Kulturrevolution: China bricht Schweigen über "Dekade des Unglücks"

Ein Porträt des chinesischen Diktators Mao Zedong.
Ein Porträt des chinesischen Diktators Mao Zedong.APA/AFP/NICOLAS ASFOURI
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Nachdem Chinas Medien den 50. Jahrestag am Montag geschlossen ignoriert hatten, ruft die Parteipresse auf, ähnliche Eskapaden zu verhindern.

Einen Tag, nachdem sich der offizielle Beginn der Großen Proletarischen Kulturrevolution zum 50. Mal jährte, brachen Chinas Parteimedien am Dienstag ihr Schweigen zu den grausamen Eskapaden. Peking hatte den Jahrestag am Montag wie in den Jahren zuvor völlig ignoriert - wohl aus Angst, dass Diskussionen über die Rolle der Partei während der zehn desaströsen Jahre zwischen 1966 und 1976 ihre Legitimität untergraben könne.

So gab es keine offiziellen Gedenkveranstaltungen für die bis zu zwei Millionen Opfer der Kampagne. Nur selten wird die Zeit des von Chinas Langzeitdiktator Mao Zedong ausgerufenen Klassenkampfes in offiziellen Äußerungen erwähnt. In der Öffentlichkeit ist das Thema weitgehend Tabu.

Am Dienstag aber thematisierten zwei Kommentare in parteinahen Zeitungen den Jahrestag am Vortag. Der "People's Daily" warnte die chinesische Regierung davor, Fehler aus dieser Zeit zu wiederholen. So etwas dürfe nie wieder passieren. "Die Geschichte hat bereits hinreichend bewiesen, dass die Große Kulturrevolution in theoretischer und praktischer Sicht ein völliger Fehler war", hieß es in dem Kommentar des Partei-Sprachrohrs. Nun müsse man aus der Geschichte lernen, um besser voranschreiten zu können.

Partei erwähnt Maos zentrale Rolle nicht

Der Schaden der durch die Kulturrevolution entstanden sei, sei umfassend und schwerwiegend, schrieb der Autor. Er verwies damit auf eine Parteienresolution von 1981, fünf Jahre nach dem Tod von Mao Zedong, in der die Kommunistische Partei die Kulturrevolution "von Grund auf negiert". An dem Parteientschluss sei auch nicht zu rütteln, wies der Kommentar hin. Westliche Historiker aber betrachten die Resolution als Versuch der Partei, sich ihre Deutungshoheit über die zehnjährige Kampagne zu sichern. Zumal Maos zentrale Rolle - der alternde Diktator hetzte sein Volk gegeneinander auf, um seine Macht abzusichern und Gegner auszuschalten - nicht erwähnt wird.

Ähnlich argumentiert ein zweiter Leitartikel in der parteinahen "Global Times": Die Dekade des Unglücks habe schwere Verluste verursacht und vielen Chinesen dauerhaftes Leid zugefügt, heißt es in dem Kommentar. "Die Werte der Kulturrevolution völlig zu leugnen, wird der chinesischen Gesellschaft helfen, wachsam gegenüber jeglicher Art von Chaos zu bleiben."

Bevölkerung bleibt skeptisch

Die "Global Times" argumentierte auch, dass Maos Massenmobilisierung im Endeffekt positive Auswirkungen auf China hatte: "In den vergangenen Jahren habe viele Entwicklungsländer innere Unruhen erlebt - aber nicht China. Ein wichtiger Grund ist, dass die Lehren aus der Kulturrevolution der Nation eine gewisse Immunität verliehen haben. Niemand fürchtet Unruhen und verlangt nach Stabilität mehr als wir." Die Kulturrevolution könne und werde sich nicht wiederholen, heißt es in dem Kommentar. "Es ist kein Platz dafür im heutigen China."

Chinas Bevölkerung aber bleibt skeptisch. "Da ein Großteil der Informationen über diese, ein halbes Jahrhundert alte historische Tragödie nach wie vor weitgehend zensiert werden, wie können dann Chinesen ernsthaft Lehren daraus ziehen?", schrieb ein Leser unter den Kommentar der "Global Times".

>>> Zum Kommentar in "People's Daily".

>>> Zum Kommentar in der "Global Times".

(maka)

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