Gold und Silber und die Unterhose des Kaisers

A uniform of former Austrian Emperor Franz Joseph is seen in Vienna
A uniform of former Austrian Emperor Franz Joseph is seen in Vienna(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
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An vier Orten zelebrieren das Schloss und das Kunsthistorische Museum den 100. Todestag Franz Josephs I. Die 555 Objekte reichen von der prunkvollen Galakutsche bis zu ganz privaten kleinen Dingen des Langzeitmonarchen.

Franz Joseph I., der Vorletzte in der Dynastie der Habsburger, der von 1848 bis 1916 über Österreich-Ungarn herrschte, galt als pflichtbewusster erster Beamter im Staat und als bescheiden. Der Eindruck der Sparsamkeit relativiert sich jedoch, wenn man die reichhaltige Ausstellung auf Schloss Schönbrunn sieht (bis 27. November), dessen Kulturgesellschaft gemeinsam mit dem Kunsthistorischen Museum den 100. Todestag des Kaisers zelebriert. Die Uniformen, die so schlicht aussahen, die Jagdanzüge fürs Ausseer Land, die Prachtgewänder, die oft nur zu einem Anlass getragen wurden, die Ornate des Hosenbandordens oder des Ordens vom Goldenen Vlies kosteten ein Vermögen. Allein für den Friseur soll der Kaiser das Vierfache des Jahresgehaltes eines hohen Beamten der Hofreitschule ausgegeben haben, hieß es bei der Führung für die Presse.

Diese Kutschen und vor allen Zugsgeschirre lassen sich im Aufwand mit dem für Jachten oder Lear-Jets vergleichen: Gala-Staatswägen, von bis zu acht Pferden gezogen, Equipagen, Kutschen für Hochzeiten, Kinder, Erzherzöge oder Umzüge für Fronleichnam, schließlich auch der schwarze Leichenwagen des Wiener Hofes, der am 30. November 1916, neun Tage nach dem Tod des Kaisers, zum letzten Mal in der Monarchie zum Einsatz kam. Der Fuhrpark zeigt: In Wien wurde ein großes Imperium gelenkt.

Die Sonderschau „Franz Joseph 1830–1916“ ist ebenfalls aufwendig und weitläufig: 270 Objekte sind im Haupthaus des Schlosses Schönbrunn und nebenan in der Kaiserlichen Wagenburg ausgestellt, 165 im Hofmobiliendepot (Andreasgasse 7, VII. Bezirk), 120 auf Schloss Niederweiden zu Jagd & Freizeit. Es ergibt sich ein angenehm überschaubarer Eindruck über die Epoche. Architekt Erich Woschitz hat die eher intimen, dunklen Räume in Schönbrunn, die sonst nicht öffentlich sind, großzügig genutzt. Nichts ist überladen. Die Kuratoren Karl Vocelka und Mario Döberl (Wagenburg) haben eine einleuchtende thematische Gliederung erdacht, die sich eng an Persönlichkeit und Regierungszeit des Kaisers bindet. Neben Gold und Silber gibt es kleine Dinge aus dem Alltag zu sehen, bis hin zur kaiserlichen Unterhose (im Depot). Beabsichtigt ist offenbar weder Glorifizierung noch Dekonstruktion, wie auch die Beiträge im Katalog zeigen (Hrsg. K. Vocelka und M. Mutschlechner, Verlag Brandstätter).

Soldat, Politiker, Katholik, Liebhaber

In Schönbrunn wurde Franz Joseph geboren, hier ist er auch gestorben. Im Schloss wird man nun in 15 Stationen von der Kindheit bis zum Testament, zum Totenbild und Leichenzug geführt. Letzteren dokumentiert ein Film. Bereits im ersten Raum beschäftigen sich Videoclips mit der Dynastie der Habsburger und ihrer späten Phase. Ein Stammbaum zeigt die Vorfahren der Familie Habsburg-Lothringen bis zurück ins Jahr 1708. Es folgen die glücklichen frühen Jahre. Eine Spielzeuglokomotive und die Schlittschuhe des Erzherzogs sind ausgestellt, seine Zeichnungen und Briefe, man sieht Porträts seiner Eltern und Brüder, seiner Erzieher.

Bald aber gibt es schon Wendepunkte zu sehen: die Revolution und die Thronbesteigung 1848. Die Chronologie wird immer wieder durchbrochen, etwa mit einem Blick voraus auf den Ersten Weltkrieg, mit dem expressionistischen Schreckensbild „Finale“ von Albin Egger-Lienz. Büsten und Porzellanfiguren illustrieren die Hochzeit mit Elisabeth 1854, ehe es in Ungarn 1867 wieder hochpolitisch wird. Franz Joseph als Soldat, als Katholik, als Handelnder in der Politik, ideologisch flankiert von Karl Lueger und Viktor Adler, die kritisch blicken. Ein Ölgemälde von Franz Matsch zeigt den greisen Kaiser im Jahr 1916 in seinem Arbeitszimmer in Schönbrunn als emsigen Bürokraten. Die Schicksalsschläge bleiben ihm auch in dieser Schau nicht erspart: die verlorenen Kriege in Italien und gegen Preußen, die Ermordung der Kaiserin 1898 (ihr Totenschein wird gezeigt) wie auch des Thronfolgers Franz Ferdinand 1914. Postkarten und Kaffeehäferl stehen dissonant neben Staatstragendem, fast ein wenig versteckt, aber auf den zweiten Blick prächtig, ist ein Prunkkästchen, das die Ungarn Franz Joseph und seiner Gattin zur Königskrönung schenkten. In dem Silbergefäß befand sich eine großzügige Geldspende.

Zum Ausklang wieder Privates: Der Kaiser und die Frauen – neben Sisi gab es Geliebte. Seine Verhältnisse zu Anna Nahowski und Katharina Schratt sind mit Briefen und noch nie ausgestellten Bildern dokumentiert. Der Kaiser und die Kinder, die Generationen der Neffen und des Großneffen. Der Ast im Stammbaum des Monarchen bricht vor Kronprinz Rudolf ab, dem einzigen Sohn, der sein Leben 1889 in Mayerling mutmaßlich durch Selbstmord beendete. Bei der Aufbahrung 1916 bleiben Franz Joseph nur noch Funeralkronen und Insignien: der Erzherzogshut, die Kaiserkrone, die Stephanskrone, die Wenzelskrone, der Vliesorden und der Reichsapfel. Sic transit gloria mundi . . .

KAISER FRANZ JOSEPH



„Die Presse“- „Geschichte“, Band 3.1848 bekam Österreich mit Franz Joseph einen neuen Kaiser. Unser Historikerteam rund um Günther Haller legt nun zu seinem 100. Todestag ein Magazin über die spannenden 68 Jahre seiner Regentschaft vor. Bestellung unter: DiePresse.com/geschichte. Preis: 8,90 €, für Abonnenten 6,90 € (Gratisversand) oder im Handel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2016)

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