USA weichen Bilanzregeln auf: Banken können sich schön rechnen

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US-Banken(c) EPA (Justin Lane)
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US-Banken müssen nun deutlich weniger Abschreibungen vornehmen. "Das könnte Verluste in signifikante Gewinne umwandeln", warnt ein Experte. Europas Banken geraten unter Druck.

Beim G20-Gipfel wurde eine Absichtserklärung zur weltweiten Angleichung der Bilanzregeln abgegeben. Ungeachtet dessen weichte das für die US-Bilanzierungsregeln verantwortliche "Financial Accounting Standards Board (FASB)" am Donnerstag die strengen Bilanzierungsregeln auf.


Die bisherigen Regeln verlangten eine Bewertung der Investments zum gegenwärtigen Marktpreis ("mark-to-market-Regel"). Da es etwa für "giftige" Kreditpapiere in der Krise praktisch keine Käufer mehr gibt und der Preis damit gegen Null geht, mussten Banken und Unternehmen drastische Abschreibungen vornehmen.

Das ist nun vorbei: Die FASB kündigte am Donnerstag an, ihre bisherigen Regeln anzupassen und den Finanzinstituten mehr Spielraum bei der Bewertung von Ramsch-Papieren in illiquiden Märkten einzuräumen. "Das könnte Verluste in signifikante Gewinne umwandeln", zitiert das "Handelsblatt" den US-Bilanzexperten Robert Williams.

US-Banken müssen weniger Abschreibungen vornehmen

Die Regelung werde ab dem zweiten Quartal gelten, viele Banken könnten sie bereits für das erste Quartal des laufenden Geschäftsjahres anwenden. Damit müssen US-Banken nun voraussichtlich deutlich weniger Abschreibungen vornehmen, was ihre in den vergangenen Monaten unter Druck gekommene Kapitaldecke stark entlasten dürfte.

Denn die neuen Regeln erweitern die Möglichkeiten, Papiere nicht mehr auf Basis von Preisen aus Notverkäufen zu bewerten, sondern nach günstigeren Annahmen.

Konkret besagen die neuen Regeln, dass

  • es eine Höchstgrenze für Impairments bei Kreditpapieren geben soll, wenn dieser Abschreibungsbedarf nicht nur kurzfristig besteht
  • Abschreibungen überhaupt nur vorgenommen werden müssen, wenn der Wertverlust nach Meinung der Unternehmen "nicht nur kurzfristig" ist
  • Wertberichtigungen von Kreditpapieren sehr wohl vorgenommen werden müssen, allerdings verteilt auf ihre Restlaufzeit.

Voraussetzung für die "freundlichere" Bewertung ist aber in jedem Fall, dass die betreffenden Papiere nicht verkauft werden. Sonst wäre ungerechtfertigten Aufwertungen Tür und Tor geöffnet, die nur einen höheren Verkaufspreis zum Ziel hätten.

US-Bankaktien zogen an der Wall Street deutlich an. Kein Wunder: Institute wie die Citigroup könnten ihre Verluste aus Immo-Krediten um bis zu 70 Prozent senken, sagte Richard Dietrich, Professor der University of Ohio.

Banken-Lobby machte Druck

Der US-Kongress und diverse Banken hatten das FASB in den vergangenen Wochen auf eine Lockerung der Regeln gedrängt, weil sie sonst kein Ende der Milliardenabschreibungen sehen. Durch Abschreibungen wird das Eigenkapital der Banken aufgezehrt, was die Institute wiederum zwingt, ihr Kreditgeschäft einzuschränken.

Auf der anderen Seite sehen Kritiker in der Lockerung der Regeln neue Probleme auf die Banken zukommen. Dadurch werde es Banken ermöglicht, den wahren Wert von toxischen Papieren zu verschleiern. Das werde Investoren davon abhalten, diesen Firmen Kapital zukommen zu lassen. Nur weil man die Krankenakte des Patienten fälsche, werde er dadurch nicht gesund, zitiert das "Handelsblatt" Howard Silverblatt von der Ratingagentur Standard & Poor's.

Druck auf Europa steigt

Die Entscheidung des FASB erhöht den Druck auf die für Europa und die restliche Welt verantwortlichen Bilanzorganisation IASB. Institute wie die Deutsche Bank beklagen sich schon länger die unterschiedlichen Regeln in den USA und Europa. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte in London beim Treffen der G-20-Staaten, die prozyklische Wirkung der Bilanzierungsregeln solle abgeschafft werden. Das IASB weht sich aber dagegen, dem US-Beispiel rasch zu folgen.

Österreich: Niederstwertprinzip

In Österreich gilt für Umlaufvermögen das Niederstwertprinzip. Folglich müssen Wertpapiere, die als Umlaufvermögen gelten, immer zum niedrigst möglichen Buchwert in der Bilanz stehen. Aufwertungen sind möglich, jedoch grundsätzlich nur bis zum Anschaffungswert.

(Ag./phu/ebl)

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