Kriegsverbrechen

Groteske um NS-Mörderin

Maria Mandl wurde zum Tod verurteilt.
Maria Mandl wurde zum Tod verurteilt.(c) Wikipedia/Public Domain
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Nach Intervention des Mauthausen Komitees hebt die Justiz eine falsche Todeserklärung einer KZ-Aufseherin auf.

Wien. Ihre Opfer gaben der Oberaufseherin den Beinamen „Die Bestie“. Maria Mandl aus dem oberösterreichischen Münzkirchen war wegen ihrer Brutalität besonders gefürchtet, seit 1938 war sie Mitglied der SS und Aufseherin in insgesamt vier Konzentrationslagern, darunter Ravensbrück und Auschwitz. Sie nahm an Selektionen für die Gaskammern und medizinischen Experimenten teil, „sie hat schlagen können, sie hat erschlagen können“, so eine Zeitzeugin, das habe ihr Lust bereitet.

Auf sie ging die Gründung des Mädchenorchesters in Auschwitz zurück. Das Orchester musste täglich zum Appell der Arbeitskolonnen aufmarschieren und spielen. Maria Mandl wurde von den KZ-Insassen als schön, intelligent und grausam beschrieben: „Sie misshandelte sogar Häftlingsfrauen, die von ihr auf dem Selektionsweg zum Tode ausgesondert waren.“

Nach dem Ende des NS-Regimes weigerte sich ihre Familie in Münzkichen, sie aufzunehmen, sie floh vor den Amerikanern, wurde entdeckt, an Polen ausgeliefert und nach einem Prozess im Jänner 1948 vom Obersten Volkstribunal in Krakau hingerichtet. Mandl sah sich selbst als Unschuldige und stellte sich in grotesker Umkehrung der Tatsachen als Verfolgte der Nazis hin, bis sie letztlich doch in die Mühlen der Justiz geriet.

Im Innviertel ist die Geschichte dieser Frau noch immer ein Tabu, so der Filmemacher Christian Strasser nach seinen Recherchen zu dem Film „Pechmarie“. Für Aufsehen sorgte dann das Kreisgericht (heute Landesgericht) Ried 1975 mit einer Todeserklärung zu Maria Mandl. Darin heißt es, dass sie 1939 in ein Konzentrationslager eingeliefert wurde und seither kein Lebenszeichen mehr von ihr existiere. Vermutlich sei sie 1944 ums Leben gekommen. Damit widmete das oberösterreichische Gericht eine NS-Aufseherin und Kriegsverbrecherin zum KZ-Opfer um.

Das Dokument beruft sich „auf die gepflogenen Erhebungen, insbesondere auf die Mitteilungen des Marktgemeindeamtes Münzkirchen“. 42 Jahre später nahm sich das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) dieser juristischen Fehlleistung an und ging an die Öffentlichkeit. „Das ist eine dreiste, von der Justiz abgesegnete Geschichtsfälschung. Es ist einfach nicht zu akzeptieren, dass die Justiz mit einem Rechtsakt dies stützt“, so Robert Eiter, Vorstandsmitglied des MKÖ. „Die wirklichen KZ-Opfer, von denen ja manche noch leben, fühlen sich verhöhnt, wenn eine NS-Täterin als eine von ihnen dargestellt wird.“ Die Gemeinde Münzkirchen, so Eiter, müsse sich endlich dem historischen Thema stellen und die Verdrängung dieses Themas beenden. Die Gemeinde selbst kann sich die falsche Angabe nicht erklären.

Gericht kommt Minister zuvor

Das Mauthausen Komitee wollte Justizminister Wolfgang Brandstetter ersuchen, die falsche Todeserklärung aufheben zu lassen. Dem kam das Landesgericht Ried zuvor. Recherchen im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ergaben, dass Tag und Ort der Hinrichtung Mandls hinreichend belegt sind. Daraufhin sorgte das Landesgericht für einen formellen Aufhebungsbeschluss. Die heutige Leitung des Landesgerichtes, so das MKÖ, habe keine Schuld an dem vor 42 Jahren begangenen Fehler, sie habe ihre Verantwortung wahrgenommen. Das verdiene Respekt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2017)

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