So stehen die Chancen der Hofburg-Kandidaten

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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871.000 Menschen sahen die Wahlduelle im ORF. Es war wohl die letzte Möglichkeit, dem Wahlkampf eine Wende zu geben. Über die Chancen der Kandidaten für den 24. April.

Neue Lage: Acht Tage. Gut eine Woche ist es noch bis zur Bundespräsidentschaftswahl, eine Woche, in der die Kandidaten noch einmal einen Marathon an Interviews und öffentlichen Auftritten zu absolvieren haben. Der richtige Zeitpunkt um nach den TV-Duellen einmal Zwischenbilanz zu ziehen und zu analysieren, wie die Chancen der Bewerber stehen.

Irmgard Griss - Die Herausforderin

Unabhängig, parteifrei, Herausforderin der Mächtigen. Dieses Image hat Irmgard Griss, wiewohl von den Neos unterstützt, früher ÖVP-nahe und als ehemalige OGH-Präsidentin Teil des Establishments, bis jetzt sehr gut konserviert. Im Fernsehen macht sie bella figura (sofern sie nicht lustig sein muss). Die Attacken der Gegner etwa mit der Nazi-Keule, zuletzt auch in den TV-Duellen, haben zwar Schrammen verursacht – aber sie steht noch.
Griss gelingt es, von links bis rechts potenzielle Wähler anzusprechen. Aber sie polarisiert auch. Sie hat begeisterte Fans und stößt bei anderen auf heftige Ablehnung. Ihr Manko ist ihre mangelnde Erfahrung (auch im Umgang mit Medien) und ihr von manchen als übertrieben empfundener Ehrgeiz.

Norbert Hofer - Der Überraschungsmann

Zu Beginn des Wahlkampfs hätte kaum jemand auf Norbert Hofer in der Stichwahl gesetzt. Er musste erst überredet werden, die geplante Kandidatin war Ursula Stenzel. Doch Hofers Werte stiegen in den Umfragen sukzessive an. Er profitiert vom einem anhaltenden Überraschungseffekt, seinem Image als freundlicher Freiheitlicher. Hofer tappte auch in keinen Fettnapf, die vielfach für ihn bereitstanden, wie andere Freiheitliche in der Vergangenheit. In der Puls4-„Elefantenrunde“ wurde er hernach sogar als Sieger gefeiert, bei den ORF-Duellen fiel er allerdings ein wenig ab. Dennoch hat er gute Chancen, in die Stichwahl zu kommen. Zumal er laut Umfragen derzeit eine 30-Prozent-Partei hinter sich hat. Eine geschlossene noch dazu.

Rudolf Hundstorfer - Der Regierungsvertreter

Bei Rudolf Hundstorfer hörte man die Spindoktoren bei den TV-Duellen förmlich durch. Lockerheit, Spontaneität – alles weg. Stattdessen war Hundstorfer vorrangig damit beschäftigt, seine Botschaften und vorbereiteten Vorwürfe – von regelwidrigen Plakaten der Irmgard Griss bis zu Norbert Hofers Burschenschaft – durchzubringen. Wenn es einen Verlierer der Zweierkonfrontationen gab, dann den uninspirierten SPÖ-Kandidaten.
Zudem schleppt er seit Anbeginn des Wahlkampfs den Mühlstein von Regierung und Faymann-SPÖ mit sich herum. Hundstorfer wird mit dem ungeliebten Establishment assoziiert wie kein anderer. Und trotz hemdsärmelig-sympathischen Auftretens haftet immer noch etwas Apparatschikhaftes an ihm.

Andreas Khol - Der Unbeirrte

Andreas Khol rettete im TV, was zu retten war. Und zog gewissermaßen noch einmal den Kopf aus der Schlinge. Er gab souverän den Elder Statesman, ließ – etwa gegen Norbert Hofer – den Verfassungsrechtler heraushängen. Und setzte noch eine kleine Pointe mit dem „Keep Khol“-Button.
Wie sich Khol – in den Umfragen abgeschlagen auf den hinteren Rängen – schon im Laufe des Wahlkampfs stets unbeirrt gab. „I mog des Lond, I mog die Leit“ wurde bisher wenig erwidert. Doch auch wenn ihn kaum einer wirklich mag – er selbst schüttelt unverdrossen freundlich die Hände. Khol fügt sich in einer Art lustvoller katholischer Selbstaufopferung seinem Schicksal.

Alexander Van der Bellen - Der Favorit

Es könnte ein Start-Ziel-Sieg werden. Von Beginn an lag Alexander Van der Bellen in den Umfragen voran, auch in den TV-Duellen leistete er sich keinen Ausrutscher, changierte zwischen angriffig und nachdenklich. Auch Van der Bellen dürfte in allen Lagern wildern – bei Sozialdemokraten wie Bürgerlichen. Sein größtes Atout: Er scheint – wiewohl einmal Chef der Grünen – über den Parteien zu schweben. Für einen Bundespräsidenten eine ideale Voraussetzung. Allerdings hat man bei ihm immer die Sorge, ob ihm das Amt in der Hofburg nicht zu viel würde. Und Van der Bellen polarisiert auch mit seiner im Gegensatz zu den anderen dezidierten Refugees-welcome-Linie.

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