VKI sieht bei AWD "Betrug als Strategie"

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Der Strukturvertrieb soll Kunden wissentlich in die Irre geführt haben. Mittlerweile liegt der Akt bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft.

Wien/Weber/Apa. Seit zwei Jahren gibt es zwischen dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) und dem AWD wegen dessen Verkaufs von Immofinanz- und Immoeast-Aktien einen heftigen Schlagabtausch vor Gericht. So hat der VKI fünf Sammelklagen im Namen von insgesamt 2500 mutmaßlich Geschädigten eingebracht. Gestritten wird um 40 Mio. Euro. Weitergegangen ist bis jetzt aber kaum etwas, da sich die Gerichte nach Einsprüchen des AWD noch mit Vorfragen beschäftigen.

Nun bekommt der Rechtsstreit zwischen den Konsumentenschützern und dem Finanzvertrieb – bisher geht es nur um Entschädigungen – eine neue Dimension. Wie jetzt bekannt wurde, hat der VKI im April zusätzlich eine Strafanzeige wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs eingebracht. Mittlerweile liegt der Akt bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Deren Sprecher, Martin Ulrich, bestätigte, dass die Vorwürfe des VKI derzeit geprüft würden. Darüber hinaus könne man sich zu laufenden Verfahren nicht äußern.

Systematische Fehlberatung

Der Vorwurf des VKI lautet ebenso wie in den Zivilklagen auf systematische Fehlberatung. Der AWD habe seine Kunden nicht über das Risiko von Immofinanz- bzw. Immoeast-Aktien aufgeklärt. Die Papiere seien unter Hinweis auf ein „irreführendes“ Gutachten als mündelsicher angepriesen worden, die Veranlagung in einzelne Aktien in betrügerischer Absicht als „Immobilienfonds“ bezeichnet worden, heißt es in der Anzeige. Der Begriff Aktien sei tunlichst vermieden worden.

„Betrügerische Strategie“

Die Verbraucherschützer haben über die Jahre umfangreiches Material zum AWD zusammengetragen – von internen Schulungsunterlagen bis hin zu Verträgen. Dieses haben die VKI-Anwälte in eine 83Seiten starke Anzeige gepackt, in der 20 ehemalige Topmanager beschuldigt werden. Darunter befindet sich auch der Ex-AWD-Chef Carsten Maschmeyer. Dieser soll „maßgeblich für die Entwicklung und Durchsetzung der betrügerischen Strategie des AWD“ verantwortlich gewesen sein. Sein unternehmerisches Verhalten sei geprägt von einer „Diskrepanz zwischen Schein und Sein“.

Viel Raum widmen die VKI-Anwälte dem aus ihrer Sicht „hoch komplizierten“ Provisionssystem des AWD. Hier stützen sie sich auch auf Aussagen eines ehemaligen Managers, der unter dem Pseudonym Maximilan von Ah einen Roman über seine Zeit als Mitarbeiter des AWD verfasst hat. Laut von Ah drängen Strukturvertriebe wie der AWD ihre Mitarbeiter in eine Schuldenfalle, um ihnen den Ausstieg zu erschweren.

Die zweite Managementebene sowie die AWD Gesellschaft für Wirtschaftsberatung in Wien hätten die Vermittler zudem ermutigt, Kunden zu täuschen, um möglichst hohe Provisionen zu erhalten. Dieses „skrupellose Verhalten“ habe letztendlich zehntausenden Anlegern Verluste beschert.

Der AWD selbst behauptet, bislang nichts von einer Strafanzeige gewusst zu haben. Auch die Staatsanwaltschaft habe noch keinen Kontakt aufgenommen. „Bei den angeführten Punkten, die angeblich Gegenstand einer Strafanzeige sein sollen, handelt es sich offenkundig um die bereits bekannten haltlosen Vorwürfe, die der VKI seit mehreren Jahren ohne Erfolg gegen AWD Österreich erhebt“, schreibt Sprecher Hansjörg Nagelschmidt in einer Mitteilung.

Die Vorwürfe weist er „mit aller Entschiedenheit und auf das Schärfste“ zurück. Man werde „alle notwendigen rechtlichen Schritte gegen diese unternehmensschädigende Kampagne ergreifen und entsprechende Maßnahmen gegen den VKI und dessen Verantwortliche einbringen“.

Auf einen Blick

Gegen den AWD hat der Verein für Konsumenteninformation im April eine Strafanzeige wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs eingebracht. Wie in den zivilrechtlichen Klagen lautet der Vorwurf, der Finanzvertrieb habe zehntausenden Kunden Immofinanz- und Immoeast-Aktien verkauft, ohne sie ausreichend über die Risken aufzuklären.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2011)

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