Vor 120 Jahren: Ein Testament schafft die Nobelpreise

Alfred Nobel
Alfred Nobel (c) imago/Leemage
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Am 27. November 1895 unterzeichnete Alfred Nobel seinen letzten Willen – und ermöglichte damit die Vergabe von fünf (Nobel-)Preisen pro Jahr. Die Bedingung: außergewöhnliche Leistungen.

Alljährlich am 10. Dezember überreichen der norwegische König in Oslo sowie der schwedische Monarch in Stockholm die Nobelpreise. Ermöglicht hat sie keiner von beiden, sondern Alfred Bernard Nobel – mit seinem letzten Willen. Der Chemiker hatte im Laufe seines Lebens nicht nur 355 Patente angemeldet, er war auch Besitzer von mehr als 90 Fabriken und damit ungemein vermögend. Dieses Vermögen sollte verteilt werden, manche meinen aus schlechtem Gewissen für seine Erfindungen: In seinem Testament, das er am 27. November 1895 unterfertigte, vermachte er den Großteil des Geldes nicht seinen Familienangehörigen und (ehemaligen) Dienern, sondern jenen Menschen, die nach seinem Tod Jahr für Jahr „Außerordentliches“ leisten würden.

Nobel wurde am 21. Oktober 1833 in Stockholm als Sohn eines wohlhabenden Unternehmers geboren. Mehrere Jahre seiner Jugend verbrachte er in Russland, wo sein Vater eine Maschinenfabrik betrieb. Er erhielt Privatunterricht, interessierte sich für englische Literatur und sprach mit 17 Jahren Schwedisch, Russisch, Deutsch, Englisch und Französisch. Nobel begann Chemie und Physik zu studieren, reiste in die USA, nach Deutschland und Paris, wo er Ascanio Sobrero kennenlernte, der kurz zuvor das Nitroglycerin entdeckt hatte, es jedoch wegen seiner Gefährlichkeit als nicht praxistauglich erachtete. Nobel hingegen war begeistert – und mutig.

Dynamit-Werbung von 1906
Dynamit-Werbung von 1906(c) Wikipedia

Zurück in Stockholm experimentierte er mit dem Sprengstoff, entwickelte die Initialzündung. Einer seiner Versuche aber wurde zur Katastrophe: 1864 gab es eine Explosion, die nicht nur Nobels Laboratorium zerstörte, sondern auch vier Menschen das Leben kostete, darunter sein Bruder Emil. Aus Furcht vor ähnlichen Vorfällen untersagten die schwedischen Behörden alle weiteren Versuche mit Nitroglycerin innerhalb der Hauptstadt. Nobel zog die Konsequenz, verlegte ein Labor an den Vinterviken, baute ein weiteres in Schleswig-Holstein. 1867 schaffte Nobel seinen Durchbruch: Er saugte Nitroglyzerin in Kieselgur auf – und erfand damit das Dynamit. Er optimierte das Mischverhältnis, sicherte sich das Patent und revolutionierte den Bau von Eisenbahnen, Straßen und Tunneln. Bis 1873 entstanden 15 Nobel'sche Unternehmungen in 13 europäischen Ländern und den USA. 1875 gelang ihm die Erfindung der „Sprenggelatine“, einer kolloidalen Lösung von Nitrocellulose in Nitroglycerin.

1876 wurde die österreichische Pazifistin Bertha von Suttner Nobels Privatsekretärin, jedoch nur für eine Woche. Prägen sollte sie den Werdegang des Erfinders dennoch. Denn Nobel und Suttner pflegten fortan einen regen Briefwechsel, in dem sie insbesondere das Thema Krieg abhandelten. Anders als Suttner war Nobel nämlich davon überzeugt, dass Friede durch Abschreckung gesichert werden könne. So schrieb er der Gräfin unter anderem: „Vielleicht werden meine Fabriken den Krieg eher beenden als Ihre Kongresse. Denn wenn sich zwei Armeen eines Tages in einer Sekunde gegenseitig auslöschen können, werden alle zivilisierten Nationen ihre Truppen sofort zurückziehen.“ Dennoch stimmen die meisten Historiker darin überein, dass Suttner Nobel zur Stiftung eines Friedenspreises bzw. mehrerer Nobelpreise bewogen haben dürfte.

Ein Vermögen, geteilt durch fünf

Nobel verschriftlichte dieses Vorhaben ein Jahr vor seinem Tod: Ohne einen Anwalt hinzuzuziehen verfügte er am 27. November 1895, dass Teile seines Vermögens an Familienmitglieder und ausgewählte Diener gehen sollten (in Summe 1,6 Millionen schwedischer Kronen). Und er hielt fest: „Mit dem ganzen Rest meines realisierbaren Vermögens (etwa 31,6 Millionen, Anm.) ist folgendermaßen zu verfahren: Das Kapital, von den Testamentvollstreckern in sicheren Wertpapieren realisiert, soll einen Fond bilden, dessen jährliche Zinsen als Preise denen zugeteilt werden, die im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen gebracht haben.“

Konkret sollten es fünf gleiche Teile werden: „Ein Teil dem, der auf dem Gebiete der Physik die wichtigste Entdeckung oder Erfindung gemacht hat; ein Teil dem, der die wichtigste chemische Entdeckung oder Verbesserung gemacht hat; ein Teil dem, der die wichtigste Entdeckung auf dem Gebiete der Physiologie oder der Medizin gemacht hat; ein Teil dem, der in der Literatur das beste in idealistischer Richtung geschaffen hat; ein Teil dem, der am meisten oder am besten für die Verbrüderung der Völker gewirkt hat, für die Abschaffung oder Verminderung der stehenden Heere sowie für die Bildung und Verbreitung von Friedenskongressen.“ Bei der Auswahl der Preisträger dürfe „keinerlei Rücksicht auf die Nationalität genommen werden, so dass nur der Würdigste den Preis erhält, ob er nun Skandinavier ist oder nicht“.

Das Testament und die Nobelpreis-Medaillen
Das Testament und die Nobelpreis-Medaillen(c) imago

Nobel verstarb am 10. Dezember 1896 in San Remo. 22 Tage nach seinem Ableben wurde sein letzter Wille bekannt. Seine Verwandten waren durch das Testament zum Teil so verstört, dass sie es umgehend anfochten. Ein ausgedehnter Rechtsstreit sollte es dann aber doch nicht werden: Nobels Neffe Emanuel bewog den Rest der Verwandtschaft zu einem Vergleich mit finanziellen Zugeständnissen.

Am 29. Juni 1900 genehmigte die schwedische Regierung schließlich den Vorschlag für die Gründungsstatuten der Nobel-Stiftung. Erstmals verliehen wurden die Auszeichnungen am 10. Dezember 1901. Seit 2012 beträgt das Preisgeld 8 Millionen schwedische Kronen (ca. 864.000 Euro) je Kategorie. Bis zu drei Personen können sich einen wissenschaftlichen Preis teilen. Der Friedensnobelpreis wird auch an Organisationen verliehen. Seit 1969 wird zudem ein Preis für Wirtschaftswissenschaften ausgegeben.

>>> Das Testament des Alfred Nobel

(hell)

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