Heute vor... im Juni: Warum nennen wir die Italiener Katzelmacher?

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Ursache für den Spottnamen geklärt.

Neue Freie Presse am 30.6.1915

Im allgemeinen wird jetzt die Vorstellung herrschen, als ob in unserem Spottausdruck für den Italiener eine Anspielung auf „Katze“ stecke, „weil der Italiener schmeichlerisch falsch wie eine Katze“ ist. Aber nirgends findet sich das Wort „Katze“ in der Bedeutung „Intrige“, „falsche Handlung“, „schmeichlerisches Benehmen“ u.a. In Wahrheit liegt der Ursprung des Ortes anderswo. Der Katzelmacher ist ein Kesselflicker; in Südtirol kennt man den Gatzelmacher, das ist ein Mann, der „Gatzel“ macht und verkauft. Das Gatzel ist ein kupfernes Schöpfgefäß mit langem Stil, das zum Milchschöpfen in der Käserei, aber auch sonst in der Bürgersküche Verwendung findet. Da sich nun hauptsächlich die Italiener mit der Verfertigung dieser kleinen Gefäße beschäftigen, die sie von Haus zu Haus ziehend zum Verkauf bringen, wurden zunächst die italienischen Hausierer „Gatzelmacher“ benannt und die Heimat des Wortes ist ohne Frage im österreichisch-italienischen Grenzgebiet zu suchen.

Ausflüge entlang der Südbahnstrecke

Jeden Sonntag dasselbe Ritual: Rucksack schultern!

Neue Freie Presse am 29.6.1915

In keinem anderen Frühling hat es den Stadtmenschen so heftig hinausgelockt. Nie war der Wunsch so stark, dem unerbittlichen steinernen Aufenthalt mit seinem vielfachen Lärm und Zwang für einige Sonntagsstunden zu entweichen, um draußen wirklich zu atmen, nichts zu hören, nichts zu sprechen und um eine Weile sich selbst und alles andere zu vergessen.  Am Samstag nachmittag meldet sich immer der Wunsch, einen Tag lang auszuspannen und man holt schon das Touristengewand, die schweren Stiefel und den Rucksack hervor und sucht auf der Wienerwaldkarte nach einem Fleck, wo man sich erholen kann. Die mit der Straßenbahn erreichbaren Ziele, das sind sozusagen die Anfangsbegriffe des Ausfliegens: Nußdorf und Kahlenberg, von Hütteldorf auf die Sophienalpe oder von Neustift am Walde übers Hameau nach Neuwaldegg hinüber. Aber am schönsten und erfrischendsten sind doch die Ausflüge längs der Südbahnstrecke, und es sind fast immer dieselben Leute, lauter Südbahnstammgäste, die sich auf dem Bahnhof einfinden. Es gibt da ganz bestimmte Kategorien, Menschen, die jeden Sonntag genau den nämlichen Ausflug machen: auf den Anninger, von der Hinterbrühl nach Heiligenkreuz, von Baden aufs Eiserne Tor, und denen das niemals langweilig wird. Die Frauen tragen alle die moderne Touristentracht, fußfreien Rock, hohe gelbe Schuhe, eine bunte Jacke und ein Lederhütchen, das angeblich sehr praktisch und wetterfeste und jedenfalls sehr kleidsam und kokett ist. Am Abend macht man den Abstieg runter ins Helenental, hört Kurmusik, geniert sich zuerst vor den elegant gekleideten Damen und Herren und ihren prüfenden Lorgnons, trägt dann aber das Touristengewand, die staubigen Schuhe und die selbstgepflückten Blumen mit einem trotzigen Stolz an ihnen vorüber.

Der Kampf gegen Bakterien

Jeder Arzt ist Bakteriensucher geworden.

Neue Freie Presse am 28.6.1890

Die kleinsten Feinde des Menschen, die Davide, welche sich gegen den Riesen Goliath aufbäumen, sind seine größten und gefährlichsten. So und so viele tausend Bakterien, der Länge nach neben einander hingelegt, füllen erst einen Millimeter aus, aber gleichwohl muss zur Bekämpfung derselben ein Heer von Ärzten, ein Arsenal von Heilkörpern aufgeboten. Bakterien überall! Das ist das Losungswort der Gegenwart. Tuberkulose und Cholera, Wundfieber und Aussatz, sie treten ein, wenn die winzigen Pflänzchen den Menschen anfallen. Jeder Arzt ist Bakteriensucher geworden. Viele behaupten, die meisten Krankheiten werden von den unsichtbaren Feinden hervorgerufen. Ist es erwiesen, dass bestimmte Bakterien tierische Gewebe in so bestimmter Weise irritieren, dass Krankheitsformen entstehen, so liegt auch die Vermutung nahe, dass der Krebs, eine der furchtbarsten Geißeln der Menschheit, durch einen kleinen Organismus bedingt ist. Nach diesem Übeltäter wäre mit allem Eifer zu recherchieren. Theodor Billroth schreibt: „Wir werden auch Mittel finden, die Tuberkel-Bazillen und die noch nicht bekannten Krebs-Mikroben zu töten, um den schon halb gestorbenen Körper vom Tode zu retten. Das sind die Großen Aufgaben, vor denen die folgenden Generationen stehen.“

Gedanken zum Jahrestag von Sarajewo

Das Gleichgewicht der Kräfte hat den Krieg nicht verhindert.

Neue Freie Presse am 27.6. 1915

Franz Ferdinands Ermordung war der Ausgangspunkt, aber nicht der Mittelpunkt in den Ursachen, die eine der schwersten Krisen über die Menschheit gebracht haben. Der Krieg war nicht durch unsern, sondern durch fremden Willen reif geworden und wäre ohne den Mord von Sarajewo gekommen, weil die Persönlichkeiten an der Spitze der Länder unserer Feinde ihn längst vorbereitet hatten. … Die erstaunlichste aber aller unerwarteten Wendungen, die schmerzlichste zugleich, ist es, dass dieser furchtbare Krieg noch immer fortdauert, noch immer nicht seinem Ende zuneigen will. Wer hätte das vor elf Monaten gedacht, zu denken gewagt! Wenn der Krieg das Unwahrscheinliche war, so erschien ein langer Krieg als das Unmögliche. Je besser man den Krieg vorbereitet hatte, umso fester glaubte man an den Frieden. Seit vier Jahrzehnten und länger arbeitete die Technik, die Wundertäterin unseres Zeitalters, fast bloß noch für die Kunst der Massenvernichtung von Menschenleben. Mit jeder neuen Entdeckung entstand sofort die Frage, wie sie sich im Krieg bewähren würde. Hauptsache war ihr militärischer Wert. Die Erfindungen auf dem Gebiet der Elektrizität, die Neuerungen im Verkehr zu Wasser und zu Land, die Lösung des Flugproblems, alles wurde nach diesem einen Ziele hin gewendet, und so erreichten in der Tat alle Staaten eine wunderbare Vollkommenheit der Waffenrüstung. Doch gerade weil die schimmernde Wehr in allen Staaten gleich stark zu sein schien, gerade durch dieses Gleichgewicht der Kräfte hoffte man den Krieg aus der Welt zu schaffen. Diese weitverbreitete Meinung wurde zum unumstößlichen, weltgültigen Lehrsatz geschmiedet. Nun, nach einem Jahr, donnern die Kanonen noch immer.

Paris nimmt den Kutscherstreik mit Humor

Betrunkene Ersatzleute kennen weder Paris noch können sie fahren.

Neue Freie Presse am 26.6.1865

Die Arbeitseinstellung der Kutscher in Paris dauert noch an, so wurde es der zuständigen Compagnie gestattet, sich mit Hintansetzung aller Polizeivorschriften neue Kutscher zu verschaffen. Doch bei der Anwerbung der neuen Kutscher wurde weder darauf gesehen, dass dieselben anständig gekleidet sind, noch darauf gehalten, dass sie Paris kennen oder zu fahren verstehen. Viele Unglücksfälle sind die Folgen dieses Verfahrens. Dass übrigens nicht mehr als dreißig bis vierzig Unglücksfälle pro Tag bisher vorkamen, ist noch zu verwundern, da viele der neuen Kutscher der Gesellschaft sich nach ihrer Anwerbung volltrinken und mit einer Unvorsichtigkeit durch die Straßen fahren, die jeden mit Besorgnis erfüllen muss. Einer dieser betrunkenen Kutscher stürzte sogar vom Bock herunter, nachdem er drei Personen überfahren hatte. Zuletzt hatte man begonnen, die Sache von ihrer heiteren Seite zu betrachten. Für das Vaudeville-Theater wird ein Stück vorbereitet, das „Die Arbeitseinstellung der Hausmeister“ heißt, und in den Folies Dramatiques wird man nächstens spielen: „Paris ohne Wagen.“

Heute vor 150 Jahren: Am Ende hängt ja doch alles von der Finanzfrage ab

Schamesröte über finanzielle Bedrängnis bei den Staatsfinanzen.

Neue Freie Presse am 25.6.1865

Das öffentliche Interesse ist gegenwärtig in Österreich fast ausschließlich von der Finanzfrage beherrscht. Alle anderen Angelegenheiten, die sich sonst noch auf die Tagesordnung drängen, treten vor der Finanzfrage zurück. Unter den hundert politischen Fragen, welche bei uns auf parlamentarischem Weg zur Sprache gebracht werden, gibt es keine, die nicht mit der Finanzfrage zusammenhängt. Man mag von der Ministerverantwortlichkeit reden oder von der Reform des Zivilprozesses, vom Kriegsbudget oder vom Eisenbahnbau: immer sollte ein die Aufgabe in ihrer wahren Natur erfassender Minister in Österreich die Dinge nach ihrer Wirkung auf den Staatskredit, auf das Budget, auf die Steuern, auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes beurteilen. Derzeit sitzen wir in unserer, wenn auch noch unvollendeten, constitutionellen Säulenhalle, in welche wir vor vier Jahren eingezogen, aber es will darin nicht heimelig werden; es fehlt am nötigsten Hausrat und die finanziellen Mittel beginnen zu versiegen. Jedermann fühlt die peinliche Verlegenheit, und in wem nicht der letzte glimmende Funke von Vaterlandsliebe erloschen ist, dem treibt die Enthüllung von der finanziellen Bedrängnis die Schamröte ins Gesicht. Ein Mann, der jahrelang nur mit Hilfe von Wucherern seine Existenz fristet, wird, mag er von Hause aus noch so feinfühlig sein, durch die Gewohnheit abgestumpft gegen die Demütigungen, die ihm seine Gläubiger bereiten; ist er aber nicht ganz korrumpiert, so hat er auch helle Momente, in denen er sich der ganzen Erniedrigung bewusst wird, welcher er sich leichtsinnig preisgegeben hat.

Ein Gymnasium für Wien im gotischen Stil

Das neue akademische Gymnasium ist fertiggebaut.

Neue Freie Presse am 24.6. 1865

Das neue akademische Gymnasium, welches vom Dombaumeister Schmidt gebaut wird, nähert sich seiner Vollendung. Es ist in jener strengen und tüchtigen Methode der Gotik behandelt, welche Schmidt bekanntlich wie kaum ein Zweiter beherrscht. Wir haben in diesen Blättern schon einmal begründete Einwürfe dagegen erhoben, ob der gotische Stil überhaupt für ein Gymnasium passt. In den Gymnasien werden heutzutage vorzüglich humanistische und naturwissenschaftliche Studien betrieben, und es schiene deshalb die Renaissance viel geeigneter für solche Bauten, als die Gotik. Ein gotisches Gymnasium wird immer eine große Ähnlichkeit mit einem Kloster oder bischöflichen Seminar an sich tragen. Abgesehen aber von diesem Umstande kann man mit diesem Gebäude nur zufrieden sein; dieser charakteristische Bau ist eine wahre Wohltat gegenüber den meisten Zinshausbauten des Stadterweiterungs-Rayons und jedenfalls ungleich besser als die Schulbauten und Versorgungshäuser, welche der löbliche Gemeinderat stets durch sehr untergeordnete Talente ausführen lässt.

Ein Land jubelt: Lemberg gehört wieder zu uns

Freudenkundgebungen in der gesamten Monarchie.

Neue Presse am 23.6.1915

Die Eroberung von Lemberg ist eines der größten Ereignisse in diesem Krieg, vielleicht das größte. Was gestern geschehen ist, war nicht bloß die Vertreibung der Russen aus der Hauptstadt von Galizien und nicht bloß die Zertrümmerung ihres Planes, Ostgalizien, oder, wie sie es in ihrem Kauderwelsch nannten, Rotrussland, von der Monarchie loszureißen, sondern auch ein Sieg in einer folgenschweren Durchbruchsschlacht. Die russische Politik ist seit langer Zeit der Vampir gewesen, der an Europa saugte und jetzt ist er abgeschüttelt und allgemein ist die Empfindung, als ob die Menschheit von einem drohenden Übel entlastet wäre. Die Eroberung von Lemberg ist auch politisch nicht bloß die Einnahme der Hauptstadt von Galizien. Dieses Land ist zum größten Teil vom Feind befreit, und politisch kann bereits damit gerechnet werden, dass die Fremdherrschaft in diesem Kronlande, wie es auch in der Bukowina bereits geschehen ist, gänzlich werde gebrochen werden können.

Beschwerde über den unzuverlässigen Stellwagen

Pflichtvergessener Kutscher verärgert Fahrgäste.

Neue Freie Presse am 22.6.1865

Herr Redakteur! Von einem Besuche in Oberdöbling nach der Stadt zurückkehrend, wollte ich letzten Mittwoch abends kurz vor 9 Uhr einen bei Zögernitz‘ Casino stehenden Stellwagen benützen. Ich frug den Kutscher, ob er bald fahren werde. „Jo i fahr heut‘ gar nimmer, vielleicht wann i ganz voll bin, dass i noamal eini fahr“, war die Antwort, welche ich erhielt, und da aus derselben hervorklang, dass ein ganz voller Wagen nicht die Gewissheit bot, von dem Herrn Kutscher in die Stadt befördert zu werden, so blieb mir und den andern fünf ebenfalls wartenden Passagieren, worunter zwei Frauen, nichts übrig, als zu Fuß in die Stadt zu gehen. Es frägt sich nun, ob es der Stellfuhr-Unternehmung freigestellt ist, mit dem Publikum auf eine so rücksichtslose Weise zu verfahren, ob keine Zeit vorgeschrieben, bis zu welcher der Kutscher zur Fahrt verpflichtet ist, und ob das Publikum nicht ein Recht hat zu fordern, dass an einem so außerordentlich frequenten Orte wie Döbling, wo die aus der ganzen Umgebung zurückkehrenden Städte sich sammeln, der Verkehr bis mindestens 10 Uhr Abends stattfinde. Achtungsvoll A.L.

(Anmerkung: Bei dem genannten „Stellwagen“ handelt es sich um einen fahrplanmäßigen Kutschendienst von den Wiener Vorstädten bzw. Vororten in die Stadt hinein. Im Unterschied zu Lohnwagen oder Zeiselwagen besaßen Stellwagen fixe Routen, meist waren die Standplätze bei Gasthöfen wie hier beim Casino Zögernitz in Döbling oder etwa beim Dommayer in Hietzing. Diese Stellwagen privater Fuhrwerksunternehmer waren bis zur Einführung der Pferdestraßenbahn die einzigen Verkehrsmittel für die große Masse der Bevölkerung, weil ihre Tarife relativ erschwinglich waren. Erst durch den Stellwagenverkehr kam es zum Aufblühen der Vergnügungsetablissements in den Vororten. Nachteil: Offensichtlich war man auf das Wohlwollen der Kutscher angewiesen. Die 1865 eingeführte schienengebundene Pferdetramway verwendete anfangs stellwagenähnliche Fahrzeuge mit ihrer typischen Kastenform. Die letzte Stellwagenkonzession lief erst 1913 aus. )

Wilde Mülldeponie beim Schottentor

Ehemaliger Stadtgraben wird mit Unrat gefüllt.

Neue Freie Presse am 21.6.1865

Die größte Düngergrube Wiens befindet sich vor dem ehemaligen Schottentor. Bekanntlich ist dort ein Teil des sehr tiefen ehemaligen Stadtgrabens noch nicht zugeschüttet. Es wurde nun Privaten gestattet, Schotter, Erde und Baugerölle daselbst abzuladen. Von dieser letzteren Erlaubnis wird jedoch nur äußerst selten Gebrauch gemacht, hingegen aber Unrat aller Art, teils aus den umliegenden Häusern, teils aber auch aus größerer Ferne dahin gebracht und dort abgelagert. Wie dies schon öfters geschah, so erschienen auch heute um halb 1 Uhr Mittags 2 Fleischhauerwagen daselbst, auf denen sich beiläufig 20 Butten mit allerlei Abfällen vom Fleischerhandwerk, Blut, Knochen, Gedärmteile u. dgl. befanden, welche sämtlich geradezu in den Stadtgraben ausgeleert wurden. Wir wiederholen, dass Ähnliches in den letzten Wochen schon öfter geschah. Diese ebensowohl für die Augen als für die Geruchsorgane höchst unerquickliche Ablagerungen bleiben natürlich so lange unbedeckt liegen, bis sich nach und nach wieder einige Schotterwagen einfinden und durch ihre freiwilligen Spenden jene animalischen Überreste wieder verdecken.

Wiens Botschaftsviertel völlig verwaist

Teile des 3. Bezirks bieten einen trostlosen Anblick.

Neue Freie Presse am 20.6.1915

Wie vieles in der Welt ist anders geworden seit dem vorigen Juni. Dort drüben schimmert, über die Häuser am Rennweg hinaus ins Weite schauend, das grün-patinierte Kupferdach des Belvedereschlosses. Seine stolzen Kuppeln wölben sich nun über einem entseelten Gehäuse. Dieser Palast ist ja der erste gewesen, der leer wurde, jetzt vor einem Jahr. Am 23. Juni war es, da fuhr der Erzherzog Franz Ferdinand mit dem Abendzug der Südbahn von Wien ab, um niemals wieder zu kommen. Und dann haben sich, wenige Wochen später, die Wohnungen der Botschafter geschlossen. Nun haben wir seither diese leeren Häuser in Wien, die eine stumme, aber beredsame Sprache reden und von Begebenheiten erzählen, die niemals noch da gewesen sind. Vorbei an den verlassenen Wohnstätten der Vertreter Serbiens, Russlands, Großbritanniens, Frankreich, Japans, Belgiens und Italiens, das ist ein Stück neuartiger, ungeheuerlicher Weltgeschichte. Aber das dauert nun seit fast einem Jahr und weil sich der Mensch auch in das Unerhörte fügt, staunen wir schon gar nicht mehr über einen Zustand, der noch vor zwölf Monaten selbst der tollsten Phantasie unglaubhaft und gar nicht vorstellbar erschienen wäre.

Urlaubsträume im Süden sind ausgeträumt

Schlachtberichte statt Urlaubskarten.

Neue Freie Presse am 19.6.1915

Was ist aus den Sommerträumen des Südens geworden? Spuk und Schaum. Dort, wo die Sorglosigkeit zu Hause schien, streckt jetzt der Krieg seinen Knochenarm aus, an den Platz der Reisebriefe sind die Schlachtberichte getreten, und wahrhaftig, wenn die hässlichsten unserer Feinde, die Italiener, über die Grenze zu uns herüberschießen, nehmen sie mit den Grenzforts jedem von uns eine teure Erinnerung aufs Korn, jedem ein Stück Weges, wo er vom Herzen glücklich war, einen Fleck Natur, dem die persönliche Dankbarkeit von tausenden, hunderttausenden Österreichern gehört. Das sind ja nicht irgendwelche Dörfer und Städte, um die gerungen wird, nicht Knoten oder Höhenstellungen, deren Wert nur der geschulte Stratege ermessen kann – das sind unsere Dolomiten, über die statt des Steinadlers jetzt die Kugel der Kanonen fliegt. Wer war denn dort unten nicht schon einmal glücklich? Von den Fürsten hinab bis zum kleinen Beamten oder Gehilfen, der einen Winter lang für seine drei Urlaubswochen spart, hat jeder von uns einmal aus der Luft Südtirols neue Kraft zum Leben geschöpft. Der neue Krieg hat das alles auf den Kopf gestellt. Anstatt dass wir jetzt zu ihnen hinunterreisen, zu unseren südlichen Brüdern, sind sie selbst urplötzlich zu Reisenden geworden. Die Anrainer des südlichen Kriegs müssen selbst ihr Haus verlassen.

Französischer Fliegerangriff auf Karlsruhe

Bomben wahl- und ziellos über die Stadt ausgestreut.

Neue Freie Presse am 18.6.1915

Die Fliegerangriffe auf unbefestigte Städte zählen mit zu den ruchlosesten Entartungen der Kriegführung durch die Ententemächte. Nun haben sie, wie der deutsche Generalstabsbericht meldete, Karlsruhe am Morgen des 15. Juni durch Flieger mit Bomben belegen lassen. Es waren sechs Flieger, die eine Stunde über dem Zentrum der Stadt und über den übrigen Stadtteilen in etwa 2000 Meter Höhe schwebten, wo sie ihre Bomben völlig wahl- und ziellos über die Stadt ausstreuten. Es wurden infolgedessen, trotzdem sich die Leute so rasch wie möglich in die Häuser und Keller geflüchtet hatten, durch Bombensplitter elf Personen getötet und fünf schwer verletzt. Die Bomben schlugen vielfach in Privathäuser  ein und drangen bis zum zweiten Stockwerk durch, sodass der Materialschaden sehr erheblich ist. Hingegen ist der in militärischer Hinsicht angerichtete Schaden völlig bedeutungslos, da die Flieger ihre Ziele sämtlich verfehlt haben. Die Flieger kehrten etwa um halb acht Uhr, nachdem sie von den Maschinengewehren und den Ballonabwehrkanonen heftig beschossen worden waren, in der Richtung nach Westen wieder zurück. Bekanntlich wurde eines der Flugzeuge durch einen deutschen Aviatiker heruntergeholt. Die Bombardierung von Reims durch die Deutschen, die heute gemeldet wird, ist die notwendige Antwort auf das Vorgehen der Franzosen gewesen, die ihnen vielleicht doch die Lust zu solchen militärisch wertlosen und daher überflüssigen Grausamkeiten nehmen wird.

(Anmerkung: Insgesamt wurde Karlsruhe im Ersten Weltkrieg 16 Mal von der Luft aus angegriffen, da hier zahlreiche Militärdienststellen waren, dabei wurden 168 Menschen getötet und 344 verletzt. Bombenabwürfe aus Flugzeugen waren noch neu und erfolgten meist aus großer Höhe, daher und wegen des Fehlens von wirksamen Zielvorrichtungen waren die Angriffe sehr unpräzise. Hier stimmt der Bericht der Zeitung. Die Zahl der Opfer wird nicht exakt wiedergegeben: Am 15. Juni 1915 wurden 50 Menschen getötet und 30 teilweise schwer verletzt. Es hat vorher Warnungen gegeben, sie wurden von den Menschen aber nicht ernst genommen, Flugzeuge am Himmel waren ein noch neuer Anblick, der die Neugier weckte und die Menschen eher aus den Häusern lockte. Selbst bei der zweiten Angriffswelle befanden sich daher viele auf den Straßen und blickten neugierig in den Himmel. Der Angriff fand zwei Tage vor den geplanten Feiern zum 200. Jubiläum der Stadtgründung statt. Im Lauf des Ersten Weltkriegs hatten die badischen Städte rund 100 Luftangriffe zu überstehen, die meisten davon Freiburg.)

Einer der bedeutendsten Momente der Kunstgeschichte

Die Premierenkritik von „Tristan und Isolde“ füllt mehrere Seiten der Zeitung.

Die Presse am 17.5.1865

Am Samstag den 10. Juni haben Tristan und Isolde vor den Augen des versammelten Publikums zum erstenmal ihren Bühnengang unternommen und denselben, obwohl sehr ermüdet, doch glücklich bestanden; am Dienstag den 13. Juni wurde derselbe vor einem weit schwächer besetzten Hause mit nicht geringerem Glücke wiederholt. Das Publikum hat diese Attaque auf seine Nerven mit Heldenmut ausgehalten; es sind wenigstens keine Nachrichten von hysterischen Anfällen und Nerven-Affectionen vermeldet worden. Durch beide Vorstellungen ist mithin der Beweis geliefert worden, dass die letzten Konsequenzen Wagners wirklich ausführbar sind, sofern sich nur außerordentlich eingerichtete Gesangskräfte zu dieser Herkulesarbeit herleihen und die möglichen Folgen für ihre Organe nicht scheuen. Man mag zu den Anhängern oder Gegnern Wagners gehören, oder wie es bei jedem Kunstrichter der Fall sein sollte, sich auf neutralem Boden halten: in jedem Falle muss man anerkennen, dass die Aufführung dieser Schöpfung eines der bedeutendsten Momente in der Kunst- und Kulturgeschichte abgibt.

Schicksalsfluss Isonzo

Die historische Mission eines Flusses.

Neue Freie Presse am 16.6.1915

Am Isonzo ist unsere militärische Grenze, hier schimmert die Waffenwehr, hier laufen die jüngsten Schützengräben, die Bäumen und Feldern die Wurzeln zerschnitten, eben als sie blühen und treiben wollten, hier starren die Drahtverhaue, schrecken die Minen. Die jetzt nach den ersten Grenzplänkeleien und gegenseitigen Abtastungsversuchen mit vollen Kräften einsetzende Schlacht am Isonzo musste sich an dieser Flusslinie entwickeln. Sie ist das logische Ergebnis der natürlichen und strategischen Bedingungen des Landes. Sein smaragdgrünes, moosfarbiges Wasser, märchenhaft schön, führt um die Dörfer und Weiler, in denen der slowenische Gebirgsbauer ein karges Leben fristet, er schäumt mit weißen Gischtkämmen wie die Borawellen des Meeres um die grauen Kalkblöcke seines Bettes, es brandet um die Pfeiler von Viadukten und Brücken kühnster Konstruktion, über die der Eilzug nach Triest fliegt. Seine historische Mission erfüllt der Fluss in seinem Mittellauf zwischen Görz und Gradiska derzeit wieder: dort, wo die Schlacht am heftigsten wogt, hält er wieder den Feind auf in uralter, geschichtlicher Bestimmung. Viel Kampf ist über diese jahrtausendealte Grenzzone am Isonzo schon dahingebraust, in der politische, nationale und wirtschaftliche Interessen aufeinanderstießen. Sie ist, wie das benachbarte Friaul, Venetien und die Lombardei, eines der großen, klassischen Kampffelder Europas.

Krankenschwestern an der Front

Zwei Frauen betreuen zweihundert Verwundete.

Neue Freie Presse am 15.6.1915

Zwei junge Frauen in grauer Felduniform. Die eine ist blond, die andere braun, aber das kurz geschnittene Haar, das in trotzigen Strähnen unter der Offiziersmütze hervorquillt, verleiht dem Antlitz einen harten, verwegenen Ausdruck. Man merkt ihnen an: Sie kommen mitten aus dem Krieg. Die beiden weiblichen Krieger sind von Beruf Krankenschwestern und sie tragen auch die Ehrenmedaillen vom Roten Kreuz an der Brust. Schwester Anna aus Krumpendorf und Schwester Hansi aus Schladming sind ihrem Kärntner Hausregiment als freiwillige Pflegerinnen gefolgt, sie haben die Wintergefechte bei Jodlawa und Gorlice mitgemacht, sind auch bei dem sehr schwierigen Vormarsch in den Ostkarpaten nicht zurückgeblieben und standen bei der blutigen Erstürmung der von den Russen hartnäckig verteidigten Höhen stets in den vordersten Reihen ihres Regiments. Wegen ihrer beispiellosen Tapferkeit hat das Regiment die beiden Schwestern zu Kadetten ernannt.

Sie tragen die Uniform ihres Regiments, wie sie mutig sein Schicksal teilen. Man lauscht gespannt, sobald sie zu erzählen beginnen, wie das Regiment in die östlichen Karpaten kam. Man traf dort schon auf Scharen von Verwundeten, die nicht weiter transportiert werden konnten; nach rückwärts ging's nicht wegen der steil abfallenden, verschneiten Pfade und nach vorn war der Weg noch nicht offen. Da mussten die Schwestern Hansi und Annie bei den 200 Verwundeten zurückbleiben, während das Regiment weiterzog. Von einer vorüberziehenden Staffel bekamen sie einen Sack Erbsen, die ihnen und den Verwundeten für die nächsten Tage Nahrung boten. Schwärme von Kosaken beunruhigten die Gegend, aber die beiden Frauen harrten bei ihren Schutzbefohlenen aus, betreuten sie, verbanden ihre Wunden. Endlich, am fünften Tage kamen ein paar Bauernschlitten, auf denen man die Verwundeten, so gut es sich eben tun ließ, zu Tale förderte. Erst als der letzte Mann geborgen war, machten sich auch die beiden Frauen auf den Weg, um ihr Regiment wieder zu erreichen. Sie legten täglich zwanzig Kilometer zurück, eine erstaunliche Leistung, weil es immer wieder steile Bergrücken bei Glatteis oder tiefem Schnee zu überwinden galt. Auch mussten die Frauen ihre Rucksäcke selber tragen, dann zwei schwere Verbandzeugtaschen, ihre Feldflaschen, Decken und Zeltblätter und den Revolver. Als sie nun endlich ihr Regiment einholten, herrschte großer Jubel. Man schien sehr gerührt die Schwestern wiederzusehen.

Ausflug der Waisenkinder nach Laxenburg

Höhepunkt ist ein Treffen mit dem Kaiser.

Die Presse am 14.6.1865

Die Zöglinge des k.k. Waisenhauses machten gestern in Begleitung des Hausarztes, mehrerer Schulbrüder und Lehrer mittelst Südbahn einen Ausflug nach Laxenburg. Dort angelangt, wohnten sie in der dortigen Pfarrkirche einer Messe bei, worauf sich der Zug in das Gasthaus „zum Stern“ bewegte, wo ein Frühmahl eingenommen wurde. Sodann zogen die Zöglinge in den Park zu der alten Burg und zu den Schiffen, wo ein tolles Treiben der Jungen begann. Um ein Uhr wurde diniert. Nachmittags um ¾ 5 Uhr erschien Se. Majestät in Begleitung eines Herrn Adjutanten unter der fröhlichen Schar, und sprach mit einem und dem andern der Zöglinge und erlaubte ihnen, ihm einige Lieder vorzutragen. Über eine halbe Stunde weilte Se. Majestät unter den Zöglingen und entließ sie, noch einige huldvolle Worte der Zufriedenheit äußernd.

Es gibt nur ein einiges, österreichisches Tirol!

Welschtirol wird nicht aufgegeben.

Neue Freie Presse am 13.6.1915

Der Durchschnitt der intelligenten, arbeitsamen Landbevölkerung in Italienisch-Tirol ist kaiser- und reichstreu gesinnt; sie hat kein Interesse an einer Lösung oder Lockerung des Landesverbandes. Wenn in den letzten Wochen vor Ausbruch des Krieges mit Italien im südlichen Landesteile Tirols ein Plebiszit mit geheimer Abstimmung veranstaltet worden wäre, hätten wohl 99 unter 100 Stimmen zugunsten der alten Heimat entscheiden. Wie überall, so hat auch hier der Krieg nach außen und  nach innen läuternd gewirkt. Wer bis zu diesen ewig denkwürdigen Tagen im Lande verblieben ist, der wird Österreicher und Tiroler bleiben, mit seinen späten Enkeln bis in die fernste Zukunft. Inzwischen haben die Kanonen zu sprechen begonnen und unter dem brausenden Echo der Berge dröhnend weit hinaus ins Feindesland verkündet: Es gibt nur ein einiges, österreichisches Tirol heute und immerdar! Dass diese Verkündigung wahr werde, dafür sorgt unsere siegesgekrönte Armee im Vereine mit den Söhnen des Landes, wackeren Standschützen, die wieder, wie 1809, aus allen Tälern herbeigeeilt sind, um mit Gott für Kaiser und Vaterland zu kämpfen. Das Etschland steht in treuer Hut.

Heitere Blütenlese von Kriegslügen

Die italienischen Zeitungen lügen wie gedruckt.

Neue Freie Presse am 12.6.1915

Zur allgemeinen Erheiterung eine Blütenlese der Kriegsenten, welche die italienischen Blätter ihren Lesern heute vorsetzen:

Eine Verordnung des Kaiser Franz Josef befiehlt die Einberufung aller  Männer vom 62. bis zum 75. Lebensjahre; ausgenommen sind nur die Lahmen und Blinden.

Infolge einer Verfügung der Minister des Innern Österreichs und Ungarns wird fortan dem Kriegsbrot in beiden Ländern ein hoher Prozentsatz Stroh beigemischt.

In Wien ist plötzlich eine furchtbare Choleraepidemie ausgebrochen; die Leute fallen wie die Fliegen um. Ärzte sind nicht zu haben, weil sie entweder tot oder im Felde sind. In der Verzweiflung wird den Kranken Petroleum verabreicht – alles umsonst, die Krankheit respektiert nicht einmal das Erdöl.

Giorgio Avente, ein 84jähriger Greis aus Tempio in Sardinien, hat sich als Freiwilliger beim Geniekorps gemeldet und wurde als Korporal zur Front geschickt. Für heute genug.

Treue im Land des Ungarvolkes

Große Loyalität beim Besuch des Kaisers in Ungarn.

Neue Freie Presse am 11.6.1865

Die Aufnahme, welche der Kaiser während seines viertägigen Aufenthaltes in der Hauptstadt des Ungarvolkes gefunden hat, ist ein Ereignis, dessen Bedeutung weit hinausreicht über die Leitha und die Karpathen. Wir täuschen uns nicht über die Natur der herzlichen Begrüßung, welche dem Monarchen in Pest-Ofen zuteil geworden, und verkennen keineswegs, dass es weniger eine Huldigung für den constitutionellen Kaiser von Österreich war, als eine warme, begeisterte Versicherung der Treue und Hingebung für den König von Ungarn. Hierin erblicken wir die Bedeutung des dem Kaiser und Könige vom ungarischen Volk bereiteten Empfanges. Über das Verhältnis zwischen Österreich und Ungarn bestehen auswärts ganz andere Ansichten. Man stellt sich dasselbe in der Weise vor, als harrte Ungarn trotzig schweigend des Augenblicks, um sich vom Kaiserstaate loszulösen. Man hält Ungarn für ein in seiner Nationalität schwergekränktes, nur durch die Gewalt niedergehaltenes Land, welches unter unerträglichem Druck seufzt und bei dem die monarchischen Gefühle völlig abgestorben sind. Diese irrige, aus einer völligen Verkennung des magyarischen Volkscharakters entsprungene Auffassung wird durch die jüngsten Kundgebungen in Pest-Ofen in einer Weise widerlegt, wie man es nirgends außerhalb Österreichs und Ungarns erwartet haben mochte.  

Österreich sucht einen Bauplatz für das Parlament

Kostengründe sprechen für ein gemeinsames Gebäude.

Neue Freie Presse am 10.6.1865

Die Freunde parlamentarischer Regierungsform, welche wünschen, dass dieselbe in Österreich auf festem Boden wurzle, verlangen, dass die beiden Häuser der Reichsvertretung (Herrenhaus und Abgeordnetenhaus) eigene stabile Gebäude besitzen, welche jenen Körperschaften, die daselbst tagen, würdig sind. Vor allem zwei Punkte müssen ins Auge gefasst werden: 1. Der Ort, wo die Parlaments-Gebäude ihren Platz finden sollen, und 2. die Frage, ob zwei gesonderte Gebäude aufgeführt werden sollen oder ein einziges. In den Kreisen des Abgeordnetenhauses hat sich die Meinung geltend gemacht, dass der Bau eines einzigen Parlamentsgebäudes dem von zwei gesonderten Häusern vorzuziehen sei. Vieles lässt sich in der Tat für diese Ansicht geltend machen. Es lässt sich nicht leugnen, dass dadurch die Kosten in mancher Beziehung verringert werden könnten, indem auf diese Weise die Bureaux für die Minister, Localitäten für Journalisten und Stenographen, welche bei der Trennung der Localitäten zweimal vorhanden sein müssten, unter einem Dach placiert werden können. Parlamentshäuser, wie öffentliche Gebäude überhaupt, verlangen weiters gewisse Raum-Dimensionen; man verlegt dergleichen Bauten meist in die Nähe größerer Plätze, um diese letzteren zu zieren und gleichzeitig den Gebäuden das nötige Licht zu verschaffen. Doch es hat in Wien zu allen Zeiten an großen öffentlichen Plätzen gefehlt. Nun hört man: Das Herrenhaus soll vor dem Burgtheater in der Nähe der Museen auf einem Platze zu stehen kommen, der an und für sich den Typus der möglichsten Unregelmäßigkeit hat. Aus der Mitte dieses Platzes wurde ein unregelmäßiges viereckiges Trapez herausgenommen und dem Architekten die Aufgabe gestellt, auf diesen Raum das Herrenhaus zu situieren.

Winston Churchill – ein kindischer Phrasenheld

Letzte Rede des zurückgetretenen britischen Marineministers.

Neue Freie Presse am 9.6.1915

Winston Churchill will noch immer nicht schweigen. Als Kanzler des Herzogtums Lancaster, als Inhaber einer Sinekure, hat er keinerlei Recht mehr, über die Angelegenheiten des Reiches mit Autorität zu sprechen, und ein Mann, dessen gesamte Amtsführung von beiden Parteien des Parlaments missbilligt wurde, der aus der wichtigsten Stellung im Ministerium entlassen werden musste, ein politisch Hingerichteter, sollte wahrhaftig wenigstens versuchen, von dem Lande vergessen zu werden. Aber gerade das ist es, was er nicht vermag. Sein Übermut und seine grenzenlose Verwegenheit reißen ihn hin und seine letzte Rede in Dundee ist eines der schlimmsten Beispiele von innerer Unwahrheit. Er behauptete, Heer und Flotte seien an den Dardanellen nur durch wenige Meilen Gestrüpp und einige Hügel von einem Siege getrennt, wie man einen solchen in diesem Kriege noch nicht gesehen hat. Dieser Sieg werde die Vernichtung des feindlichen Reiches, die Vernichtung des Heeres und der Flotte des Feindes und den Fall der weltberühmten Hauptstadt herbeiführen. So sieht die Wirklichkeit in den Augen eines Mannes aus, der vier Jahre lang Herrscher über die gewaltige britische Flotte war, und beinahe grauenhaft ist der Gedanke, dass die Geschicke eines großen Reiches manchmal in die Hände solcher kindischer Phrasenhelden gelegt sind.

Zulassung der Frauen zum Universitätsstudium

Frauenvereine protestieren gegen Männerprivilegien.

Neue Freie Presse am 8.6. 1890

Den Vorkämpfern gegen das Privilegium des männlichen Geschlechtes auf das ordentliche Universitäts-Studium, durch welches die Frauen von fast allen höheren Berufszweigen ausgeschlossen werden, hat sich nun auch eine bedeutende Anzahl Wiener Damen angeschlossen. Wie im März dieses Jahres die böhmischen Frauen, so haben heute die Wiener Frauenvereine dem Abgeordnetenhause eine Petition unterbreitet. In derselben wird erbeten, das Parlament möge eine Abänderung der das Studienwesen betreffenden Gesetze in dem Sinne beschließen, dass den Frauen unter denselben Bedingungen wie den Männern das ordentliche Universitäts-Studium an der philosophischen und medizinischen Fakultät nicht verwehrt, die Erlangung von akademischen Würden an inländischen Universitäten ermöglicht und die Bewerbung um Lehrkanzeln an höheren Lehranstalten für Mädchen, sowie für die Ausübung der ärztlichen Praxis als Frauen- und Kinder-Ärzte in den Ländern der österreichischen Monarchie gestattet werde. Zugleich bitten die Wiener Frauenvereine, das Abgeordnetenhaus wolle dafür eintreten, dass die von dem Verein für erweiterte Frauenbildung bereits in Angriff genommene Gründung eines Mädchen-Gymnasiums seitens der Regierung wirksam gefördert werde. In der Motivierung der Petition begegnen die gegen die höheren Studien der Frauen erhobenen Einwendungen, zum Beispiel die Zerstörung des Familienlebens, die bereits übermäßige Konkurrenz, die Vermehrung des gelehrten Proletariats usw., einer so gewandten, schneidigen Abwehr, dass die Herren Juristen sich freuen mögen, wenigstens ihr eigenes Gebiet noch nicht für die weibliche Konkurrenz in Anspruch genommen zu sehen.

Wien endlich mit seinen Vororten vereinigt

Ehemalige niederösterreichische Gemeinden werden zu Bezirken 11 bis 19.

Neue Freie Presse am 7.6. 1890

Das wird ein schöner Tag sein, an welchem die Vertreter der Vororte als Mitglieder einer großen, mit Wien vereinigten Gemeinde im Rathause erscheinen werden. Der Gedanke braucht nur ausgesprochen zu werden, um in vielen Herzen Sympathien zu wecken. Welchen Sinn hat die jetzige Zersplitterung und Trennung? Der Bürger von Währing und Fünfhaus fühlt sich als Wiener, er hat alle Bedürfnisse eines Großstädters, er sucht in Wien die Quellen des Einkaufs und findet in Wien seine Kunden, er lebt ganz in der Interessens-Sphäre der Stadt und ist mit ihr geistig und ökonomisch verwachsen. Es ist nicht zu verstehen, dass bei der Mariahilfer Linie, wo die lange Zeile der Häuser, die vom Praterstern bis zum Parktor des Schönbrunner Schlosses reicht, nur durch den Wall der Verzehrungssteuer unterbrochen wird, plötzlich das communale Ausland, eine künstliche Fremde beginnen soll. Jede Epidemie bedroht Wien und die Vororte gleichartig. Der Wienfluss verpestet Gaudenzdorf nicht minder als den Schwarzenbergplatz, überall zeigen sich Probleme, die gemeinsam zu lösen und vereint zu überwinden sind. Nur die Torsteuer konnte diese unnatürliche Sonderung erzwingen, und es war vielleicht das größte Übel dieser drückenden Abgabe, dass sie einen Gegensatz zwischen Wien und den Vororten schuf und so einen Organismus zerriss, welcher zur Einheit berufen ist. Jetzt werden die alten Liniengräben verschwinden, und damit entfällt auch der letzte Grund für die Erscheinung, dass an der Peripherie der Großcommune kleinere Gemeinden ihre Selbständigkeit bewahren.

(Anmerkung: Trotz aller Euphorie: Dieser Artikel ist eine Ankündigung, das neue Gemeindestatut wurde erst ein halbes Jahr später, am 9. Dezember beschlossen und trat am 1.1.1892 in Kraft. Warum waren die Vororte nicht früher eingemeindet worden (1849 gab es ja bereits Vorschläge)? Die Gemeindeverwaltung befürchtete zu große finanzielle Belastungen, es fehlte noch an Infrastruktur in den Vororten. Entscheidend war aber 1890 die Steuerbelastung, gemeint ist die sogenannte Verzehrungssteuer, eine staatliche Abgabe auf Artikel des täglichen Bedarfs (Lebensmittel vor allem), die in Großstädten wie Wien wesentlich höher war als in Landgemeinden.  Die NFP spricht daher von „unnatürlicher Sonderung durch die Torsteuer.“ Dadurch war das Preisniveau in Wien höher als in den Vororten, mit nachteiligen Folgen, wie Geldabfluss, Bevölkerungsabwanderung, Sozialgefälle. Zusammen mit den billigeren Mieten bedeutete das: man lebte in den Vororten (spätere Bezirke 11 bis 19) günstiger als in den Vorstädten (die späteren Bezirke 3-9) und in der Inneren Stadt. Diese Differenz bei der Verzehrungssteuer wurde nun durch die Eingemeindung hinfällig.)

Massaker an Armeniern – wer lügt?

Die türkische Regierung dementiert Behauptungen.

Neue Freie Presse am 6.6.1915

Frankreich, Großbritannien und Russland erklären: Seit etwa einem Monat begehen die kurdische und die türkische Bevölkerung Armeniens unter Duldung und oft mit Unterstützung der ottomanischen Behörden Massakers an Armeniern. Die Bevölkerung von etwa hundert Ortschaften wurde ermordet, gleichzeitig wütete in Konstantinopel die ottomanische Regierung gegen die harmlose armenische Bevölkerung. Angesichts dieser neuen Verbrechen der Türkei gegen Menschlichkeit und Zivilisation bringen die verbündeten Regierungen der hohen Pforte vor der Öffentlichkeit zur Kenntnis, dass sie für diese Verbrechen alle Mitglieder der ottomanischen Regierung ebenso wie jener ihrer Agenten, die sich an derartigen Massakers mitschuldig gemacht hätten, persönlich verantwortlich machen werden. Die kaiserliche ottomanische Regierung dementiert: Es ist vollkommen falsch, dass auf dem Gebiete des türkischen Reiches Massakers an Armeniern stattgefunden hätten, da diese nichts begangen haben, was geeignet gewesen wäre, die Ordnung und die öffentliche Ruhe zu stören. Diese Wahrheit ist übrigens den Konsuln der neutralen Mächte bekannt. Die diesbezüglichen Anschuldigungen der Regierungen der Tripelentente sind demnach nichts als Lügen der Agenten der Tripelentente, die jede Gelegenheit benützen, um die armenische Bevölkerung zur Auflehnung aufzureizen.

Das neue Modewort: Fin de siècle

Übersättigung, Nihilismus, aber tadellose Eleganz.

Neue Freie Presse am 5.6.1890

Das neunzehnte Jahrhundert ist alt und müde geworden und wankt zu seinem Ende hin.  In uns, die wir das alte Säculum verenden sehen, entsteht eine eigentümlich zwiespältige Stimmung, ein schwebender Accord, in welchem Todesahnung und gesteigertes Lebensbedürfnis in einander klingen. Zur Bezeichnung dieses Seelenzustandes haben die Pariser ein Wort gebildet, das vor etlichen Jahren auftauchte und jetzt Hans Dampf in allen Gassen geworden ist. Keine Zeitung, kein Roman, kein Theaterstück, wo man es nicht findet, wo nicht der und der oder dies und das als „fin de siècle“ gelobt oder getadelt wird. Das Wort schmückt und verunziert seinen Mann. Zu übersetzen ist es nicht, und was es eigentlich bedeutet ist auch nicht leicht zu sagen. Das Wort passt auf alle die außerordentlichen Dinge, die wir täglic h erleben und die uns das Verwundern nachgerade ganz abgewöhnt haben. Was man nie für glaublich gehalten hätte und woran man jetzt glauben muss, die möglich gewordene Unmöglichkeit, das denkbare Undenkbare, das ist fin de siècle. Vor allem aber versteht man darunter einen besonderen Gemütszustand des alternden Jahrhunderts, seine Übersättigung, seine ungeheure Blasiertheit, wie sie sich namentlich der modernen Jugend mitzuteilen scheint. Eine furchtbare Öde des Gemütes, eine bodenlose Gleichgültigkeit gegen Alles, was das menschliche Leben bedeutender macht, es erhebt und erheitert, ein abgrundtiefer Nihilismus des Fühlens und Denkens, dazu eine tadellose „ultrabritische“ Eleganz, ein schöner Rock, der die hohle Null bekleidet – das ist der junge Baron, den seine Freunde geradezu Baron Fin de siècle nennen.

Großer Jubel: Przemysl zurückerobert!

Die wichtige galizische Festung wieder in österreichischer Hand.

Neue Freie Presse am 4.6.1915

Przemysl gehört uns wieder! Die Nächte des Juni sind kurz und die Morgenröte dürfte sich am Himmel schon verbreitet haben, als die verbündeten Truppen, unser ruhmreiches zehntes Korps von West und Süd und die deutschen Truppen vom Norden, in die Stadt eingedrungen sind. Die Meldung von diesem Siege nach einem Kampfe von etwa neunzehn Tagen hat in der Monarchie unsagbare Freude hervorgerufen und wird den tiefsten Eindruck auf unsere Feinde machen. Denn nicht wir, sie haben Przemysl vor der Welt wie einen Eckpfeiler des Kriegserfolges geschildert; sie haben den Fall einer von Hunger bezwungenen Festung mit Ruhmredigkeit in alle Erdteile hinausgeschrien. Doch auch uns ist das in neunzehn Tagen zurückeroberte Przemysl sehr viel.  Die Nachricht von dem Fall der Festung ist den Völkern der Monarchie ein Wahrzeichen, das ihnen verkündet, sie mögen furchtlos des Weges fortziehen dem Tag entgegen, der trotz aller Häufung von Feindseligkeiten den Frieden mit Ehren bringt.

Werden jetzt alle Österreicher Vegetarier?

Ein Feuilleton über die fleischlosen Tage in Kriegszeiten.

Neue Freie Presse am 3.6.1915

Derzeit bietet sich eine günstige Gelegenheit, alles das gutzumachen, was man lange Jahre hindurch an sich gesündigt hat. Deshalb bin ich von diesen jetzt angeordneten zwei  fleischlosen Tagen in der Woche ehrlich begeistert. Wenn man, wie die meisten Stadtmenschen, ein leidenschaftlicher Carnivore ist, empfindet man diese neue Einschränkung wie eine Wohltat. Oft haben wir uns beim behaglichen Verspeisen eines Beefsteaks trübe Gedanken über die schädlichen Folgen des allzu reichlichen Fleischgenusses gemacht, vor dem mich auch einer meiner Freunde immer eindringlich warnt, ein sehr sympathischer Mensch, der in seiner freien Zeit abwechselnd Hypochonder und Vegetarier ist. Er bemüht sich schon seit Jahren, mich zu seinen Anschauungen zu bekehren, zu welchem Zweck er mir bei jeder Gelegenheit beweist, dass ich, wie alle Städter, dreimal so viel esse, als mein Organismus eigentlich nötig hat, dass meine Nahrung ganz unrichtig zusammengesetzt ist, dass ich viel zu viel Fette, Eiweiß und Stickstoff zu mir nehme. Wenn es nach ihm ginge, sollte ich nicht im Restaurant speisen, sondern in einem chemischen Laboratorium, in der einen Hand eine Ernährungstabelle, in der anderen eine Apothekerwaage. Er bemüht sich auch schon lange vergebens, mich zum Besuch eines von ihm enthusiastisch gepriesenen vegetarischen Speisehauses zu bewegen.  Jetzt also kommt mein Freund mit seinen Kohlehydraten und seinen Ernährungsregeln zur Geltung. So vertiefe ich mich in die Speisekarte des vegetarischen Restaurants. Sie ist sehr lesenswert und bereitet einem eine frohe Überraschung, weil man zunächst lauter Bezeichnungen von Fleischspeisen sieht, aber man wird bald enttäuscht, denn es handelt sich nur um Champignonbeefsteaks und Karottenschnitzel. Also ich muss schon sagen, dass ich das nicht in Ordnung finde, denn wenn man etwas verpönt, so imitiert man es nicht und borgt sich nicht den Namen aus. Es scheint übrigens, dass ich da in ein vegetarisches Lokal der strengsten Observanz geraten bin. Man ist hier so streng, dass beispielsweise einer Dame, die einen Vogel auf dem Hut trägt, der Eintritt unerbittlich verwehrt wird. Mein Freund hat immer behauptet, dass die vegetarische Lebensweise den Menschen sanft und zufrieden, gesund und munter macht, und natürlich habe ich mir die anderen Gäste daraufhin betrachtet. Also, ich muss sagen, dass sie alle ziemlich blass und missmutig aussahen, während der Besitzer und die Kellnerinnen eine blühende Gesichtsfarbe zeigten, und ich hege gegen sie den furchtbaren Verdacht, dass sie Karottenschnitzel predigen und sich nach Geschäftsschluss, wenn es finster ist, an den herrlichsten Rostbraten delektieren.  (Autor: Ludwig Hirschfeld)

Weibliche Straßenbahnschaffner in Wien

Anstellung von Frauen bei der „Elektrischen“.

Neue Freie Presse am 2.6.1915

Wie wir erfahren, hat man sich nun auch bei uns entschlossen, Frauen in den Dienst der Straßenbahn als Kondukteurinnen einzustellen, um die durch die Verhältnisse bedingten immer stärker werdenden Abgänge unter dem männlichen Personal ausgleichen zu können. Wenn auch in fast allen deutschen Städten längst, vielfach sogar seit Kriegsausbruch, zu dieser Maßnahme geschritten wurde, so bedeutet sie doch für Wien eine interessante Neuerung. Bei uns liegen nämlich die Verhältnisse viel schwieriger und komplizierter. Der Dienst eines Straßenbahnschaffners ist in Deutschland recht einfacher Natur und kann von jeder intelligenten Person, ob männlichen oder weiblichen Geschlechts, nach kurzer Anweisung ausgeübt werden. Der Schaffner hat eigentlich nichts zu tun, als die Karte zu „knipsen“ und die Münze entgegenzunehmen. Anders in Wien: Wir haben hier bei der Straßenbahn vielerlei oder mehr Fahrpreise, ein sehr kompliziertes Umsteig- und Markierungssystem und der Schaffner wird infolge des 14-Heller-Tarifs durch ein fast ununterbrochenes Geldwechseln außerdem sehr belastet. Ferner muss bei den Übergangsstationen vom Ring zu den Einbruchsstraßen von der Unterleitung zur Oberleitung umgeschaltet werden, wobei der Schaffner sehr oft, wenn die Sache nicht klappt, allerlei Manipulationen zu besorgen hat. Allen diesen kleinen und großen Schwierigkeiten zum Trotz hat man sich nun doch entschlossen, Frauen zum Kondukteursdienst einzustellen. Sache der Wiener Bevölkerung wird es sein, durch Takt, Freundlichkeit und Höflichkeit dem weiblichen Kondukteur beizustehen und der ernsten Frau, die sich durch diese harte, schwere Arbeit ihr Brot verdienen will, das Ungewohnte ihrer Lage zu erleichtern.

Isolde überfordert – platzt die Premiere?

Die vollkommenste Oper scheint keiner zu bewältigen.

Die Presse am 1.6. 1865

Wiewohl bereits mehr als zwei Wochen seit der Generalprobe verstrichen sind, befindet sich Isolde noch immer unter dem Zauber eines rätselhaften Zustandes; sie hat nämlich die Sprache für die unendliche Melodie des Tristan verloren. Wohl kündigte sie seit jenem Ereignis öfters einen zweiten Bühnengang mit ihrem geliebten Recken an, bebte aber jedesmal vor dem Wagnis zurück, sobald der Augenblick da war. Mit einem Worte: Frau v. Schnorr, die Darstellerin der Isolde, hat die unendliche Melodie der vollkommensten Oper Wagners nicht bewältigen können; das Organ der Sängerin soll durch die vielen und anstrengenden Proben, wenn nicht gänzlich gebrochen, doch für Zeiten geschwächt sein. Man hat Frau v. Schnorr zu bedauern; sie soll in Karlsruhe die Erklärung abgegeben haben, dass die Partie der Isolde ihre Mittel übersteige. Verhält es sich so, dann mag die Künstlerin aus ihrem Debut in München die Lehre ziehen, dass die Götter nicht mit sich spielen lassen. Man kann die Muse Wagners in ihrer Tristanphase wohl verehren, man kann sogar für sie schwärmen; aber wer sich ihrem Dienste hingibt, muss organisiert sein, wie die Recken und Riesen, mit denen sie sich beschäftigt; man muss urmenschliche Lungen und Kehlen haben oder man geht unter an der urweltlichen Melodik ohne Anfang und Ende.

(Anmerkung: Die Sängerin Malvina Schnorr von Carolsfeld, über die die „Presse“ nicht ohne spöttischen Unterton hier scheibt, hat die Premiere von Richard Wagners „Tristan und Isolde“ am 10. Juni 1865 in München dann doch gesungen. In den Jahren zuvor war es nie zu einer Aufführung gekommen, an der Wiener Hofoper war sie nach 77 Proben als undurchführbar eingestellt worden, der Tenor war der Herausforderung nicht gewachsen. Malvinas Mann Ludwig Schnorr von Carolsfeld sang in München dann den Tristan. Obwohl die Premiere kein großer Erfolg war, hätte es für das Sänger-Ehepaar der Beginn einer großen Karriere sein können. Doch Ludwig Schnorr starb sechs Wochen nach der Premiere völlig unerwartet mit 29 Jahren. Natürlich wurde sofort gemutmaßt, sein früher Tod habe mit den  Anstrengungen der  „Tristan“-Rolle zu tun. Malvina beendete ihre Karriere nach dem Tod ihres Mannes.)

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