"Challenger": Inferno nach 73 Sekunden

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Vor 30 Jahren zerbrach das Space Shuttle "Challenger" vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern. Die Katastrophe wäre vermeidbar gewesen.

"Offensichtlich eine massive Fehlfunktion", kommentierte mit einigen Sekunden Verzögerung der Nasa-Sprecher die Bilder des in Rauchwolken gehüllten Space Shuttles. Auch die Zuschauer vor den Fernsehgeräten und vor Ort konnten nicht gleich begreifen, was sie da sahen: "Die Erkenntnis kam langsam, nicht in einem feurigen Ausbruch", schrieb ein Reporter der "Washington Post", der den Start in Cape Canaveral auf der Zuschauertribüne für Medienvertreter, Angehörige und Prominente verfolgte. Sieben Astronauten starben am 28. Jänner 1986 an Bord der Raumfähre "Challenger". Die Katastrophe wäre vermeidbar gewesen und stürzte das US-Raumfahrtprogramm in eine tiefe Krise.

Die Ära der Space Shuttles hatte 1976 mit dem Prototypen "Enterprise" begonnen, der aber nur System- und Landetests absolvierte. Am 12. April 1981 startete mit der "Columbia" das erste Space Shuttle ins All. Die "Challenger" absolvierte ihren Jungfernflug zwei Jahre später. Für ihre zehnte Mission ließ sich die Nasa einen besonderen PR-Coup einfallen: Mit der Lehrerin Christa McAuliffe sollte erstmals eine Zivilistin ins All fliegen und von der "Challenger" aus zwei Unterrichtsstunden abhalten.

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Wetter und Technik führten zu mehrmaligen Verschiebungen des Starts. Schließlich hob die "Challenger" am 28. Jänner 1986 um 11.38 Ortszeit ab. Fernsehzuschauer auf der ganzen Welt, darunter auch viele Schulklassen, verfolgten, wie die Raumfähre von Cape Canaveral aus in den Himmel schoss. Knapp eine Minute später sahen sie einen riesigen Feuerball am Himmel, dann begannen Trümmer in den Atlantik zu regnen.

Dichtungsring versagte

Wie die spätere Untersuchung ergab, hatte beim Start ein Dichtungsring an der rechten Feststoffrakete versagt, wodurch heißes Gas austrat. Dieses beschädigte die Haltestrebe zwischen Feststoffrakete und dem externen Tank, die auseinandergerissen wurden. Flüssiger Sauerstoff und Wasserstoff traten aus und erzeugten einen Feuerball. Für die Zuschauer sah es daher aus, als würde das Shuttle explodieren. Tatsächlich aber begann es ab Sekunde 73 auseinander zu brechen.

Wie die Astronauten genau starben, bleibt unsicher. Die letzten aufgezeichneten Worte, die der Voice Recorder aufgezeichnet hat, stammen von Pilot Michael Smith. "Verstanden, Go bei Schuberhöhung", sagt er 68 Sekunden nach dem Start, und dann, nach 73 Sekunden: "Uh Oh". Experten halten es für wahrscheinlich, dass die fünf Männer und zwei Frauen erst beim Aufprall der Mannschaftskabine ums Leben kommen. Möglicherweise wurden sie zuvor aber bereits bewusstlos.

Die Challenger-Crew
Die Challenger-Crew(c) imago/ZUMA Press (imago stock&people)

Eine von Präsident Ronald Reagan eingesetzte Untersuchungskommission stellte massive Fehler in den Kontrollmechanismen der Nasa fest. Schon nach früheren Shuttle-Flügen waren Schäden an den Dichtungsringen an den Feststoffraketen festgestellt worden. Ingenieure des Herstellers Morton Thiokol warnten, dass die Ringe bei niedrigen Temperaturen porös werden könnten. Auf Druck der Nasa gab Morton Thiokol aber trotz der Vorhersage von Minusgraden für die Nacht vor dem Start die Empfehlung zum Start.

Am Morgen des Starts hatte es in Cape Canaveral zwei Grad Celsius, über Nacht war die Startrampe vereist - man entschloss sich aber lediglich zu einer Verschiebung um eine Stunde. Die Nasa und Thiokol hätten "eine Art russisches Roulette" gespielt, stellte der Physiker Richard Feynman, Mitglied der Untersuchungskommission, fest. Da bei früheren Flügen trotz Korrosion bei den Dichtungsringen nichts passiert sei, sei man das Risiko eingegangen.

Erst zwei Jahre und acht Monate nach der Katastrophe nahm die Nasa das Shuttle-Programm wieder auf: Die "Discovery" startete am 29. September 1988 problemlos ins All. Eine zweite Katastrophe läutete dann das Ende des Programms ein. Am 1. Februar 2003 brach die "Columbia" auf dem Rückflug nach Cape Canveral auseinander, weil die Hitzeisolierung beim Start beschädigt worden war. Erneut stellte eine Untersuchungskommission gravierende Fehler der Nasa fest. Am 21. Juli 2011 beendet die letzte Landung der Atlantis die Ära des Space Shuttles.

Die Crew der Challenger

Francis Scobee, Kommandant

Michael Smith, Pilot

Judith Resnik, Missionsspezialistin

Ellison Onizuka, Missionsspezialist

Ronald McNair, Missionsspezialist

Gregory Jarvis, Nutzlastspezialist

Christa McAuliffe, Nutzlastspezialistin und Lehrerin

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