Die Staatskunst Maria Theresias

Zöglinge der Theresianischen Militärakademie in Wr. Neustadt. Bernhard Albrecht, um 1790
Zöglinge der Theresianischen Militärakademie in Wr. Neustadt. Bernhard Albrecht, um 1790(c) Schloss Schönbrunn Kultur- u. Betriebsges. m. b. H/ Alexander E. Koller
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Die Außen- und Innenpolitik der Regentin werden auf den Schlössern Hof und Niederweiden didaktisch klug aufbereitet. Auch die Schattenseiten sind thematisiert.

Von Schloss Hof aus, an der östlichen Grenze Niederösterreichs, ist die slowakische Hauptstadt deutlich zu sehen. Im Spaziergang kann man Bratislava erreichen. Vom einstigen Landsitz des Prinzen Eugen aus, ihrem bevorzugten Alterssitz als Witwe, hatte es Maria Theresia nicht weit in die damals zum nahen Ungarn gehörende Stadt Pressburg, in der sich die Tochter Kaiser Karls VI. krönen ließ – zur ungarischen Königin. Ab 1740 herrschte sie vier Jahrzehnte lang über das Habsburgerreich.

Maria Theresia musste sich ihre Länder erkämpfen. Sofort nach ihrem Machtantritt eröffneten europäische Großmächte Erbfolgekriege. Ziel der gegen die junge Herrscherin gerichteten, von Preußenkönig Friedrich II. angeführten Allianz: die Zerstückelung der Habsburger Besitzungen. Mit der Eroberung Schlesiens konnte Friedrich zwar einen Teil seiner Pläne verwirklichen, doch Maria Theresia hielt ihr Reich alles in allem zusammen und reformierte es zudem mithilfe außergewöhnlicher Berater grundlegend.

Eine neue „Magna Mater Austriae“

Die Landesmutter stiftete Identität. Schwärmerisch wurde ihr Mythos besonders im 19. Jahrhundert gepflegt: Erst durch Maria Theresia, die durch die Heirat mit Franz Stephan das kinderreiche Haus Habsburg-Lothringen begründete, sei, so hieß es, ein moderner Staat im Vielvölkerreich entstanden. Die Regentin hat man später, als die Bedeutung der Habsburgermonarchie schwand, sogar als zweite „Magna Mater Austriae“ bezeichnet, in beinahe ketzerischer Anlehnung an die in Mariazell verehrte Gottesmutter.

Ihre Lebzeiten waren dynamisch. Das ist derzeit schlüssig in zwei vom Wiener Historiker Karl Vocelka kuratierten Teilausstellungen zu Maria Theresia zu sehen, nicht idealisiert, sondern konturiert. Es gab auch Schatten, etwa ihre negative Einstellung zu Protestanten und Juden. Auf Schloss Hof widmet man sich vor allem der Außenpolitik, den zahlreichen Kriegen und der Diplomatie. Auf dem nah gelegenen Schloss Niederweiden geht es um Innenpolitik und die Reformen, die Maria Theresia und ihr Sohn, Kaiser Joseph II., durchführen ließen.

Vier Ausstellungen (in dieser Kooperation von Kunsthistorischem Museum und Schloss Schönbrunn) ergeben also ein Gesamtbild: „300 Jahre Maria Theresia – Strategin. Mutter. Reformerin“. In Wien (siehe Besprechung in der „Presse“ vom 15. 3.) wird in der Wagenburg vor allem spätbarocker Glanz gezeigt, im Hofmobiliendepot das Familiäre sowie die Rezeptionsgeschichte. Auf den Landschlössern aber geht es, didaktisch klug aufbereitet, vor allem um Staatskunst.

In Schloss Hof beginnt die Schau „Bündnisse und Feindschaften“ mit der Pragmatischen Sanktion als Vorgeschichte, mit den Verträgen, durch die Karl VI. bereits Jahre vor der Geburt Maria Theresias absichern wollte, dass seine Lande unteilbar blieben und zudem eine Tochter herrschen könne. Man sieht Porträts zur Genealogie und auch den Ernstfall: die Aufbahrung des verstorbenen jungen Erzherzogs Leopold in der Hofburg 1716 sowie die Anzeige der Geburt der Tochter 1717. Schon ist das Trauergerüst für Karl VI. errichtet. Ausführlich wird Maria Theresias Jugend aufbereitet, ein Druck zeigt ihre Hochzeit mit Franz Stephan in der Augustinerkirche. Das Dokument zu dessen sofortiger Ernennung zum Mitregenten am 21. Oktober 1740 ist ebenfalls ausgestellt.

Was folgt, sind Kriege. Sie werden die Regentschaft Maria Theresias prägen, nur exemplarisch sind sie hier zu sehen, auch in Präsentationen auf Monitoren. Den Schrecken vermittelt eindringlich eine Amputationssäge, eine Vorstellung von der Brutalität gibt auch ein kolorierter Kupferstich aus dem Siebenjährigen Krieg: „Vorstellung der Gefangennehmung eines Preußischen Corps bey Maxen den 21. Nov. 1759“. Die Darstellung der Armee und ihrer Generäle nimmt breiten Raum ein – z. B. Lacy, Hadik, Liechtenstein, Daun und Laudon. Die meisten von ihnen wie auch die Reformer zieren das Denkmal Maria Theresias zwischen Kunst- und Naturhistorischem Museum.

„Nützliche Ausbildungsstätten“

„Modernisierung und Reformen“ heißt die kleinere Schau auf Schloss Niederweiden. Statt der Generäle sieht man nun Ratgeber wie Sonnenfels, Kaunitz, van Swieten, Haugwitz, die den Staat erneuerten, den Unterricht verbesserten, das Volk zählten, das Land kartografierten. Die Münzreform ist durch den Maria-Theresien-Taler illustriert, er kursiert bis heute. Entzückend der Eindruck aus alten Schulklassen, so detailreich wie die Gemäldeserie aus der Militärakademie in Wr. Neustadt. Die Objekte sind nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Slowakisch ausgeschildert: Bratislava ist eben nur einen Fußmarsch entfernt. 20 Prozent der Besucher kommen aus dem Nachbarland.

Bis 29. November 2017 zu sehen auf Schloss Hof sowie Schloss Niederweiden, im Hofmobiliendepot und der Kaiserlichen Wagenburg. Katalog: Amalthea Verlag, € 34.

„Maria-Theresia“ – das Magazin

Zum 300. Geburtstag der Kaiserin hat ihr „Die Presse“ die sechste Ausgabe des „Geschichte“-Magazins gewidmet: Erhältlich im Einzelhandel bzw. online (diepresse.com/geschichte): 8,90 Euro, für „Presse“-Abonnenten nur 6,90 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2017)

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