Tschetschenenmord: Präsident als Drahtzieher

Kadyrow.
Kadyrow.(c) AP (MUSA SADULAYEV)
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Vom Mord an Umar Israilov 2009 in Wien führen Spuren zum Staatschef von Tschetschenien, Ramsan Kadyrow. Israilov, damals 27, war auf offener Straße in Floridsdorf erschossen worden.

Wien (red./ag.). Da kommt auf die Beziehungen zwischen Österreich und Russland bzw. dessen Teilrepublik Tschetschenien einiges zu: Laut „New York Times“ und „Falter“ fanden Ermittler des Wiener Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismus (LVT) klare Spuren, die vom Mord am Exil-Tschetschenen Umar Israilov im Jänner 2009 in Wien zumindest ins engste Umfeld des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow führen.

Israilov, damals 27, war auf offener Straße in Floridsdorf erschossen worden. Mehrere Tschetschenen hatten ihn erwartet; drei wurden verhaftet. Israilov war einst in Kadyrows Leibgarde, wollte dort schwere Menschenrechtsverletzungen gesehen haben und floh über Polen nach Wien, wo er mit Frau und drei Kindern lebte. 2006 klagte er beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Kadyrow an: Er erläuterte das angebliche Terrorregime Kadyrows, Moskaus Statthalters, das auf Mord und Folter beruhe. Ende 2008 ging er zur Polizei, weil er auf Kadyrows Todesliste stehe. Innenministerin Fekter veranlasste aber keinen Personenschutz.

„Definitiver Tötungsauftrag“

Die „New York Times“ berichtet, einer der mutmaßlichen Täter habe auf der Flucht Shaa T. angerufen, einen Berater Kadyrows und Experten für „dreckige Jobs“. Für eine Beteiligung Kadyrows gebe es aber keinen Beweis. Der „Falter“ aber, der den vertraulichen LVT-Bericht besitzen soll, zitiert daraus: Es sei „davon auszugehen“, dass die Tötung „von oberster Stelle (Kadyrow) angeordnet war“. Er habe einem Agenten einen „definitiven Tötungsauftrag“ erteilt und in Wien einen Geheimdienst eingerichtet, der Exil-Tschetschenen ausspionieren soll.

Gerhard Jarosch, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, bestätigte den „Falter“-Bericht großteils; allerdings glaube das LVT, dass Kadyrow nur den Auftrag zur Entführung Israilovs gegeben habe. Der Mord habe „sich ergeben, da die Entführung schiefging“. In Bälde sei mit ersten Anklagen zu rechnen, so Jarosch.

Kadyrow hatte im Mai 2009 im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ dementiert, mit dem Fall zu tun zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2010)

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