Ohne Sicherheiten erhalten Banken kein Geld

(c) Clemens Fabry
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Refinanzierung: Laut Nationalbank müssen sich Österreichs Finanzinstitute im nächsten Jahr rund 21 Mrd. Euro von den Anleihenmärkten holen. Die Käufer verlangen dafür erhebliche Sicherheiten.

Wien. Nicht nur für die Staaten, sondern auch für die Banken wird es wegen der Finanzkrise immer schwieriger, sich Geld von den Kapitalmärkten zu holen. Der österreichische Staat braucht im nächsten Jahr 24 bis 27 Mrd. Euro, um auslaufende Anleihen zu ersetzen und die Neuverschuldung abzudecken. Bis 2015 sind es geschätzte 105 Mrd. Euro. Hinzu kommt der Refinanzierungsbedarf der heimischen Banken. Dieser liegt im nächsten Jahr bei 21 Mrd. Euro, wie die Nationalbank (OeNB) am Freitag mitteilte.

Da aber die Ratingagenturen mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Österreichs und der Banken drohen, verlangen die Käufer von Anleihen immer höhere Zinsen. Bei einem Verlust des Triple-A-Ratings müsste die Republik drei Mrd. Euro zusätzlich an Zinsen zahlen, sagte jüngst Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP).

Bei den Finanzkonzernen ist die Situation ähnlich. Die Ratingagentur Moody's nimmt gerade mehrere österreichische Großbanken unter die Lupe.

Laut OeNB-Chef Ewald Nowotny gibt es zwar auf den Anleihenmärkten „erhebliche Anspannungen“. Trotzdem geht er davon aus, dass die österreichische Kreditwirtschaft die erforderlichen 21 Mrd. Euro aufbringen kann. Doch wer leiht einer Bank Geld? „Kurz- und mittelfristig ist mit einer ernüchternden Situation auf dem Markt für unbesicherte Bankanleihen zu rechnen“, heißt es im Finanzstabilitätsbericht der OeNB. Daher bleibt den Finanzkonzernen nichts anderes übrig, als auf den klassischen „Pfandbrief“ zu setzen. Dieser erlebt im Zuge der Krise eine Renaissance. Denn im Gegensatz zu herkömmlichen Anleihe müssen die Institute bei einem Pfandbrief Sicherheiten vorhalten.

Sondervermögen für Anleihenkäufer

Die Bank Austria verkaufte in diesem Jahr drei Mrd. Euro an Pfandbriefen und deckte damit einen Großteil ihres Refinanzierungsbedarfs ab. Die Erste Bank erhielt heuer 55 Prozent der erforderlichen Mittel von fünf Mrd. Euro über Pfandbriefe. Um diese Form von Wertpapieren für ausländische Investoren attraktiver zu machen, soll nun das Pfandbriefgesetz geändert werden, sagte OeNB-Chef Ewald Nowotny. Denn einige Regeln gehen auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück.

Das Besondere an Pfandbriefen ist, dass die Banken einen „Deckungsstock“ aufbauen müssen. Geht ein Institut pleite, werden die Käufer von Pfandbriefen über den „Deckungsstock“ zuerst bedient. Als Sicherheiten dienen hypothekarische und öffentliche Forderungen. Die Banken verpacken hier Kredite, die sie an die öffentliche Hand (Bundesländer, Gemeinden) vergeben haben, sowie Darlehen, die mit guten Immobilien und Grundstücken besichert sind. Die Wertpapiere bekommen ein eigenes Rating. „In 230 Jahren hat es bei Covered Bonds (besicherten Anleihen. Anm.) keinen Ausfall gegeben“, sagt Torsten Strohrmann von DWS Investment. Die Banken versichern, dass Pfandbriefe nicht mit hoch spekulativen US-Immobilienkrediten (Subprime), die 2007 die Finanzkrise auslösten, vergleichbar sind.

Pfandbriefe von Wiener Banken, die 2015 abreifen, kommen derzeit auf eine Rendite von 2,4 Prozent. So viel Geld müssen die Finanzkonzerne den Investoren zahlen. Zum Vergleich: Eine vergleichbare österreichische Staatsanleihe (Laufzeit bis 2015) wirft eine Rendite von 1,45 Prozent ab.

Milliardenlücke bei Tilgungsträgern

Dass Investoren von den Banken vermehrt Sicherheiten verlangen, hat einen guten Grund: Österreichs Finanzkonzerne sind stark in Osteuropa engagiert. Dort ist die Anzahl der Problemkredite laut OeNB-Angaben mittlerweile auf 14,1 Prozent oder 20 Mrd. Euro gestiegen. Zum Vergleich: In Österreich liegt der Wert zwischen drei und vier Prozent.

Sorgen bereitet der Finanzaufsicht vor allem das hohe Volumen an Fremdwährungskrediten, von dem in Österreich noch 58,5 Mrd. Euro ausständig ist. Ein Teil davon wurde mit gesondertem Tilgungsträger vergeben. Das heißt, der Kreditnehmer zahlt nicht das geliehene Geld zurück, sondern nur die Zinsen. Parallel investiert er in einen Tilgungsträger, oft in Investmentfonds oder Aktien. Am Ende der Laufzeit soll der Tilgungsträger ausreichen, um das Darlehen abzulösen. Laut OeNB-Berechnungen weisen die Tilgungsträger aber eine Lücke von 5,4 Mrd. Euro auf.

Auf einen Blick

Die Nationalbank stellt sich auf Spannungen an den Anleihenmärkten ein. 2012 brauchen die europäischen Staaten und Banken mehr als zwei Billionen Euro. Der Refinanzierungsbedarf bei Österreichs Finanzkonzernen wird mit 21 Mrd. Euro beziffert. Ein großer Teil wird über Pfandbriefe abgedeckt. Im Gegensatz zu einer klassischen Anleihe müssen die Institute dabei einige Sicherheiten vorhalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.12.2011)

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