EZB-Krisenhilfe: Verfassungsgericht deutet Kritik an

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Das deutsche Verfassungsgericht soll klären, ob die Krisenhilfe der Europäischen Zentralbank mit der Verfassung und dem EU-Vertrag vereinbar ist.

Der Präsident des deutschen Bundesverfassungsgericht, Andreas Voßkuhle, hat zu Beginn des entscheidenden Verfahrens über die Euro-Krisenpolitik der EZB Kritik an den Maßnahmen der Notenbank durchklingen lassen. Der Beschluss der EZB zum unbegrenzten Ankauf von Staatsanleihen werfe schwierigste Rechtsfragen auf, da die Europäische Zentralbank (EZB) alleine dem Recht der Europäischen Union verpflichtet sei, sagte Voßkuhle zum Auftakt der zweitägigen Beratungen am Dienstag in Karlsruhe.

Maßstab für das Verfassungsgericht sei aber das deutsche Grundgesetz. "Hier wird zu klären sein, inwieweit die Europäische Zentralbank Kompetenzen in Anspruch nimmt, die nicht übertragen worden sind und von Verfassungs wegen auch nicht übertragen werden durften."

"EZB belastet deutschen Haushalt"

Keinerlei Rolle für das höchste deutsche Gericht spiele hingegen, ob die Maßnahmen der EZB in der Praxis sinnhaft oder erfolgreich gewesen seien, sagte Voßkuhle. "Andernfalls würde der Zweck allein die Mittel rechtfertigen." Der Rechtsprofessor Dietrich Murswiek, Prozessvertreter des CSU-Politikers und Beschwerdeführers Peter Gauweiler, erklärte, er hoffe auf eine klare Entscheidung. Bisher habe Karlsruhe der Politik bei Euro-Fragen immer grünes Licht gegeben und nur Warnzeichen aufgestellt. "Jetzt hilft kein 'Ja-aber' mehr. Jetzt ist ein klares Nein gefordert." Es sei inakzeptabel, dass die EZB den deutschen Haushalt mit ihren Staatsanleihekäufen indirekt mit hohen Risiken belaste, ohne dass der Bundestag gefragt werde.

In dem weltweit beachteten Verfahren werden in den kommenden zwei Tagen zahlreiche Beschwerdeführer und viele Sachverständige erörtern, ob die umstrittenen EZB-Maßnahmen gegen Grundgesetz und EU-Vertrag verstoßen. Die Kläger führen an, die Zentralbank bürde Deutschland, so wie den anderen Euro-Staaten, unabsehbare Verlustrisiken auf. Damit werde die in der Verfassung verankerte Haushaltshoheit des deutschen Bundestages verletzt. Auch überschreite die EZB ihr Mandat, für stabile Preise zu sorgen. Es komme vielmehr zu einer im EU-Vertrag verbotenen direkten Staatsfinanzierung. Die EZB selbst sitzt nicht auf der Anklagebank. Ihr Vertreter, der frühere deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen, soll ebenso wie Bundesbank-Präsident Jens Weidmann lediglich als Sachverständiger gehört werden. Die Bundesbank lehnt die EZB-Politik rundweg ab.

Schäuble und Merkel hinter EZB

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hat die Rettungspolitik der EZB verteidigt. "Die Bundesregierung sieht keine Anzeichen dafür, dass die Maßnahmen der EZB ihr Mandat verletzten", sagte der CDU-Politiker. Schäuble bezweifelte, ob das Gericht überhaupt zuständig sei, über Maßnahmen der EZB zu urteilen.

Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat keine Zweifel daran, dass sich die EZB im Rahmen ihres Mandats bewegt. Die EZB tue das, was notwendig sei, um die Geldwertstabilität zu sichern, sagte Merkel am Dienstag in Berlin vor dem Industrieverband BDI. So werde die Berliner Regierung auch bei der aktuellen Anhörung vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe argumentieren.

(APA/Reuters)

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