"Britischer Schindler" Nicholas Winton gestorben

Britischer Judenretter Nicholas Winton gestorben
Britischer Judenretter Nicholas Winton gestorben APA/EPA/FILIP SINGER
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Winton rettete mehr als 660 jüdische Kinder vor dem Holocaust. Er starb im Alter von 106 Jahren.

Der Brite Sir Nicholas Winton, der mehr als 660 jüdische Kinder aus der Tschechoslowakei vor dem Holocaust rettete, ist im Alter von 106 Jahren gestorben. Er sei am Mittwochmorgen im Beisein seiner Tochter Barbara friedlich eingeschlafen, teilte der Rotary Club mit, dessen Mitglied Winton war. "Die Welt hat einen großen Mann verloren", erklärte der britische Premier David Cameron auf Twitter. 

Der frühere Börsenmakler, der von deutsch-jüdischen Einwanderern abstammte, war am 19. Mai 1909 in London geboren worden. Im Dezember 1938 erreichte ihn auf dem Weg in den Skiurlaub ein Hilferuf aus Prag. Spontan entschloss er sich, zu helfen. Er trieb die Garantiesumme von 50 Pfund pro Kind auf - heute wären das rund 3500 Euro. Der Börsenmakler suchte unermüdlich Pflegefamilien in Großbritannien.

Acht Züge mit 669 tschechischen Kindern erreichten sicher London. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs duldete das Nazi-Regime die Transporte. Doch der letzte und größte Zug durfte Prag am 1. September 1939 nicht mehr verlassen. Heute geht man davon aus, dass die meisten der 250 Kinder an Bord im Konzentrationslager starben.

"Nur am richtigen Ort zur richtigen Zeit"

Er sei nur "am richtigen Ort zur richtigen Zeit gewesen", sagte Winston einmal. Jahrzehntelang hatte er kein Aufhebens um die Rettungsaktion gemachte. Erst im Jahr 1988 machte eine britische Fernsehsendung die Geschichte der Kindertransporte einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Wegen der Rettungsaktion wurde Winton auch der "britische Schindler" genannt.

Vorigen Oktober hatte Winton noch persönlich in Prag die höchste tschechische Auszeichnung, den Orden des Weißen Löwen, entgegengenommen. Das Problem sei damals gewesen, dass nur wenige Länder, darunter Großbritannien, unbegleitete Kinder aufnehmen wollten, erklärte er dabei: "Viele Politiker begriffen nicht, was auf dem Kontinent geschah."

(APA/dpa/Red.)

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