Mit Opekta überlebte ein Jude die Nazis

„Ehrenarier“ unter Hitlers persönlichem Schutz.

Der Wiener Chemiker Robert Feix, Jahrgang 1893, hatte das Pech, im Dritten Reich als Halbjude zu gelten. So schien sein Schicksal in der SS-Tötungsmaschinerie von Himmler so gewiss wie jenes von Millionen Juden, Halbjuden, „Mischlingen“. Aber Feix erwies sich mit genialer Erfindergabe als so unentbehrlich für die Kriegsführung, dass er im Konzentrationslager Dachau bei München jede Menge Vergünstigungen genoss, quasi als Freigänger behandelt wurde, um seine Forschungen nicht zu verzögern. Feix hatte das Geliermittel Opekta erfunden („Obstpektin aus dem Apfel“). Dann entwickelte er ein Kartoffelbreipulver, für die Wehrmacht unentbehrlich. Er überlebte und bekam nach 1945 seine enteignete Firma zurück. Heute gehört sie Dr. Oetker.

Feix ist nur ein Beispiel für viele, die trotz ihres Judentums vom NS-Regime geschützt wurden. Manche aus sentimentalen Gründen – der jüdische Hausarzt in Linz, der Hitlers krebskranke Mutter bis zum Tod betreute –, meist aber aus rein pragmatischen Gründen. Man brauchte sie. Der eigentliche Schöpfer der Göring'schen Luftwaffe, Feldmarschall Erhard Milch, ist so ein Beispiel. Es gab auch einen „Ehrenarier“, der zu viel über Hitlers Anfangsjahre wusste, weil er stets dabei war. Warum Hitler zeitlebens seine schützende Hand über den Jugendfreund und Chauffeur Emil Maurice hielt, obwohl Himmler diesen um die Ecke bringen wollte, ist nicht bekannt. (hws)

Volker Koop
„Wer Jude ist, bestimme ich“
Böhlau, 354S., €25,60

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2014)

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