Franz-Joseph-Schau: Des Kaisers Kutsche, des Kaisers Unterhose

Vierteilige Sonderschau zu Franz Joseph in Wien und Niederweiden
Vierteilige Sonderschau zu Franz Joseph in Wien und Niederweiden APA/HELMUT FOHRINGER
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Schloss Schönbrunn, Hofmobiliendepot, Schloss Niederweiden und Wagenburg zeigen die Ausstellung "Franz Joseph 1830-1916".

Objekte aus dem Leben Kaiser Franz Josephs I. wie seine Kindereisenbahn oder der schwarze Leichenwagen können ab Mittwoch in Schönbrunn und weiteren Ausstellungsorten besichtigt werden. Unter dem Titel "Franz Joseph 1830-1916" widmet sich die vierteilige Ausstellung bis zum 27. November dem Leben und Wirken des umstrittenen wie verherrlichten Kaisers und versucht, beide Blickwinkel zu beleuchten.

"Franz Joseph ist hier in Schönbrunn geboren und auch gestorben, das war für uns der Grund, ihm zum 100. Todestag hier eine Ausstellung zu widmen", erläuterte Franz Sattlecker, Geschäftsführer der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. am Dienstag anlässlich der Vorstellung der Jubiläumsausstellung im Schloss Schönbrunn. Ebendort im Erdgeschoß findet sich mit der Schau "Mensch & Herrscher" der Hauptteil der Gemeinschaftsausstellung. In Gehdistanz ist parallel "Repräsentation & Bescheidenheit" in der vom Kunsthistorischen Museum (KHM) betriebenen Wagenburg zu sehen. Aspekte wie "Jagd & Freizeit" beleuchtet die Ausstellung im Schloss Niederweiden, das Hofmobiliendepot widmet sich den Themen "Fest & Alltag".

AUSSTELLUNG ´FRANZ JOSEPH 1830-1916 - ZUM 100. TODESTAG DES KAISERS´
AUSSTELLUNG ´FRANZ JOSEPH 1830-1916 - ZUM 100. TODESTAG DES KAISERS´(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

Der politischen wie privaten Person hat man sich in den engen, dunklen Räumlichkeiten im Schloss verschrieben. Erich Woschitz hat für die lichtempfindlichen (weil mit Wandbemalungen versehenen) Zimmer eine ebenso düstere wie verwinkelte Ausstellungsarchitektur geschaffen, die den Besucher durch die in groben Zügen chronologisch aufgebaute, aber auch immer wieder thematisch konzentrierte Schau führt. Dass durch die geschlossenen Fensterläden und die zurückhaltende Beleuchtung das Schloss an sich in den Hintergrund tritt, ist dabei ein kleiner Wermutstropfen.

Kinderzeichnungen, Kinderuniformen

Nachdem man Franz Joseph in der kaiserlichen habsburgischen Familie (inklusive Stammbaum) verortet hat, kann man sich ganz der Kindheit und Jugend des späteren Kaisers widmen. Die zahlreich ausgestellten Kinderinstrumente von der Geige bis zur Harfe hätten den jungen Mann weit weniger interessierten als die Zinnsoldaten, erläuterte Kurator Karl Vocelka beim Presserundgang. Auch die von Franz Joseph angefertigten Kinderzeichnungen untermauern sein frühes militärisches Interesse.

Vorbei an Kinderuniformen und zahlreichen Porträts geht es weiter Richtung Erwachsenenleben, in das Franz Joseph spätestens mit seiner Ernennung zum Kaiser im Alter von nur 18 Jahren eintrat. Dieses Jahr 1848 nimmt man in der Ausstellung zum Anlass, auf "Lebensstationen und Wendepunkte des persönlichen Lebens" einzugehen. Zu sehen ist etwa ein Gemälde der "Krönung", die so nicht stattgefunden hat, jedoch den symbolischen Vorgang der Herrschaftsübernahme veranschaulichen sollte. Dem kritischen Blick auf die Politik des Kaisers werden die Kuratoren mit in die Schau integrierten Kontrapunkten gerecht: Etwa mit Albin Egger-Lienz' düsterem Gemälde "Finale", Fotografien von gefallenen Soldaten im Ersten Weltkrieg sowie einer aus Tschechien stammenden Karikatur aus dem Jahre 1915, wie sie in Wien aufgrund der Zensur nie hätte veröffentlicht werden können. Zu sehen ist der Kaiser auf einem Rollstuhl sitzend, mit Telefon am Ohr, ein nacktes Baby mit einem Dolch durchbohrend und einer Bombe im Anflug.

Weitere Stationen widmen sich der Ehe mit Kaiserin Elisabeth (mit der er mehrmals auch als Porzellan-Figur verewigt wurde), den Geliebten des Kaisers (wie Katharina Schratt) sowie Franz Joseph als Katholik. Weiters finden sich zahlreiche Darstellungen von Kriegshandlungen, die Totenmasken des Thronfolgers Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie und abschließend Fotos und Zeichnungen, die den alten Kaiser im Kreise seiner Kinder und Enkelkinder zeigt. Den Abschluss bildet Franz Josephs Tod, der gleich zu Beginn der Ausstellung mit einem schwarzen Sarg thematisiert wird. Sehenswert ist etwa ein kurzer Film vom Trauerzug. Besonders stolz ist man auf die Ansammlung von Funeralinsignien, die Totenmaske ist hingegen im Laufe der Jahrzehnte verloren gegangen und nur als Foto in der Schau zu sehen.

Von der Dunkelheit der an eine Grabkammer gemahnenden Ausstellung kann man schließlich in die nahegelegene Wagenburg wechseln, in der das KHM anhand zahlreicher Kutschen, aber auch Kleidungsstücken die Bescheidenheit des privaten Menschen Franz Joseph und der opulenten Repräsentation des Kaisers veranschaulicht. Ist man bei einigen Stücken von der Einfachheit der Ausführung überrascht, wird man von Exponaten wie dem "Imperialwagen" - der Krönungskarosse Elisabeths bei ihrer Krönung zur ungarischen Königin 1867 - beinahe von Kitsch und Protz erschlagen.

Ebenfalls ab morgen sind die Ausstellungen in Niederweiden und im Hofmobiliendepot zu sehen. An letzterem Ort widmet man sich auch wirklich privaten Aspekten des Kaisers: Von einem Privatsammler konnte man sich etwa eine Unterhose Franz Josephs leihen, hieß es bei der Pressekonferenz. Der schmal bemessenen Freizeit des Kaisers widmet man sich in Niederweiden, wo man den Kaiser anhand von 100 Exponaten etwa als Jäger zeigt. Wem das alles noch nicht genug ist, der hat in der Ausstellung "Der ewige Kaiser" in der Nationalbibliothek die Möglichkeit, sich der Mythenbildung rund um Kaiser Franz Joseph anhand von Fotos und Dokumenten zu nähern.

"Presse"-Magazin

„Die Presse“-„GESCHICHTE“, Bd. 3

„Kaiser Franz Joseph 1830-1916“

Aus dem Inhalt: Kindheit im Biedermeier – Der junge Kaiser und 1848 – Seine Niederlagen und Blamagen – Kakanien, die Doppelmonarchie – Porträts seiner Familie und des Hofes – Der Vielvölkerstaat - Kronprinz Rudolf – Der Alltag, am Schreibtisch und auf der Jagd – Frauengeschichten und Ehe – Porträt Elisabeth – Warum unterschreibt ein 84-Jähriger eine Kriegserklärung? – Interview mit Historikerpaar Vocelka und Nachkommen Eduard Habsburg – Mythen und Klischees

120 Seiten inkl. Bilder, Grafiken, Karten. Bestellmöglichkeit: DiePresse.com/geschichte. Preis: 8,90 €, für Abonnenten 6,90 € (Versand gratis).

Ab 16. 3. 2016 im Zeitschriftenhandel erhältlich.

(APA)

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