April 1945: Grauenvolle 41 Tage in Österreich

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In den letzten Wochen vor dem Kriegsende eskalierte die Gewalt noch einmal. Eine Ausstellung auf dem Heldenplatz und im Burgtor dokumentiert dieses Geschehen.

Auf dem Heldenplatz neben dem Burgtor, wo schon bald das „Haus der Geschichte“ erstehen soll, gedachte das „offizielle Österreich“ am Donnerstag der letzten Kriegstage im Jahr 1945. 41 Tage, in denen das zusammenbrechende Großdeutsche Reich zu grausamen Repressalien griff, um die Eroberung durch die alliierten Truppen zu verzögern. Die Historikerin Heidemarie Uhl schätzt, dass in diesen wenigen Tagen noch 87.280 Menschen auf österreichischem Boden starben, dazu kamen 23.000 KZ-Häftlinge, die man auf Todesmärsche schickte. 7000 wurden gleich in den Konzentrationslagern umgebracht.

41 Zeitzeugen kommen mit ihren Texten in der Ausstellung, die in der Krypta des Burgtores untergebracht ist, zu Wort. Es sind klingende Namen. Von Peter Alexander über Franz Theodor Csokor bis zu Adolf Schärf, von Leopold Figl über Bruno Kreisky bis Thomas Bernhard. Eine erlauchte Auswahl also, Kardinal König ist ebenso vertreten wie Heimito von Doderer. Und Thomas Chorherr, den Bundespräsident Heinz Fischer bei der Eröffnung begrüßen konnte.

Kann man aus der Geschichte lernen?

Es sind 41 „Erinnerungssplitter“, wie es Kulturminister Josef Ostermayer formulierte. Besonders Schulklassen sollen damit angesprochen werden, denn bald werden die letzten Zeugen dieser erbarmungslosen Zeit nur noch über die Medien zu uns sprechen können. Und daher sei ihm auch das „Haus der Geschichte“ ein solch besonderes Anliegen – „genau hier am Heldenplatz, der historisch belastet ist. Ich werde alles daran setzen, dass man aus der Geschichte lernen kann. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass man das kann.“

Vor dem alten Völkerkundemuseum, das nun „Weltmuseum“ heißen wird, stehen zwölf Litfaßsäulen, auf denen zwölf ausgewählte Verbrechensorte gezeigt werden. Der Künstler Stefan Olah hat sie in Farbaufnahmen dargestellt. Sie stehen für etwa 100 Orte in Österreich, in denen sich in der Endphase des Krieges unbeschreibliche Grausamkeiten ereignet haben.

Für Bundespräsident Fischer gibt es zwei zentrale Daten im Jahr 1945. Zunächst den 27. April, „an dem die Österreicher als Angehörige des Großdeutschen Reichs aufwachten und am Abend als Bürger des wieder erstandenen Österreichs zu Bett gingen.“ Und dann natürlich den 8. Mai, an dem kurz vor Mitternacht die deutsche Heeresführung die Kapitulationsurkunden unterzeichnete.

Die Ausstellung beleuchtet auch einen Aspekt in diesem grauenvollen Endkampf, der von den Historikern bisher wenig Beachtung fand bzw. weitgehend tabuisiert worden ist: die Lynchjustiz an abgeschossenen alliierten Flugzeugbesatzungen. Georg Hoffmann hat bei seinen Untersuchungen an die 100 Fälle gefunden, in denen die SS und die Wehrmacht unter begeisterter Mitwirkung der Zivilbevölkerung feindliche Luftwaffensoldaten misshandelt und ermordet haben. Darüber herrschte jahrzehntelang Schweigen.

„41 Tage – Verdichtung der Gewalt“
Die Ausstellung ist bis 3. Juli am Heldenplatz und im Burgtor zu sehen. Im Oktober wird sie in Graz gezeigt.
www.oeaw.ac.at/41 Tage

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2015)

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