Wo bleibt der New Deal beim Mietrecht?

APA/GEORG HOCHMUTH
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Die heimische Immobilienwirtschaft will von der Politik eine Entrümpelung des Mietrechts, damit dieses für ein höheres Wohnungsangebot marktnäher wird. Zudem verlangt sie steuerliche Anreize wie eine Sonder-Abschreibung für Wohnraumschaffung-

Für die lang angekündigte große Mietrechtsreform sei 2017 "offenbar nicht das Gebot der Stunde", meinte der Präsident vom Österreichischen Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI), Georg Flödl, deshalb beschränke man die Forderungen auf einige wenige Punkte. So sollte im Richtwertgesetz der Lagebegriff zeitgemäß adaptiert werden, damit für Gründerzeitviertel nicht historische Ausstattungsmerkmale, sondern der aktuelle Zustand maßgeblich ist. In umfassend sanierten Objekten sollte eine angemessene Miete verlangt werden dürfen. Und die Eintrittsrechte in Mietverträge sollten neu geregelt werden: Dabei sollten die Eintrittsrechte Privilegierter wie Ehefrauen oder minderjährige Kinder nicht beschnitten werden, Nichtprivilegierte sollten aber marktkonform wohnen müssen.

Für eine Mietrechtsreform erwartet Flödl angesichts der momentanen "Konstellation keinen großen Wurf", die Vorstellungen lägen zu weit auseinander. Letztlich könne man mehr Angebot für ein "leistbares Wohnen" sorgen.

Der oft zitierte "New Deal" sei "offensichtlich schon wieder vorbei", mittlerweile würden "ein Plan A, B und so weiter" kursieren, bezog sich ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel in einem Pressegespräch etwa auf die jüngste Rede von Kanzler Christian Kern in Wels. Privaten Investoren ein Engagement im sozialen Wohnbau leichter zu machen, wie dort deponiert wurde - da wisse er nicht, wie das vereinbar sein solle, meinte Flödl.

Mietrecht "sehr zerklüftet"

Zentrales Anliegen der Immo-Branche sei die nachhaltige Stärkung der Rechtssicherheit für Unternehmer und Verbraucher - ob im Konsumentenschutz-, Miet- oder Steuerrecht oder bei Haftungsfällen, so Holzapfel. Das Mietrecht sei sehr zerklüftet, undurchsichtig und komplex und werde den heutigen Ansprüchen der Mieter an Lage, Ausstattung und Art nicht mehr gerecht. Die starken Mietzinsbeschränkungen seien keine Motivation für Vermieter, Geld für Investitionen und Sanierungen in die Hand zu nehmen, wenn diese nicht refinanzierbar seien, meinte Flödl.

Die wohl "größte Baustelle" sei das viel zitierte Thema der Leistbarkeit des Wohnens. Leistbares Bauen und Vermieten sei ebenso gefragt wie steuerliche Anreize, um eine ausreichende Wohnraumversorgung sicherzustellen.

So sollte eine "Sonder-Afa" für die Wohnraumschaffung bzw. -vermietung eingeführt werden, indem 30 Prozent der Herstellungskosten in den ersten drei Jahren abgeschrieben werden können, forderte Flödl. Zuletzt habe es mit der Steuerreform bei der Afa sogar eine Verschlechterung gegeben, indem der für die Berechnung der Afa auszuscheidende Grundanteil in Ballungszentrum deutlich erhöht worden sei - und gleichzeitig könnten seither Instandsetzungsmaßnahmen nicht mehr auf 10 Jahre, sondern nur noch auf 15 Jahre abgeschrieben werden, faktisch ein Investitionshemmnis, so Holzapfel. Auch bei schon laufenden Investitionen müsse hier "umgerechnet" werden. Und um Sanierungen zu fördern, sollten Instandsetzungsmaßnahmen sofort abgesetzt werden dürfen, so der ÖVI.

Schleichende Amerikanisierung

Für mehr Rechtssicherheit dürfe es künftig keine Eingriffe in bestehende Verträge mehr geben - wie mit der voriges Jahr beschlossenen Aussetzung der Wertanpassung (übers MILG II, also das 2. Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz), der Steuerreform 2015/16 oder der "gegenleistungslosen" Ausdehnung der Erhaltungspflichten der Vermieter im Zuge der Wohnrechtsnovelle 2015 geschehen.

Auch dürften durch Gesetze, Verordnungen und Auflagen von Bewilligungsbescheiden keine Haftungsfolgen eintreten, verlangt der ÖVI. Die "Amerikanisierung" des heimischen Haftungsrechts finde nämlich schleichend statt - nach dem Motto "irgendwer muss schuld sein, wenn ich wo drübergestolpert bin" -, meinte Holzapfel und erläuterte eine jüngst vom OGH entschiedene Causa (7 Ob 148/15p). Da sei eine Schadenersatzpflicht eines vermietenden Wohnungseigentümers konstatiert worden, dessen Mieter eine 20 cm hohe, schlecht ausgeleuchtete Begrenzungsmauer zur Tiefgaragenabfahrt übersehen habe und sich schwer verletzte. Baurechtlich sei eine 1965/70 errichtete Mauer zwar okay, im Schadenersatzverfahren sei aber dann als Maßstab auf den "Stand der Technik" abgestellt worden. Viele laut Austrian Standards "freiwillige" Normen bekämen so oft durch die Hintertür eine enorme Bedeutung, warnte Holzapfel: "Normen sollen für die Eigentümer keine Blackbox sein."

Ein Dorn im Auge ist dem ÖVI auch die Umsetzung der Europäischen Verbraucherrechte-Richtlinie im heimischen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz 2014, das sich als Fernabsatz-Thema eigentlich gegen "Abzocke im Internet" richte. Faktisch führe es dazu, dass potenzielle Mieter oder Käufer oft abgeschreckt werden, via Homepage, E-Mail oder Telefon Eckdaten zu Objekten anzufragen - in der fälschlichen Meinung, es sei bereits dafür ein schriftlicher Abschluss nebst Provisionsvereinbarung nötig. Nach wie vor entstehe ein Provisionsanspruch eines Vermittlers erst mit dem Abschluss eines Vertrags, daran habe sich nichts geändert. Kaum eine Branche sei bei den Provisionen so transparent wie der Immo-Sektor, "bei einem Versicherungsmakler wissen sie das nicht". Zur Klarstellung sei ein "Fein-Tuning" bereits in der EU-Richtlinie nötig, um durch einen "überbordenden Konsumentenschutz" nicht womöglich "das Kind mit dem Bade auszuschütten", meinte Holzapfel.

(APA)

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