Kaisers Oldtimer in der Wagenburg

Festliche Heimkehr Wagen des Kaisers
Festliche Heimkehr Wagen des Kaisers(c) APA (PFARRHOFER Herbert)
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Im Sommerschloss Schönbrunn in Wien wird in der Schau „Repräsentation und Bescheidenheit“ der größte Fuhrpark der Monarchie gehegt und gepflegt.

Neben der Großausstellung im Schloss Schönbrunn anlässlich des 100. Todestages Kaiser Franz Josephs („Die Presse“ berichtete am Mittwoch) präsentiert sich auch die ehemals kaiserliche Wagenburg in Schönbrunn mit raren Exponaten. Der prachtvolle Fuhrpark des Kaiserhauses ist eine weltweit einzigartige Sammlung von Oldtimern, dazu gibt es noch Uniformen und persönliche Kleidungsstücke aus dem Besitz des einstigen Erzhauses zu bewundern. Immerhin ist das normalerweise unzugängliche Monturdepot die größte Uniformsammlung Europas.

Spätestens seit der Lektüre von Joseph Roths „Radetzkymarsch“ weiß man, wie groß die Liebe Franz Josephs zur Armee, wie nervig seine Pingeligkeit in puncto Uniform-Reglement sein konnte. Nicht die kleinste Überschreitung der vorgegebenen Höhe des Mantelkragens entging seinem scharfen Auge („Eitel, wie nur die Italiener sein können“). Ungezählte Uniformen ausländischer Regimenter, deren „Ehreninhaber“ Franz Joseph war, hielt der treue Leibkammerdiener Eugen Ketterl in Schuss. So auch die jeweils aktuelle schwedische Generalsmontur. Als die dortigen Uniformen geringfügig modernisiert wurden, gab der Kaiser sofort die neueste Machart in Auftrag. Und der schwedische Monarch staunte bei seinem Besuch in Wien: Die hatte er noch nicht . . .

Was heute undenkbar wäre, war damals Alltag. Auf dem Weg von Schönbrunn in die Hofburg saß der Kaiser in der offenen Kutsche, sommers wie winters. Dies war für Bittsteller die beste Gelegenheit, dem Herrscher eine Petition in den offenen Landauer zu werfen. Das „Interessante Blatt“ schildert in Wort und Bild einen bösen „Kollateralschaden“ in der Johnstraße: Ein Bäckergeselle wurde von der kaiserlichen Equipage gestreift. Das Fahrrad lag verbeult am Straßenrand, die Kutsche hielt an und die Apostolische Majestät geruhte das Wort an den Unglücklichen zu richten, der bereits die Kappe in der Hand hielt: „Ist Ihm etwas geschehen?“ – „Nichts, Majestät“, beteuerte der Lädierte und wird dieses umwerfende Erlebnis noch seinen Kindeskindern erzählt haben.

So bescheiden der alte Herr in seiner privaten Lebensführung war, bei den öffentlichen Auftritten mangelte es nicht an ganz außerordentlichem Pomp und Glamour. Die Leibwagen, die prachtvollen Pferdegeschirre, die erlesenen Festkleider, noblen Hoflivreen und bunten Uniformen sind nun in der Wagenburg zu sehen. Glanzlicht ist der Gala-Staatswagen aus dem Jahr 1865, in dem die Majestät stets zu Fronleichnam zum Stephansdom fuhr. Ergänzt wird das Gefährt mit dem opulenten Geschirr für die acht Kladruber Schimmel mit prachtvollen Beschlägen und Schnallen. Die Alltagsgarderobe des Kaisers war schmucklos. Umso prunkvoller hingegen seine Ordensornate. Zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert wird der prachtvolle Ornat des Hosenbandordens, den ihm Queen Victoria 1867 verlieh.

Apropos: Warum die privatisierte Schönbrunn-Betriebsgesellschaft nichts von der inzwischen eröffneten Franz-Joseph-Ausstellung in der Nationalbibliothek wusste, bleibt wohl ein Mysterium heimischer Bürokratie.

KAISER FRANZ JOSEPH

„Die Presse“- „Geschichte“, Band 3.1848 bekam Österreich mit Franz Joseph einen neuen Kaiser. Unser Historikerteam rund um Günther Haller legt nun zu seinem 100. Todestag ein Magazin über die spannenden 68 Jahre seiner Regentschaft vor. Bestellung unter: DiePresse.com/geschichte. Preis: 8,90 €, für Abonnenten 6,90 € (Gratisversand) oder im Handel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2016)

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