Wiener Psychiatrie: Ein Jahr Untersuchung und kein Missstand

Symbolbild: Psychiatrie Wien
Symbolbild: Psychiatrie Wien(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Keine Beweise für Missstände, daher keine politische Verantwortung: Zu diesem Schluss ist die SP-Fraktion der Untersuchungs-Kommission gekommen. Sie kritisiert die Inszenierung der Opposition.

Jene Wiener Untersuchungskommission, die ein Jahr lang die psychiatrische Versorgung in der Bundeshauptstadt erörtert hat, geht diese Woche zu Ende. Sie hat keine Bestätigung mutmaßlicher Missstände gebracht - das steht zumindest im offiziellen Abschlussbericht, der seit heute, Montag, vorliegt. Erstellt wurde das 44 Seiten umfassende Papier von der SPÖ-Fraktion, die in der Kommission - genauso wie im Gemeinderat - über eine absolute Mehrheit verfügt.

"Es war eine umfassende und seriöse Untersuchung", versicherte der Sprecher der SP-Fraktion, Gemeinderat Christian Deutsch, am Montag im Gespräch mit Journalisten. "Beweise wurden aber nicht auf den Tisch gelegt", betonte er. Und da eine Bestätigung der von der Opposition behaupteten Missstände nicht gefunden worden sei, gebe es für solche auch keine politische Verantwortung.

Kritik an Opposition: "Showbühne"

Die Opposition habe die Kommission zum Teil als "Showbühne" missbraucht, meinte der SP-Politiker, der damit der ÖVP und vor allem den Grünen ins Gewissen redete. Letztere hätten sich mitunter durch einen "inquisitorischen Fragestil" ausgezeichnet und Zeugen mit Angeklagten verwechselt, befand Deutsch. Die SPÖ fühle sich darum auch in der Entscheidung bestätigt, Patienten oder deren Angehörige nicht als Zeugen zu laden.

Laut SPÖ hat die Kommission ergeben, dass die Pflege- und Behandlungsqualität in Wien durch eine gute Personalausstattung gewährleistet ist. Diese liege sogar über dem österreichweiten Durchschnitt. In Sachen Netzbett gebe es "verschiedene Meinungen". Deutsch: "Diese Fachdiskussion wird weiter zu führen sein." Einer der Gründe für die Einberufung der Kommission waren nämlich Vorwürfe, wonach im Otto-Wagner-Spital (OWS) der Einsatz solcher Betten zu häufig und mit unzureichender Überwachung erfolgt sei.

SPÖ: Fehler ja, Organisationsversagen nein

Generell, so zeigt sich die SPÖ überzeugt, habe das Beschwerdemanagement funktioniert. Fehler könnten passieren, ein "Organisationsversagen" sei jedoch nicht erkennbar. In dem Bericht wird nicht in Abrede gestellt, dass im OWS zum Teil "dringend erforderlicher Sanierungsbedarf" erkennbar ist. Die entsprechenden Arbeiten stünden bevor. Laut Deutsch war aber nicht die Kommission Anlass für derartige Maßnahmen. Diese seien vielmehr schon längere Zeit geplant.

Als positiv wertete der Fraktionssprecher den Umstand, dass in den vergangenen Monaten ausführlich über das Thema Psychiatrie diskutiert worden sei. Das könne zu einer Entstigmatisierung der Betroffenen beitragen.

Gegenbericht von ÖVP und Grünen

Dass die Mehrheitsfraktion SPÖ keine Missstände sieht, hat sie bereits in den vergangenen Wochen in den Sitzungen der Kommission deutlich gemacht. Umgekehrt haben auch die Oppositionsvertreter stets betont, dass sie bei ihren Vorwürfen bleiben. ÖVP und Grüne wollen einen gemeinsamen Bericht erstellen und diesen am kommenden Mittwoch präsentieren.

Das Papier wird jedoch vermutlich nicht als offizieller "Minderheitenbericht" in die Annalen eingehen. Ein solcher müsste von mindestens einem Drittel der Kommissions-Mitglieder unterzeichnet werden - im konkreten Fall also von fünf. Die FPÖ hat jedoch bereits angedeutet, dass mit ihrer Unterstützung nicht zu rechnen ist. ÖVP und Grüne alleine verfügen nur über vier Mitglieder, der Bericht bleibt damit wohl nur inoffiziell und wird nach der abschließenden Diskussion im Gemeinderat kommende Woche auch nicht dem Endbericht beigelegt.

(APA)

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