Einst Pionierleistung, heute Nostalgie: 125 Jahre Erzbergbahn

Am 17. September 2016 feiert man im Erzberg-Gebiet den Geburtstag der historischen Eisenbahn. Ein Rückblick auf 125 steile Jahre.

Highspeed-Eisenbahnstrecken quer durch Österreich sind eine feine Sache, doch wer im digitalen Zeitalter eine Fahrt mit einem Nostalgiezug bucht, der wählt ganz bewusst die gemächliche Gangart. Auf diesen Strecken ist der Weg das Ziel und das Tempo ohne jede Bedeutung. Man wird an die alte Anekdote von dem Reisenden erinnert, der wegen der zahlreichen Aufenthalte des Zuges schon einigermaßen wütend aus dem Fenster blickt und einen Mann, der langsam neben dem Geleise entlangschlendert, fragt: „Und wie lang dauert’s hier wieder?“ Der Mann zuckt stumm die Achseln. „Gehören Sie zum Zugpersonal?“ – „Ich bin der Bremser.“ Der Reisende: „Gebremst wird auch noch …“

Typischer stufenförmiger Abbau am Erzberg.
Typischer stufenförmiger Abbau am Erzberg. (c) imago/CHROMORANGE (imago stock&people)

In der Regel ist bei Liebhabern historischer Züge die Stimmung im Waggon heutzutage deutlich besser. Damit sind wir beim Anlass: Am Samstag, dem 17. September 2016, wird das 125-Jahr-Jubiläum der steirischen Erzbergbahn gefeiert, der Festakt beginnt im Bahnhof Vordernberg Markt um 10 Uhr, um 11.10 – wir rechnen mit pünktlicher Abfahrt! – ist die Jubiläumszugsfahrt zum Bahnhof Erzberg (und zurück!) angesetzt, mit weiteren Zugsfahrten ist im Lauf des Tages zu rechnen (www.erzbergbahn.at). Der Verein Erzbergbahn, ohne den es 2016 kein Bahnjubiläum zu feiern gäbe, liefert die Informationen, dass Blasmusik und steirischer Schilcher für heitere Stimmung sorgen, ist anzunehmen.

„Erz auf immerdar“

Tauchen wir tief in die Zeiten, stoßen wir auf den Wassermann, der im Leopoldsteiner See, zu Füßen des Erzberges, wohnte und die Eisenerzer, die ihn aus dem Wasser fingen, auf den Reichtum des Erzberges hinwies. Zum Dank ließen sie ihn wieder frei, sein Lösegeld war der Spruch „Erz auf immerdar.“ 712 ist der sagenhafte Beginn des Erzberg-Abbaus, also schon in vorrömischer Zeit trugen slawische Siedler mit Tragkörben das Erz zu Tal. Das „norische Eisen“ war ein erstklassiger Exportartikel, vor allem auch zur Ausrüstung der römischen Legionen, das alte Königreich Noricum wurde in Rom deshalb sehr geschätzt. Im frühen 16. Jahrhundert siedelten sich in den wasser- und waldreichen Tälern viele Schmiede nieder, sie wurden als „schwarze Grafen“ bekannt, Eisenwurzen wurde eine bedeutende Wirtschaftsregion und Zentrum der Kleinindustrie.

Die Erzbergbahn ist heute eine beliebte Nostalgiebahn.
Die Erzbergbahn ist heute eine beliebte Nostalgiebahn. Verein Erzbergbahn / Winfried Höpfl

Doch wie brachte man das Erz effizienter ins Tal, zu den Verarbeitungsstätten? Der Beruf der Sackzieher entstand: Sie schufen eine Transportrinne im Wald, präparierten vor dem Winter wie die heutigen Skipistenbauer rinnenartige Serpentinen. War Schnee gefallen, ging es los mit dem Sackzug: Jutesäcke, die an der Unterseite mit einer Schweinshaut verstärkt waren, wurden aneinandergehängt, jeder Sack konnte 50 bis 60 Kilogramm Erz fassen. Zwei bis drei Sackzieher überwachten die höllische Talfahrt, durchschnittlich bildeten 12 bis 16 Säcke einen Sackzug. Bis ins 19. Jahrhundert war dies neben Fuhrwerken, die allerdings teurer waren, das bevorzugte Erztransportmittel.

Der Eisenbahnboom beginnt

In Österreich setzte ab der Mitte des 19. Jahrhunderts der Eisenbahnboom ein. Das Ende der Sackzieher zeichnete sich ab. Ab 1864 plante man auch für die topographisch komplizierte Gegend um den Erzberg Bahnlinien. Mutige Unternehmer projektierten eine Pferdeeisenbahn von Hieflau nach Eisenerz, die den Präbichl mit zwei Tunnels durchfahren sollte. Gut, dass es nicht zur Ausführung kam, bis man den Tunnel fertig gebaut hätte, wäre die Pferdeeisenbahn schon wieder veraltete Technologie gewesen. Für Nichtsteirer: Der Präbichl ist ein 1226 m hoher Gebirgspass, der Pass verbindet die Gemeinden Vordernberg und Eisenerz. Die alte Pass-Straße wurde schon im Mittelalter genützt und wies eine Steigung bis zu 24 Prozent auf. Für den Transport der Ausbeute des Erzbergs war die Überwindung des Präbichl unabdingbar, um das Material zu den Schmelzöfen in Eisenerz und Vordernberg zu bringen und von hier aus zu den zahlreichen Hüttenbetrieben beiderseits des Erzbergs, insbesondere nach Donawitz und Linz.

Event am Erzberg: Das Motorradrodeo.
Event am Erzberg: Das Motorradrodeo. (c) APA/ERWIN SCHERIAU

Richtig aufwärts ging es mit der Gegend 1881, als die „Österreichische Alpine Montangesellschaft“ den Bergwerksbetrieb übernahm und den Etagen-Abbau einführte, dem der Erzberg seine charakteristische Stufenpyramidenform verdankt. Im Oktober 1888 bekam schließlich die Firma die Konzession für den Bau und Betrieb einer 20 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Eisenerz und Vordernberg. Von Leoben nach Vordernberg existierte bereits eine Bahnverbindung, auch von Hieflau nach Eisenerz, es ging also um das komplizierte Zwischenstück.

Schwierige Trassierung

Am 15. September 1891, also vor 125 Jahren, wurde sie als Zahnradbahn in Betrieb genommen. Vorangegangen war ein gewaltiger bautechnischer Aufwand, es mussten ja nicht nur enorme Steigungen bewältigt, sondern auch große Nutzlasten transportiert werden. Unzählige Dämme, Stützmauern und Hangsicherungen waren nötig, 5 Tunnels und 8 Viadukte wurden angelegt, der 1300 Meter lange Plattentunnel durchquert den Erzberg direkt unter dem Gipfel, 32 Meter hoch waren die höchsten Viadukte mit bis zu 10 Bogenöffnungen. Der Bahnbau wurde wegen der anspruchsvollen Trassierung viel teurer als erwartet, es gab unvorhergesehene Schwierigkeiten, ungünstige Gebirgsbeschaffenheiten, Wassereinbrüche in den Tunnels, harte Winter. Der Staat musste einspringen, so wurde die „Localbahn Eisenerz – Vordernberg“ ein staatliches Unternehmen und auch für den Personenverkehr geöffnet. Da hatte sie aber nur lokale Bedeutung, für die Arbeitspendler der Bergbauindustrie und den Ausflugsverkehr auf den Präbichl.

Mit Schienenbus jeden Sonntags Ausflugstouren
Mit Schienenbus jeden Sonntags AusflugstourenVerein Erzbergbahn / Winfried Höpfl

2070, sagten einst die Fachleute, werde der Erzberg „leer“ sein. Doch der „Steirische Brotlaib“, wie er genannt wurde, hörte schon früher auf, die Region zu ernähren. Die steirische Eisenstraße ist heute eine Kette von vergangener Schönheit. Vorbei das Rauchen der Hochöfen, das Pochen der Hammerwerke und das Hämmern der Schmieden. Die ehemaligen Hochburgen der Eisenindustrie kämpfen mit Abwanderung, 1988 stellte die ÖBB die Strecke nach Eisenerz ein, sie wurde im Juni 1990 eine Museumsbahn. 2003 erwarb sie der Verein Erzbergbahn mit Unterstützung der beiden Gemeinden Eisenerz und Vordernberg: „Eines wollen wir alle nicht, dass es irgendwann heißt, die Erzbergbahn fährt nicht mehr“, heißt es im Verein, der sich um die Betreuung und Wartung der Bahnstrecke kümmert. Sie zieht auch wegen der malerischen Gebirgsumgebung Eisenbahnliebhaber aus aller Welt an, als steilste Normalspurbahn des Landes ohnehin. Ein Rückschlag war 2010: Durch eine Mure und schwere Unwetterschäden war ein Teilstück der Nordrampe vorübergehend nicht mehr benutzbar. Seit es das beliebte Erzberg-Rodeo gibt, ein Motorradspektakel am Präbichl, lernen wieder mehr Besucher die Erzbergbahn kennen: Schienenbusse dienen als Zubringer für die Besucher. Wegen ihrer technik-geschichtlichen und kulturellen Bedeutung aus der Zeit der Hochindustrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Erzbergbahn 2008 unter Denkmalschutz gestellt.

Fakten

Die Bahnlinie Eisenerz – Vordernberg ist normalspurig (1435 mm) und hat eine Länge von 19,95 km. Sie ist überwiegend eine Zahnradbahn, teil eine Adhäsionsbahn. Scheitelpunkt ist der Bahnhof Präbichl, der Höhenunterschied auf der Eisenerzer Seite ist 512 Meter, auf der Vordernberger Seite 436 Meter, das mittlere Gefälle ist 54 Promille, in mehreren Abschnitten wird eine Maximalneigung von 71 Promille erreicht. Betrieben wurde die Bahn mit Dampflokomotiven aus der Floridsdorfer Lokomotivfabrik, 1978 wurde der Dampfbetrieb eingestellt, bis zur Einstellung der Erztransporte im Jahr 1986 wurden dann Dieselloks eingesetzt. Die Erzbergbahn gilt als die steilste normalspurige Adhäsionsbahn innerhalb der Europäischen Union. Für den Erztransport wird heute nur mehr der 1,5 km lange Abschnitt zwischen Eisenerz und Krumpental genutzt.

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