50 Jahre "Sound of Music": Die wahre Geschichte

Film: The Sound of Music
Film: The Sound of Music imago stock&people
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Vor 50 Jahren feiert "The Sound of Music" seine Leinwandpremiere – bis heute zählt er zu den fünf meistgesehenen Filmen der Welt. Doch er zeigt nur die "Rosinen" aus dem Leben der "singenden Familie Trapp".

Das Vermächtnis der Familie von Trapp ist ungebrochen populär. Geschuldet ist das Bild der Heimatlieder trällernden, neunköpfigen Familie im Trachtengewand, das bis heute tausende Touristen nach Salzburg zieht, dem Hollywood-Film „The Sound of Music“, der am 2. März 1965 seine Leinwandpremiere feierte. Zum 50-Jahr-Jubiläum folgen nun Bücher, eine Gala, ein Chorfestival, touristische Events sowie eine US-amerikanische Neuverfilmung. Doch die Hochstilisierung der „singenden Familie“ in Film und gleichnamigem Musical entspricht nicht vollends der Realität.

Georg Ludwig Ritter von Trapp wird im Jahr 1880 in die österreichisch-ungarische Monarchie hineingeboren. Er besucht die Marineakademie, arbeitet sich zum Offizier hoch und heiratet 1911 Agathe Whitehead, Enkelin des Erfinders des Torpedos, Robert Whitehead. Das Paar zieht nach Istrien, wo bald Rupert und Agathe geboren werden. Während des Ersten Weltkrieges kommandiert Georg unter anderem das U-Boot „SM U5“, Agathe und die Kinder siedeln nach Zell am See, wo bis 1919 Maria Franziska, Werner, Hedwig und Johanna geboren werden. Nach Kriegsende geht die Familie nach Klosterneuburg, wo Martina zur Welt kommt. Das Glück währt kurz: 1922 erkrankt die siebenfache Mutter an Scharlachfieber und verstirbt.

Der Witwer, mittlerweile reicher Privatier, zieht mit den Kindern in die „Villa Trapp“ nach Aigen bei Salzburg. Da Maria herzkrank ist, sucht er für sie eine Hauslehrerin, die er in Maria Augusta Kutschera findet. Die Vollwaise will ins Kloster Nonnberg eintreten, bevor sie von der Äbtissin 1925 an die Trapps vermittelt wird. An diesem Punkt setzt „The Sound of Music“ ein.

Verschwiegene Kinder, falsches Idyll

Film und Realität beginnen mit einer „Eingewöhnungsphase“: Der gestrenge Vater Georg pfeift seine sieben Kinder mit der Trillerpfeife herbei, im Haus herrscht militärische Ordnung, bis Maria eintrifft, der es gelingt, alle acht Herzen zu erobern. Den Film- und Musical-Begeisterten wird ihr Erfolg mit Liedern wie „Do Re Mi“ und „My Favorite Things“ sowie ausgiebigen Landschaftsaufnahmen verdeutlicht. Am 26. November 1927 folgt die Hochzeit zwischen Georg und Maria sowie die – in der Verfilmung verschwiegene – Geburt von Rosemarie, Eleonore und Johannes. Allzu harmonisch dürfte die Ehe nicht verlaufen sein. In ihrer Autobiografie schreibt Maria über ihren um 25 Jahre älteren Gatten: „Ich liebte ihn nicht. Dafür liebte ich die Kinder, ich habe also eigentlich die Kinder geheiratet.“ Auch das dritte Kind, Maria (im Film Louisa genannt), kann dem Hollywood-Märchen nur wenig abgewinnen: „Die haben sich die Rosinen aus dem Kuchenteig gepickt und einen neuen Teig gemacht“, sagte sie 2008 in einem Interview mit der „Welt“.

Als der Clan 1933 durch Fehlspekulationen der Hausbank sein Vermögen verliert, gründet Maria Augusta den Familienchor. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten: Sie gewinnen den ersten Preis des Volkssängerwettbewerbs der Salzburger Festspiele. Geleitet wird der Chor von Hauskaplan Franz Wasner – sein Zutun wird im Film aber ebenso ignoriert, wie die Tatsache, dass die Trapps ihren Dienstboten kündigen, den Prunkteil des Hauses fortan an zahlende Gäste vermieten.

>> Trailer von „The Sound of Music“

Nach der Annexion Österreichs im Jahr 1938 wird Offizier Trapp von der deutschen Kriegsmarine beauftragt, wieder das Kommando über ein U-Boot zu übernehmen. Trapp lehnt ab, auch die Einladung, zum Geburtstag Adolf Hitlers am 20. April in München mit dem Familienchor aufzutreten, schlägt er aus. An dieser Stelle kommt es zur größten Abweichung zur Realität: Frei nach dem Motto „Hollywood creates fiction not reality“, wird im Film zwar die Machtübernahme der Nationalsozialisten gezeigt, allerdings nimmt die Familie an einem Gesangswettbewerb teil, gewinnt und flieht auf abenteuerliche Weise während der Preisverleihung ins Kloster, wo einst Maria Novizin war. Dort werden sie entdeckt, schaffen jedoch die Flucht, indem sie von Salzburg aus wandernd die Schweizer Berge (was geografisch falsch ist) überqueren.

Die Wahrheit sieht anders aus: Tatsächlich geht der Chor nach dem „Anschluss“ auf eine Konzertreise nach Italien, von wo aus er in die USA ausreist. Dort tritt die Familie fortan als „Trapp Family Singers“ auf. Nach einigen Auftritten, kehren sie 1939 nach Österreich zurück, emigrieren aber noch im selben Jahr endgültig in die Vereinigten Staaten, wo sie sich in Vermont niederlassen. Konzertreisen führen den Chor nach Kanada, Australien, die Fidji-Inseln und Hawaii. Als Georg von Trapp am 30. Mai 1947 an Lungenkrebs stirbt, zerbröckelt der Clan. Kind Nummer sechs, Johanna, verlässt den Chor, um zu heiraten, bald geht auch Nummer vier, Werner. Gänzlich aufgelöst wird der Chor 1956.

The Sound of Music

Maria Augusta von Trapp schreibt die Geschichte ihrer Familie in einer Autobiografie „Vom Kloster zum Welterfolg“ nieder, die als Vorlage für zwei deutsche Filme 1949 („Die Trapp-Familie“ und „Die Trapp-Familie in Amerika“, 1956/1958) diente. Zum Durchbruch verhilft der Trapp-Geschichte aber erst das Broadway-Duo Richard Rodgers (Musik) und Oscar Hammerstein II (Text), die aus dem Buch das Musical „The Sound of Music“ stricken. Seine Uraufführung mit Mary Martin (als Maria) und Theodore Bikel (als Captain von Trapp) findet am 16. November 1959 statt. Das Stück erhält fünf Tony Awards, der Grammy Award und eine Goldene Schallplatte und gilt bis heute als das meist gesehene Musical der Welt.

Im Juni 1960 erwirbt 20th Century Fox die Rechte am Musical um 1,25 Millionen Dollar. Der folgende Spielfilm von Regisseur Robert Wise hat am 2. März 1965 in Los Angeles Premiere. In den Hauptrollen spielen Julie Andrews (Maria) und Christopher Plummer (Captain von Trapp). Der 174-minütige Film erhält fünf Oscars und liegt weltweit mit über 1,2 Milliarden Besuchern hinter „Gone with the Wind", „Avatar", „Star Wars" und „Titanic" auf Platz fünf.

Trotz weltweiten Ruhms verschließt sich Österreich lange dem als Kitsch beschimpften Werk, das hier bis heute wenig bekannt ist. Die Zuseherzahlen sind mäßig, die Kritiken schlecht. Erst 52 Jahre nach seiner Entstehung wird es in Salzburg erstmals gezeigt. Auch die Bedeutung von Film und Musical für den heimischen Tourismus sind nicht zu unterschätzen: Zum 50-Jahr-Jubiläum wird eine Sonderausstellung gezeigt, Konzertreihen mit Dinner in Salzburg werden angeboten. Vor allem US-amerikanische Gäste wollen seit Jahrzehnten zu den Original-Schauplätzen. Die Stadt Salzburg verbucht jährlich rund 1,2 Millionen Besucher, 40 Prozent davon gaben in diversen Befragungen ihr Interesse an „The Sound of Music" als Hauptgrund für ihre Salzburg-Reise an.

>> Interview von Maria von Trapp in der „Welt“

(hell)

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