Der Rechnungshof: Mehr als ein reputierliches Salzamt

Rechnungshof
Rechnungshof(c) FABRY Clemens
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Die bisherigen Präsidenten konnten für ihre Behörde beachtliches Renommee aufbauen. Heuer wird ein neuer gewählt.

Es ist ein höchst interessantes öffentliches Amt. Sein Chef steht protokollarisch im Rang eines Staatssekretärs wie die Präsidenten der drei Höchstgerichte. Aber kein Funktionär der Republik ist gleich auf zwölf Jahre gewählt: Der Präsident des Rechnungshofs. Leiter einer imposante Behörde, eines Hilfsinstruments des Nationalrats, nur diesem verpflichtet.

Ihm obliegt die Prüfung der Finanzgebarung des Bunds, der Länder und der Gemeinden (über 10.000 Einwohner). Auch alle Unternehmungen, Stiftungen und Fonds, an denen die öffentliche Hand mindestens zur Hälfte beteiligt ist, sind verpflichtet, sich seiner Prüfung zu stellen.

Auch wenn viele Beanstandungen und Empfehlungen vom Gesetzgeber ganz einfach ignoriert werden, so wohnt dem Amt doch die Aura der Unbestechlichkeit, Korrektheit und Unbeeinflussbarkeit inne.

Das freilich war hauptsächlich das Verdienst der Präsidenten, die sich allesamt höchster Reputation erfreuen konnten. Heuer im Sommer, gleich nach der Bundespräsidenten-Wahl, läuft die zwölfjährige Amtszeit von Josef Moser aus. Bei den diffizilen Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat kann die Nachfolge eine spannende Sache werden.

Schon der erste Präsident nach 1945, der nur kurz amtierte, war eine interessante Persönlichkeit: Denn der Sozialdemokrat Leopold Petznek (1881–1956) hatte – nach dem Skandal einer 27-jährigen „wilden Ehe“ – die Erzherzogin Elisabeth, Enkelin von Kaiser Franz Joseph, geheiratet. Er übte das Amt nur bis zum Februar 1947 aus.

Danach amtierte der ehemals christlichsoziale Josef Schlegel (1869–1955), der aus Böhmen stammte und in Linz politisch tätig war, so etwa in der Zwischenkriegszeit für einige Jahre als Landeshauptmann. An der Eskalation durch Heimwehr und Schutzbund beteiligte er sich nicht, trat zurück und kehrte erst 1947 in die Politik zurück.

1953 wählte der Nationalrat wieder einen Sozialisten: Hans Frenzel (1895–1966) in Linz) war Jurist, Minister für Volksernährung im ersten Kabinett Figl nach dem Weltkrieg, und führte das Amt bis 1964.

Dann kam die Zeit der FPÖ-Präsidenten. Die Sozialisten brauchten die verschwindend kleine Freiheitliche Partei, um endlich aus dem Korsett der Großen Koalition mit der Volkspartei ausbrechen zu können. Also gab man das Amt einem Mitbegründer des VdU, Jörg Kandutsch (1920–1990). Die SPÖ schlug dadurch zwei Fliegen mit einer Klappe: Einer der schärfsten Kritiker im Parlament war mundtot gemacht, und die FPÖ stand für weitere Kooperationen bereit.

Ein scharfzüngiger Redner war der Amtsnachfolger Tassilo Broesigke (1919–2003) zwar nie – eher das Gegenteil. Aber der Jurist aus niederem Adel, geboren in Böhmen, verschaffte sich mit seinem spröden Charme bald Respekt und Hochachtung. Er war wie Kandutsch an der Wiege der FPÖ gestanden.

Mit Jörg Haiders Hilfe wurde 1992 Franz Fiedler (*1944) gewählt. Die Schützenhilfe kam völlig überraschend, immerhin war Fiedler bis dahin ÖVP-Klubsekretär. Er machte seine Sache so gut, dass er im Jahr 2003 Vorsitzender des Österreich-Konvents wurde, dessen Beratungen allerdings nach zwei Jahren im Sand verliefen.

Auch der nun scheidende Präsident, Josef Moser (*1955 in Lienz), war zuvor Klubdirektor, dann Vorstand in der ÖBB-Holding während der schwarz-blauen Ära.

Man darf gespannt sein, ob die SPÖ diesmal ihren Kandidaten, den Sektionschef Gerhard Steger, durchbringt – bzw. welche Zugeständnisse die Volkspartei dafür verlangen wird. Aber wer weiß? Vielleicht denken Faymann, Bures, Häupl und Co. weiter als bis zur Nasenspitze, die nur die Macht wittert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2016)

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