Die Nazi-Tochter als Konvertitin zum Islam

Fatima Grimm, als sie noch kein Kopftuch trug – auf dem Cover des Buchs „Mein verschlungener Weg zum Islam“ (2015).
Fatima Grimm, als sie noch kein Kopftuch trug – auf dem Cover des Buchs „Mein verschlungener Weg zum Islam“ (2015).(c) Narrabila-Verlag
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In einem Favoritner Kindergarten soll ein islamistischer Erziehungsratgeber kursiert sein. Das Bändchen stammt von Fatima Grimm, der Tochter eines NS-Verbrechers, die 1960 zur Muslima wurde.

„Wenn wir mit der Erziehung unserer Kinder so weitermachen wie bisher, werden sie im Lauf der Zeit zur Masse von halbgebildeten Nationalisten, Kommunisten oder Humanisten, und das Gebäude des Islam wird in den nächsten 50 Jahren bis zur Unkenntlichkeit zerbröckeln.“ So erklärte Fatima Grimm 1975 in ihrem Vortrag „Die Erziehung unserer Kinder“ ihre Motive. Der Vortrag wurde 1995 vom islamischen Zentrum München als Broschüre veröffentlicht, seither wird er verbreitet, heute natürlich auch via Internet.

Etwa um das 15. Lebensjahr könnten die Eltern damit rechnen, „unsere Kinder für den Begriff des Jihad aufgeschlossen zu finden“, heißt es darin, und Grimm erklärt den Müttern, sie sollten nicht „feige und ängstlich darauf bedacht sein, unsere Söhne vor jeder Gefahr zu bewahren. Vielmehr sollten wir ihnen immer vor Augen führen, was für eine großartige Auszeichnung es für jeden Muslim ist, für die Sache des Islam mit der Waffe in der Hand kämpfen zu können.“ Im letzten Absatz nannte Grimm ihr Ziel deutlich: „den endgültigen Triumph des Islam auf Erden“.

Diese Schrift, in der sich auch viele fast herzige Stellen finden – etwa: „dass gut rezitierte Verse aus dem Koran an den Ohren bedeutend wohler tun als der neueste Schlager von James Last“ –, soll in einem Montessori-Kindergarten in Favoriten als Material verwendet worden sein, darauf brachte die Israelitische Kultusgemeinde Strafanzeige gegen Muhammad Ismail Suk, den Betreiber des Kindergartens, ein. Er wehrt sich gegen die Vorwürfe, laut „Kurier“ soll Grimms Broschüre auch bereits vor zwölf Jahren(!) im Kindergarten gesichtet worden sein.

Dennoch ist interessant: Wer ist diese Fatima Grimm? Beziehungsweise: Wer war sie? Denn sie ist 2013 in Hamburg gestorben, im Nachruf auf islam.de, einer Seite des Zentralrats der Muslime in Deutschland, heißt es: „Fatima Grimm war, was viele in diesem Land nicht für möglich halten, eine unabhängige deutsche Muslimin, gebildet, wortgewandt und mitfühlend.“ Hervorgehoben wird ihre kommentierte Koranübersetzung – die allerdings vom Institut für Islamwissenschaft der Freien Universität Berlin als „an Zwecken der Mission orientiert“ und für das Studium „nicht empfehlenswert“ bezeichnet wurde.

Fatima Grimm kam 1934 als Helga Lili Wolff zur Welt, ihr Vater, Karl Wolff, war SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS. 1964 wurde er vom Landgericht München II wegen Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen (durch Deportationen in das Vernichtungslager Treblinka) zu 15 Jahren Haft verurteilt. 1969 wurde er wegen Haftunfähigkeit entlassen, 1984 starb er, wenige Wochen davor war er zum Islam konvertiert, seine Tochter sprach das islamische Totengebet an seinem Grab.

„Mit dem Schwert und mit der Feder“

Sie bekannte sich bereits 1960 zum Islam, an ihrem 26. Geburtstag, später schrieb sie von „der Seligkeit, jetzt endlich einen festen Halt in diesen unruhigen Zeiten gefunden zu haben“. Sie hatte eine längere religiöse Suche hinter sich, war bei den Zeugen Jehovas gewesen und hatte sich katholisch taufen lassen, bevor ihr erster Mann sie zum Islam brachte. Im unlängst als Buch erschienenen Interview mit Peter Schütt, einem ehemaligen Kommunisten, der 1980 zum Islam konvertiert ist, erzählte sie, die Konversion habe ihr „ohne Frage geholfen, aus dem Schatten meines Vaters herauszutreten“.

1962 ging sie nach Pakistan, kehrte jedoch bald wieder nach München zurück. 1984 heiratete sie den ebenfalls zum Islam konvertierten Abdul Karim Grimm, beide gelten als der Muslimbrüderschaft nahestehend. In ihren Schriften wie „Frau und Familienleben im Islam“ ist immer wieder vom Jihad die Rede und davon, dass dieser „sowohl mit dem Schwert als auch mit der Feder, mit der Schaufel wie mit dem Skalpell oder sogar mit der Nähmaschine oder mit dem Kochlöffel“ ausgetragen werden könne.

Im Alter kam Grimm noch mit einem speziellen Thema in die Zeitungen: mit dem Burkini. „Diese Badekleidung entspricht meinem Glauben – und verdeckt wunderbar meine Falten“, sagte sie dem Hamburger Abendblatt. Über Aussagen Grimms zu anderen Kleidungsfragen berichteten die „Nürnberger Nachrichten“: Wer entblößt und mit tiefem Ausschnitt herumlaufe, müsse sich über Vergewaltigungen nicht wundern, soll sie gesagt haben. Doch sie fand in Interviews auch immer wieder zu Worten der Toleranz, so äußerte sie sich in der „Islamischen Zeitung“ positiv über interreligiösen Unterricht: „Die Hauptsache ist doch, dass wir alle, die wir in diesem Land leben, einander achten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2015)

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