„Was macht ein Dummer mit sein' Glück?“

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Kreisky-Witze. Der Pressesekretär im Kanzleramt und spätere TV-Intendant Johannes Kunz erinnert sich.

Die Memoiren des früheren ORF-Intendanten Johannes Kunz sind dieser Tage erschienen. Seine Zeit als Bruno Kreiskys Pressesekretär in den Siebzigerjahren lässt ihn auf eine Unzahl von Anekdoten zurückblicken, die beweisen, dass Politik und Humor einander nicht – wie heute – ausschließen müssen. Freilich benötigt es dazu Souveränität und Klugheit. Eine kleine Auswahl daraus:

Die Legalisierung der Homosexualität, heute eine Selbstverständlichkeit, war damals höchst umstritten. In einer Pressekonferenz fragte ein kritischer Journalist: „Und das mit der Homosexualität ist also Ihre neue Politik?“ Kreisky parierte mit Humor: „Solang mir's der Broda nicht anschafft ...“
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„Seine“ Journalisten liebte der SPÖ-Kanzler. Auch wenn sie anderer Couleur waren: „Ihre Drei-Mann-Redaktion weist einen eigenartigen Pluralismus auf“, schmunzelte er. „Einer schreibt für die ÖVP, der andere für die FPÖ, und Sie schreiben gegen die SPÖ.“
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Vor der Wahl 1975 brachte ein Magazin eine Gegenüberstellung Kreisky – Schleinzer. In neun Punkten lag Kreisky klar vor Schleinzer, nur bei der Frage, wer konservativer sei, führte der VP-Herausforderer. Als Sekretär Kunz dem Kanzler die Umfrage vorlegte, knurrte er und brummte: „Na, so konservativ wie der Schleinzer bin i noch lang.“
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Kreiskys Bilanz: „Sicher haben wir in den Jahren seit unserem Regierungsantritt Glück gehabt. Aber das allein kann's nicht gewesen sein, denn ich frag: Was macht ein Dummer mit sein' Glück?“
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Nach unbestätigten Gerüchten wollte man im ORF nach dem Wechsel von Klaus zu Kreisky aufgrund der langsamen Sprechweise des neuen Regierungschefs die Ankündigung der „Sendung des Bundeskanzlers“ im Radio abändern: „Sie hören die Sendung des Bundeskanzlers. In den Pausen bringen wir Musik.“ Auch die Sekretärin des Kanzlers wurde entlassen. Sie konnte nicht so langsam stenografieren, wie Kreisky diktierte.

Apropos Zeitungen. Zum 125-Jahr-Fest der „Presse“ 1973 stand Kreisky als Festredner und unumstrittener Star auf der Bühne des Josefstädter Theaters. Mit ihm Michael Heltau, Paula Wessely usw.

Kreisky genoss seinen Auftritt. Er gratulierte „in dreifacher Eigenschaft: Erstens als Leser, denn das war ich schon 1918, als ich den Leitartikel ,Friede‘ vorzulesen hatte, weil eine böhmische Hausangestellte meiner Eltern Fraktur nicht lesen konnte, aber wissen wollte, ,ob's stimmt‘; zweitens als gelegentlich unhonorierter Mitarbeiter der ,Presse‘, drittens in meiner Eigenschaft als Bundeskanzler in einem Blatt, das – wie man so nobel einmal sagte – ,liberal, aber grundsätzlich regierungsfreundlich‘ gewesen sein soll. Dass sie es heute nicht mehr ist, darüber wachen manche hier im Zuschauerraum. Aber hie und da weht ein Hauch davon noch durch die Spalten. Wer da wohl verreist sein könnte, frage ich mich dann ...“
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Intelligente Konservative hat er stets weit mehr geschätzt als einfältige Sozialisten. Als sein Sekretär Kreisky die Teilnehmerliste für eine Sitzung vorlegte und auf einen prononcierten Sozialisten hinwies, meinte der voller Geringschätzung: „Das ist kein Sozialist, sondern höchstens ein Narr.“ (hws)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2014)

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