Raben haben ihre Mitraben gut im Blick

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Die Vögel beobachten den Rang anderer sowohl in der eigenen Gruppe wie auch bei Nachbarn.

Wer sozial lebt, tut gut daran, sich in der eigenen Gruppe auszukennen und vor allem über die aktuellen Machtverhältnisse Bescheid zu wissen, das ist bei Menschen so, das ist bei anderen Primaten so, man kennt es auch bei Hyänen. Und wie ist es bei den Geflügelten, die in sozialen Dingen auch höchst kompetent sind, bei den Rabenvögeln? Von denen weiß man schon, dass sie sich auf der Futtersuche zusammentun, aber dann, wenn einer etwas gefunden hat, die Gefahren des Sozialen mit List abwehren: Hat ein Häher Futter, das er gerade nicht verzehren kann, lagert er es ein, er versteckt es irgendwo.

Aber vorher schaut er sich um, ob ihn ein anderer Häher beobachtet. Bemerkt er einen, versteckt er ganz auffällig etwas ganz anderes, einen Stein etwa, und im nächsten unbeobachteten Moment bringt er seine echte Beute in Sicherheit. Er kann sich also in den anderen hineinversetzen und dessen Züge durchkreuzen. Kann er sich auch so in ihn hineinversetzen, dass er den Rang eines jeden in der Gruppe im Bewusstsein hat? Jorg Massen (Kognitionsbiologie Uni Wien) hat es getestet, in Playback-Experimenten, in denen anderen Rabenvögeln – Raben (Corvus corax) – aus versteckten Lautsprechern etwas vorgespielt wurde, die Stimmen von  Mitraben.

Ohren lauschen geschlechtsspezifisch


Diese klangen entweder wie gewohnt – das Tier mit dem höheren Rang hatte das Sagen –, oder sie bargen eine verwirrende Überraschung: Das höherrangige Tier war plötzlich in der Rolle des niederrangigen. Die Überraschung kam an, vor allem die weiblichen Raben zeigten sie – sie haben generell einen niederen Rang – gegenüber Mitgliedern der eigenen Gruppe, und je älter sie wurden, desto hellhöriger reagierten sie. Und die Weibchen reagierten vor allem auf andere Weibchen, bei den Männchen war es ähnlich, die reagierten auf Männchen, nur nicht so stark.

Und sie reagierten nicht nur auf die Männchen der eigenen Gruppe, sondern auch auf die im Nachbargehege, mit denen sie überhaupt nichts zu tun hatten – außer dass sie sie beobachten konnten. Das taten sie auch, sie waren über die Rangordnung der anderen bestens informiert (Nature Communications, 22. 4.). „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Raben geistige Repräsentationen über andere bilden“, schließt Massen. Das ist eine hohe Leistung, sie legt nahe, dass Raben viel Intelligenz für das haben, was sie brauchen, das Soziale. Bei der Selbstbeherrschung hingegen, über die nebenan berichtet wird, schnitten Rabenvögel – in diesem Fall Häher, sie erbringen ihre Leistungen mit einem kleinen Gehirn von 2,85 cm3 – eher mittelmäßig ab.   (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2014)

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