, aber die Kosten sind weggelaufen."

Voigt-Salus zeigte sich optimistisch für die anstehenden Gespräche mit Interessenten. "Ich bin zuversichtlich, dass die Verhandlungen fortgesetzt werden und man in den nächsten Wochen greifbare Ergebnisse hat - in die eine oder andere Richtung." Offen sei, ob es auf ein Bieterverfahren hinauslaufe. "Da kann jeder kommen, auch Niki Lauda kann kommen." Der ehemalige Rennfahrer und Unternehmer hatte die Air-Berlin-Tochter Niki gekauft.

AK Graz klagte

Zwei Klagen für von Verspätungen betroffenen steirischen Ferienflugpassagieren, die ihre Flüge bei Small Planet ab Graz gebucht hatten, hat die Arbeiterkammer Steiermark in Graz eingebracht. Dafür hat die AK bereits auch die Gerichtskosten bezahlt. Eine Reihe weiterer Klagen wurde in Graz auf den Weg gebracht. Mit Anlaufen des Insolvenzverfahrens in Deutschland ist das Verfahren vor steirischen Richtern auch schon wieder beendet. "Wir bleiben auf unseren Kosten sitzen, die Betroffenen müssen Schadenersatz nun im Insolvenzverfahren in Deutschland anmelden", sagte Bettina Schrittwieser, Leiterin des Konsumentenschutzes in der steirischen Arbeiterkammer, am Mittwoch zur APA.

Laut AK hat die Airline, die vor allem für Pauschalreisen eingesetzt wird, regelmäßig mit zu kleinen Maschinen, Verspätungen oder Ausfällen für Unmut gesorgt. Geklagt hat die Kammer, weil die Fluggesellschaft die Entschädigungszahlungen nicht geleistet habe. Andere betroffene Passagiere haben dafür auch Fluggastrechteportale gewählt.

Auch das Passagierrechte-Portal FairPlane machte am Mittwoch darauf aufmerksam, dass alle Forderungen gegen Small Planet Deutschland vor dem 18. September 2018 nur noch im Insolvenzverfahren angemeldet werden können. Für betroffene Kunden sei man in Verhandlungen und in einer Warteposition. "Vielleicht erholt sich das Unternehmen ja bald." Da der Flugbetrieb weitergeführt werde, würden von FairPlane neue Ansprüche, also alle ab dem heutigen 19. September, bearbeitet. Man greife da auf Erfahrungen bei den Pleiten von Air Berlin und Flyniki zurück.

Auf seiner Webseite nannte die insolvente deutsche Tochtergesellschaft der litauischen Small Planet Airlines bisher lediglich die "angespannte finanzielle Situation durch die Ereignisse des laufenden Sommers" als Grund für die Insolvenz.

Gemeint sind die zahlreichen Unregelmäßigkeiten im Flugbetrieb, die zu hohen Entschädigungsansprüchen der betroffenen Passagiere geführt haben. Die gesamte Branche kämpft in diesem Sommer mit Engpässen bei der Flugsicherung, Streiks und Wetterphänomenen, die sich auf den Flugverkehr auswirken. Bei Small Planet sollen laut Branchenkreisen noch interne Organisationsprobleme hinzugekommen sein.

Ansprüche in Millionenhöhe

Nach Informationen des Fluggast-Sofortentschädigers EUflight.de sind bei der Airline nach einem chaotischen Sommer Entschädigungsforderungen von mehr als 20.000 Passagieren aufgelaufen. "Wir gehen von rund neun Millionen Euro gemäß EU-Fluggastrechte-Verordnung bestehender Ansprüche aus", sagte Geschäftsführer Lars Watermann. Für seine Firma wie auch für Fluggäste sei die Insolvenz nicht absehbar gewesen, weil Small Planet in der Vergangenheit regelmäßig gezahlt habe.

EUflight.de hat nach eigenen Angaben bis vor Kurzem Forderungen von Passagieren gegen Small Planet angekauft und muss nun mit einem weitgehenden Verlust rechnen. "Die vollständige Übernahme des Ausfallrisikos von den Fluggästen gehört zu unserem Geschäftsmodell", erklärte Watermann.

Ende August hatte die Firma bekannt gegeben, das Deutschland-Angebot im Winter auf eine Kernflotte von sechs Flugzeugen beschränken zu wollen. Außerdem sollte im Laufe des Winters eine siebente Maschine in die Deutschland-Flotte aufgenommen. Dabei handle es sich um einen Airbus A321, kündigt der Chief Commercial Officer damals auf einer deutschen Luftfahrtplattform an.

(APA/Reuters)

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