Schrieb Hitler geheime Autobiographie unter falschem Namen?

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Historiker Thomas Weber liefert Archivfunde, die belegen sollen: Hitler hat neben „Mein Kampf“ ein zweites Buch geschrieben.

Adolf Hitler lässt die Historikerzunft nicht ruhen, beim Deutschen Historikertag im September 2016 war der Vortragssaal zum Bersten gefüllt, als am Podium hitzig über Sinn und Zweck der neuen Edition von „Mein Kampf“ diskutiert wurde. Nun liefert der renommierte Hitler-Forscher Thomas Weber, der derzeit an der Universität von Aberdeen lehrt, eine Überraschung. Seine Behauptung, Hitler habe bereits zwei Jahre vor „Mein Kampf“ unter dem Namen eines anderen Autors eine Autobiographie veröffentlicht, lässt aufhorchen. Schließlich gilt Thomas Weber seit seiner detaillierten Studie über Hitlers Gefreitenlaufbahn im Ersten Weltkrieg (erschienen 2010) und seit seinem jüngsten Buch „Wie Adolf Hitler zum Nazi wurde“ (2016) als ausgewiesener Kenner der Biographie des frühen Hitler.

Vieles von Hitlers Biographie lag Anfang der zwanziger Jahre im Dunkeln, Fehlinformationen waren an der Tagesordnung. War er Künstler, Anstreicher, Tapezierer? Österreicher, Tscheche, Halbjude? 1923 entwickelte sich ein ganzer Legendenkranz um Hitler, die Verehrung unter seinen Anhängern nahm grotesk-mystische Züge an. Im Oktober dieses Jahres erschien nun eine Art von Biographie „Adolf Hitler. Sein Leben und seine Reden“, als Autor schien der mit dem Nationalsozialismus sympathisierende Konservative Adolf-Viktor von Koerber auf, der auch Artikel für den „Völkischen Beobachter“ verfasste. Das Buch wurde 1925 wegen „Beschimpfung der republikanischen Staatsform des Reiches“ beschlagnahmt und eingezogen. Bereits 1926 erfolgte der Bruch Koerbers mit den Nationalsozialisten, er wurde Berliner Korrespondent des Neuen Wiener Journals.

Große Beachtung in völkischen Kreisen

University of Aberdeen

Das Buch ist eine Hagiographie, enthielt neben den Reden eine Lebensbeschreibung des Wiener „Bauarbeiters“, der sich den Linken widersetzte und sich durch unermüdliches Lesen seine Bildung erwarb. „Mit dem zwanzigsten Lebensjahr schon war die Elementarbildung dieses aufstrebenden jungen Denkers abgeschlossen.“ Durch seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg sei er „sehend“ geworden, nachdem er sein „Golgatha“ und einen „erbarmungslosen Kreuzestod“ durchlitten habe. Koerbers Schrift fand in völkischen Kreisen große Beachtung, erstmals lernte ein größerer Kreis Hitlers Biographie kennen. Viele Formulierungen finden sich fast wortgleich im 1925 erschienenen autobiographischen Buch Hitlers „Mein Kampf.“ Hat er sich mit diesen Sätzen bei Koerber bedient oder stammt das Buch von 1923 überhaupt von ihm?

In den aktuellen britischen Zeitungen und bei "SPIEGEL Online" wird über Thomas Webers Archivrecherchen berichtet: Er habe im Nachlass Koerbers in Südafrika Aussagen gefunden, die Hitlers als Verfasser des Buches identifizierten, dazu komme eine eidesstattliche Aussage der Witwe des damaligen Buchverlegers, die ebenfalls Hitlers Urheberschaft bezeugten. Thomas Webers Schlussfolgerungen: Hitler, der sich 1923 nicht selbst als „Führer“ empfehlen konnte, habe einen falschen Autorennamen gewählt, um sich selbst ins hellste Licht zu stellen. Beweis dafür, dass er schon sehr früh  als „geschickter Manipulator und politischer Strippenzieher“ (Zitat nach SPIEGEL Online) selbst die Fäden gezogen habe, keine Rede davon, dass er als Trommler und Strohmann von Hintermännern nach oben bugsiert wurde. Er sah sich vielmehr bereits damals als „Erlöser Deutschlands“, der schamlose Vergleich mit Jesus weist darauf hin, er musste nicht erst von seinen Anhängern überzeugt werden, dass Deutschland seiner bedürfe.

Hat Thomas Weber recht, war Hitlers „Mein Kampf“ nicht das einzige Buch Hitlers, sondern er hat bereits zwei Jahre zuvor planmäßiger als bis jetzt angenommen seine Rolle als „Führer“ aufgebaut und mit einem Buch untermauert.

>>> Bericht auf "Spiegel ONLINE"

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