Was Mock nicht durfte, machte später Schüssel

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ARCHIVBILD: TV-DUELL: VRANITZKY - MOCK(c) APA (First Look)
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Vor dreißig Jahren hätte es die ÖVP in der Hand gehabt, eine schwarz-blaue Koalition zu bilden.

Wien. Am 15. Jänner 1987 begann für Österreichs Innenpolitik ein neues Kapitel. Die Chefs der zwei damaligen Großparteien, Franz Vranitzky für die SPÖ und Alois Mock für die ÖVP, besiegelten ihr Koalitionsübereinkommen. Vor dreißig Jahren also wurde die Große Koalition wiederbelebt, wie sie von 1945 bis zum Jahr 1970 Usus war.

Im September 1986, gleich nach der Machtübernahme Jörg Haiders bei den Freiheitlichen, hatte es Vranitzky auf Neuwahlen angelegt. Er wollte aus der Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ aussteigen. Ein riskantes Manöver. Denn nicht nur Mock war ihm in Umfragen gefährlich nahe gerückt, sondern auch Haider spürte Aufwind. „Vranz“ hatte Glück und blieb mit 80 Nationalratssitzen knapp vorn, Mock fiel auf 77 zurück. Haider kam auf 18, die Grünen zogen mit acht Mandataren erstmals ins Hohe Haus ein.

So besaß die Volkspartei zwei Optionen: entweder als kleinerer Regierungspartner mit der SPÖ oder als dominierender Teil mit der Haider-FPÖ. In einer turbulenten Vorstandssitzung entging Mock am 5. Dezember 1986 nur ganz knapp seiner Absetzung. Denn er bevorzugte die kleine bürgerliche Koalitionsvariante. Die Mehrheit war dagegen und stellte die Weichen für eine Regierungskonstellation, wie sie bis dato besteht.

Vranitzky hatte dagegen durch seine scharfe Absage an die FPÖ nur eine einzige Option. Er ahnte bereits, dass er gehörig Federn lassen musste. Denn Mock war allseits als pedantischer und sturer Verhandler gefürchtet. „Vranz“ hatte keine Wahl.

So musste die SPÖ notgedrungen mit der Volkspartei halbe-halbe machen. Das prestigeträchtige Außenamt ging an den neuen Vizekanzler, Alois Mock, was nicht nur die Jusos entsetzte. Auch der alte Bruno Kreisky war dermaßen empört, dass er im „Presse“-Interview androhte, den Ehrenvorsitz in der SPÖ zurückzulegen. Vranitzky zuckte kurz zurück, unterbrach die Verhandlungen, aber er hatte keine andere Wahl. Darauf Kreisky – aus dem Spital: „Der Zustand der SPÖ ist katastrophal. Erwin Lanc, Herbert Salcher, Karl Blecha und Heinz Fischer zu entmachten, das ist Wählertäuschung!“ So sagte sich der Politikpensionist los „von dieser SPÖ der Bürokraten, nicht aber von der Bewegung!“

Man nahm's zur Kenntnis. Was aber sollte mit der VP-Schlüsselfunktion im Nationalrat passieren, dem Fraktionsvorsitz, den Mock nun aufgab? Wolfgang Schüssel, Parlamentarier und Generalsekretär des Wirtschaftsbundes, sah seine Chance. Und kandidierte für den Klubobmann-Posten. Der Ehrgeiz des jungen Mannes wurde von den Mandataren nur bedingt goutiert: Mit zwei Stimmen Vorsprung wählten sie den einstigen Jugendobmann Fritz König zu ihrem Anführer. Schüssel durfte zwar in den Bankreihen vorrücken, musste aber noch zwei Jahre auf höhere Weihen warten. (hws)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.01.2017)

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