Gedenken in Japan: ''Wann kommt Menschheit zur Vernunft?''
Zehntausende begannen den Jahrestag der Atombombenabwürfe mit einer Schweigeminute. Noch immer werden viele Überlebende wegen der Verstrahlung behandelt.
30.12.2016 um 15:54
Der heutige Donnerstag steht in Japan, aber auch weltweit, im Zeichen des Gedenkens an den Atombombenabwurf der USA auf Hiroshima vor 70 Jahren. Dort begannen die Feierlichkeiten bereits um 08.15 Uhr Ortszeit (01.15 Uhr MESZ) mit einer Schweigeminute zu der unter anderem Regierungschef Shinzo Abe, die US-Botschafterin Caroline Kennedy und zehntausende weitere Menschen im Friedensdenkmal-Park der Stadt zusammengekommen waren – exakt zu jener Zeit also, als am 6. August 1945 die US-Bombe „Little Boy“ abgeworfen wurde.
APA/EPA/KIMIMASA MAYAMA
An der jährlichen zentralen Gedenkveranstaltung nahmen heuer auch Abgesandte aus 100 Ländern teil - so viele wie nie zuvor. Hiroshimas Bürgermeister Kazumi Matsui nützte die Aufmerksamkeit und verdammte Atomwaffen während der Gedenkzeremonie: „Um zu koexistieren, müssen wir das absolut Böse und die endgültige Unmenschlichkeit abschaffen, die Atomwaffen darstellen." Die internationale Gemeinschaft müsse jetzt handeln, forderte Matsui.Bild: Gedenkfeiern in Japan
APA/EPA/KIMIMASA MAYAMA
US-Außenminister John Kerry betonte, die Erinnerung an den Einsatz der Atombombe sei „eine sehr starke Mahnung nicht nur in Bezug auf die lang anhaltenden Auswirkungen von Krieg auf Menschen und Länder", sondern zeige „auch die Bedeutung des Abkommens, das wir mit dem Iran geschlossen haben, um die Möglichkeit zu mehr Atomwaffen zu reduzieren“.
REUTERS
Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini verwies am Donnerstag auf das jüngste Atomabkommen mit dem Iran. "Wir tagen noch immer die Verantwortung dafür sicherzustellen, dass die Opfer von Hiroshima und Nagasaki die letzten durch Atombomben waren", sagte Mogherini. EU-Kommissar Johannes Hahn erklärte auf "Twitter": "Der 70. Jahrestag von Hiroshima erinnert uns daran, wie wichtig es ist, für Frieden und für eine Welt ohne Atomwaffen ist. Für eine bessere Zukunft", so Hahn.
REUTERS
Schon am Mittwoch hatte Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer darauf aufmerksam gemacht, „dass die Drohung mit Krieg und Atomwaffen leider weiterhin von manchen als Mittel der Politik angesehen wird“. Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte: „Alle Staaten dieser Welt sollten die richtige Lehre daraus ziehen, insbesondere vor dem Hintergrund aktueller geopolitischer Spannungen.“ Und er warnte: Derzeit gebe es weltweit etwa 16.000 Atomwaffen und deren Zerstörungskraft ginge weit über die in Japan eingesetzten Bomben hinaus.Bild: Gedenkfeiern in Japan
APA/EPA/MIKE NELSON
Für den Ausstieg aus der Kernenergie plädierte der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid. „Die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki müssen uns damals wie heute eine Mahnung sein", erklärte er. Kardinal Christoph Schönborn appellierte: „Wann wird die Menschheit endlich zur Vernunft kommen?“Bild: Gedenkfeiern in Japan
APA/EPA/KIMIMASA MAYAMA
Für die Menschen in Japan sind die Auswirkungen auch 70 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki spürbar: Nach wie vor werden viele Überlebende wegen der langfristigen Folgen der Verstrahlung behandelt. Zwei von drei Opfern würden an Krebs sterben, berichtete das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK).
APA/EPA/KIMIMASA MAYAMA
„Selbst nach so vielen Jahrzehnten sehen wir weiterhin die katastrophalen Gesundheitsfolgen der Nutzung von Nuklearwaffen bei diesen zwei Städten", sagte IKRK-Präsident Peter Maurer am Donnerstag. „Was könnte es für ein überzeugenderes Argument für die vollständige Abschaffung von Nuklearwaffen geben, insbesondere da die meisten Bomben in den Arsenalen der atomar bewaffneten Staaten heute gewaltiger und zerstörerischer sind?"Bild: Gedenktafeln für die Bombenopfer
Bloomberg
Heute gibt es demnach noch fast 200.000 Überlebende der Atombombenabwürfe der Amerikaner auf Hiroshima am 6. August 1945 und drei Tage später auf Nagasaki. Tausende von ihnen müssten auch in den kommenden Jahren wegen strahlenbedingter Gesundheitsschäden behandelt werden. Auch jene Überlebenden, die körperlich gesund seien, litten heute noch unter den psychologischen Folgen der Bombardierungen.Bild: Gedenkfeiern in Japan
REUTERS
Das japanische Rote Kreuz betreibt in Hiroshima seit 1956 Krankenhäuser zur Behandlung von Opfern der Atombombe und seit 1969 auch in Nagasaki. Die Atombombenabwürfe auf beide Großstädte waren der erste und bisher einzige Einsatz von Atomwaffen in einem Krieg.
REUTERS
Japan hatte im Zweiten Weltkrieg zusammen mit Hitler-Deutschland gegen die Sowjetunion und deren westliche Verbündete gekämpft. Nach dem Krieg wurde das Land zu einem wichtigen Partner der USA, die sich nie offiziell für die Atombombenangriffe entschuldigten.Bild: Aufnahme von 1945 verglichen mit 2015
REUTERS
Kurz vor dem 70. Jahrestag des Atombombenabwurfs hatte Abes Regierung eine Sicherheitsreform auf den Weg gebracht, die Japan erstmals Militäreinsätze an der Seite der USA im Ausland erlaubt. Die USA mit ihrem atomaren Schutzschild sind heute der wichtigste Sicherheitspartner des fernöstlichen Inselreichs.Bild: Aufnahme von 1945 verglichen mit 2015
REUTERS
Gedenken in Japan: ''Wann kommt Menschheit zur Vernunft?''
Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.