Amnesty wirft Italien schwere Misshandlung von Flüchtlingen vor

Flüchtling in Italien gestrandet
Flüchtling in Italien gestrandetAPA/AFP/ANDREAS SOLARO
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Sicherheitskräfte zwangen Flüchtlinge mit Schlägen und Elektroschockgeräten zur Abgabe von Fingerabdrücken.

Die Menschenrechtsgruppierung Amnesty
International legt der italienischen Polizei schwere Misshandlungen von Flüchtlingen zur Last. Sicherheitskräfte hätten Flüchtlinge mit Schlägen und Elektroschockgeräten zur Abgabe von Fingerabdrücken gezwungen, heißt es in einer Untersuchung, die Amnesty am Donnerstag
vorlegte. Die Misshandlungen "liefen in einigen Fällen auf Folter hinaus".

Die Befunde beruhen auf der Befragung von rund 170 Flüchtlingen. Zu den Misshandlungen kam es laut Amnesty in den sogenannten "Hotspots" - in den Registrierzentren, die von der EU eingerichtet worden sind. Dort wird den Flüchtlingen der Fingerabdruck abgenommen. Die Daten werden dann gespeichert, um sicherzustellen,
dass die Flüchtlinge nicht in einem anderen EU-Land Asyl beantragen. Manche Flüchtlinge wehren sich deshalb dagegen, den Fingerabdruck abzugeben.

Amnesty führte das Fehlverhalten der italienischen Polizei auf den Druck zurück, den die EU auf Italien ausüben, um die Zahl der Flüchtlinge zu senken. "Der Druck der EU auf Italien, mit Flüchtlingen und Migranten hart umzuspringen, hat zu Misshandlungen und unrechtmäßigen Abschiebungen geführt", heißt es in dem Bericht.

Elektroschockgeräte bei Minderjährigen

"Die EU-Chefs haben die italienischen Behörden an die Grenzen des Legalen - und darüber hinaus - getrieben", kritisierte der Amnesty-Italienexperte Matteo de Bellis. "Als Konsequenz werden die traumatisierten Menschen fehlerhaften Verfahren und in einigen
Fällen abstoßenden Misshandlungen durch die Polizei ausgesetzt."

Insgesamt dokumentierte Amnesty im Zuge der Untersuchung 24 Fälle von Misshandlungen. In 16 davon habe die Polizei Flüchtlinge geschlagen. In mehreren Fällen sei auch ein Elektroschockgerät zum Einsatz gekommen, in einem Fall gegen einen 16-jährigen Sudanesen.
Ein 27-Jähriger habe berichtet, er habe sich ausziehen müssen und sei an den Genitalien gequält worden.

Amnesty könne nicht jedes Detail der Berichte auf Echtheit
überprüfen, betonte de Bellis. "Wir können aber mit Gewissheit sagen, dass es ein Problem mit dem übermäßigen Einsatz von Gewalt durch die Polizei gibt."

Seit Anfang des Jahres wurden den italienischen Behörden zufolge bereits mehr als 153.000 Flüchtlinge im Mittelmeer gerettet und nach Italien gebracht - so viele wie im gesamten Vorjahr. Im Rekordjahr 2014 lag die Gesamtzahl bei 170.000 Flüchtlingen. Nach UNO-Angaben
kamen seit Jahresbeginn mehr als 3.700 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt ums Leben.

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