Die Art und Weise, wie unveränderte Android-Handys und -Tablets an die Kunden kommen, soll sich ändern. Google will sich angeblich von den Mobilfunkern emanzipieren.
Google will offenbar die Strategie für sein mobile Betriebssystem Android ändern. Wie das Wall Street Journal berichtet, will der Webkonzern mehr Kontrolle über Handys und Smartphones haben und damit Mobilfunker Macht enziehen. Dem Bericht zufolge, den Google bisher nicht kommentieren will, soll nicht nur ein Hersteller, sondern gleich mehrere noch vor Veröffentlichung einer neuen Android-Systemversion Zugriff auf die Software erhalten. Das würde bedeuten, dass es nicht mehr nur ein Flaggschiff mit dem Nexus-Namenszug gibt, sondern derer gleich mehrere. Die Rede ist dabei nicht nur von Smartphones, sondern auch Tablets.
Eigener Vertrieb möglich Bis zu fünf Hersteller sollen gleichzeitig an solchen Nexus-Modellen arbeiten. Diese sollen, wie bisher, mit einer unveränderten Version des Android-Betriebssystems ausgeliefert werden und für alle Netzbetreiber freigeschaltet sein. Angeblich will Google die Geräte entweder selbst über seine Website oder über Handelspartner vertreiben. Entsprechende Pläne hatte der Konzern mit dem ersten Nexus-Gerät, dem von HTC produzierten Nexus One, nicht allzu erfolgreich versucht.
Hersteller-Änderungen verzögern Updates Das Samsung Galaxy Nexus hat die Traummaße eines Mobilfunk-Supermodels: zwei kräftige Rechenkerne, ein Gigabyte Arbeitsspeicher, NFC und das erste HD-Display mit einer 720p-Auflösung an einem Smartphone und das alles in einem schlankeren Gehäuse als das iPhone 4S. Zusätzlich verführt das Google-Handy mit dem neuesten Android-System 4.0 alias Ice Cream Sandwich - das erste seiner Art. Aber kann das verlockende Gerät in der Praxis auch überzeugen? DiePresse.com hat es ausprobiert.Text: sg, Bilder: db (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Vorne ist das Galaxy Nexus ein echter Hingucker. Mit einer Diagonale von 4,6 Zoll ist es sehr groß und es ist komplett tastenfrei. Am unteren Rand befinden sich nicht einmal virtuelle Tasten, die - wie bei anderen Modellen - aufleuchten, wenn das Telefon aktiv ist. Platz ist dort trotzdem und gelegentlich leuchtet in der Mitte ein heller Punkt auf, der als Status-LED dient. Die schwarze Oberfläche wird eigentlich nur durch den Lautsprecher und die Kamera am oberen Rand gestört. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) An der Rückseite hat Samsung das einfache und glatte Design nicht durchgezogen. Dort ist das Gerät metallfarben und am Akkudeckel strukturiert und leicht gummiert. Das soll dafür sogen, dass das große Smartphone nicht aus der Hand rutscht, hält mitunter aber auch Dreck fest. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Der Deckel ist dünn und biegsam - beinahe folienartig und lässt sich dementsprechend schwer wieder anbringen. Das ist aber auch nur selten notwendig, denn darunter befinden sich lediglich Akku und SIM-Karte - SD-Speicherkarte ist gar keine vorgesehen. Der Speicher bleibt also bei den internen 16 oder 32 Gigabyte. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Wie bereits der Vorgänger, ist auch das Galaxy Nexus leicht geschwungen und am unteren Rand ein wenig dicker. Dadurch liegt es angenehm in der Hand und passt sich beim Telefonieren ein wenig der Kopfform an. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Das Galaxy Nexus hat wie erwähnt einiges unter der Haube. Das macht sich auch bemerkbar. Android 4.0 wartet zum Beispiel beim Aufrufen der App-Übersicht mit einer Animation auf, die nicht nur hübsch, sondern auch blitzschnell ist. Auch beim Spielen und beim Surfen scheint nichts zu ruckeln, zu hängen oder auch nur mit einer kleinen Verzögerung zu stören. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Um es auf den Punkt zu bringen, haben wir zwei Benchmark-Tests durchgeführt, bei denen mit diversen Animationen die Grafik getestet wird, aber auch zum Beispiel Schreib- und Lesegeschwindigkeiten des Speichers und die Leistung des Prozessors überprüft werden. (c) Presse Digital (Screenshot) Eines der größten Highlights des Galaxy Nexus ist das Display. 720 x 1280 Pixel ist jene Auflösung, in der im Fernsehen zahlreiche HD-Sendungen übertragen werden. Das hat seine Vorteile beim Betrachten von Videos oder Bildern. Das kann aber auch Nachteile haben - haben zum Beispiel die Fotos der Kontakte keine genügende Auflösung, erscheinen sie rasch pixelig. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Die Kamera bietet fünf Megapixel, einen LED-Blitz und liefert Videos in der Full-HD-Auflösung 1080p. Das klingt gut, in der Praxis gibt es aber einige bessere Smartphone-Kameras. Gerade bei schlechtem Licht sind die Aufnahmen eher düster und die Farben matt. Die Bilder sind zwar in Ordnung, mit der Kamera des iPhone 4S kann das Galaxy Nexus jedoch nicht mithalten. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Dafür bringt Android 4.0 einige Neuerungen für die Kamera-App. Belichtung und Weißabgleich können im Unterschied zum iPhone eingestellt werden und einige Automatik-Modi wie Action, Nacht oder Party helfen, die Kamera der Situation anzupassen. Neu ist die Nachbearbeitung von Bildern, die neben Filtern wie "Lomo" auch Belichtung und Farbe und Bildausschnitt bearbeiten lässt. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Grundsätzlich unterscheidet sich Android 4.0 sehr stark von bisherigen Android-Systemen. Es ist das erste System von Google, das sowohl für Smartphones, als auch für Tablets gedacht ist und bringt damit einige Elemente von dem Tablet-Android 3.0 "Honeycomb" erstmals auf Smartphones. Der Sperrbildschirm bietet durch das Verschieben eines Kreises nun die Möglichkeit, zum Homescreen zu gelangen, oder direkt die Kamera-App aufzurufen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Vom Sperrbildschirm aus ist außerdem direkt die Statusleiste erreichbar - vorausgesetzt, das Gerät ist nicht mit einer Code- oder Gesichtssperre gesichert. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Gesichtssperre? Statt eines Codes, merkt sich das Galaxy Nexus die Gesichtszüge des Nutzers und prüft beim Entsperren, wer das Gerät gerade in Händen hält. Das funktioniert gut. Fraglich bleibt, wie sicher diese Methode ist, wenn die Gesichtszüge nicht besonders extravagant sind oder einfach ein Foto vorgehalten wird. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Hinter dem Sperrbildschirm verbergen sich die gewohnten fünf Homescreens, die mit Apps, Shortcuts und Widgets befüllt werden können. Auffälligste Neuerung sind die drei Schaltflächen am unteren Bildschirmrand, die die bisher notwendigen Hardware-Buttons ersetzen. Der Mittlere führt immer zum Homescreen, der rechte ruft die Multitasking-Übersicht auf und der linke macht den zuletzt getätigten Schritt rückgängig. Am oberen Rand befindet sich unter der Statusleiste auf jedem der fünf Bildschirme eine fix platzierte Google-Suchzeile. (c) Presse Digital (Screenshot) Am Homescreen lassen sich nun außerdem Ordner bilden. Das funktioniert genauso wie am iPhone oder iPad durch das Ziehen von einem Icon auf das andere. (c) Presse Digital (Screenshot) Die drei neuen Schaltflächen verdecken bei vielen für ältere Android-Versionen optimierten Apps leider die unterste Zeile - das fällt allerdings nur dann auf, wenn dort Text angezeigt wird. Es wird wohl noch ein wenig dauern, bis die meisten Entwickler ihre Apps angepasst haben. (c) Presse Digital (Screenshot) Eine Schaltfläche im unteren Bereich des Homescreens führt zu der gewohnten App-Übersicht, wo sich ab nun auch alle Widgets und der App Store befinden. (c) Presse Digital (Screenshot) Die neue Multitasking-Übersicht ist bereits von dem Tablet-Android 3.0 bekannt. Sie zeigt ein kleines Bild des zuletzt sichbaren Bildschirms und lässt einzelne Apps schließen, indem sie einfach aus dem Bild geschoben werden. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Einiges hat sich in den Einstellungen von Android getan. Neu ist zum Beispiel der Menüpunkt Datenverbrauch. Dort kann ein Limit für den mobilen Datentransfer - zum Beispiel zwei Gigabyte - festgelegt werden. Ist das Volumen verbraucht, deaktiviert das System automatisch die Datenverbindung. Darunter wird angezeigt, welche App wieviel Datenvolumen verbraucht hat. (c) Presse Digital (Screenshot) Gewohnt überzeugend sind alle Apps, die Google-Dienste betreffen. Dazu zählt etwa Google Maps, das iPhone-Benutzer vor Neid erblassen lassen müsste. 3D-Gebäude, Restauranttips, Fotos, öffentliche Verkehrsmittel und eine ausgewachsene Turn-by-Turn-Navigation lassen die iPhone-Version beinahe hinterwäldlerisch wirken. (c) Presse Digital (Screenshot) NFC lässt sich übrigens in den Einstellungen aktivieren - der entsprechende Chip steckt im Akku. Derzeit mangelt es aber an entsprechenden Anwendungen und Googles Bezahldienst "Wallet" ist hierzulande nicht verfügbar. Hersteller und Mobilfunker rechnen damit, dass das Thema gerade beim kontaktlosen Bezahlen nächstes Jahr abheben wird. Beobachter erinnern sich gerne an die NFC-Flächen an den Ticket-Automaten der Wiener Linien, die seit einigen Jahren ungenutzt dort prangen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Fazit: Das Galaxy Nexus ist derzeit technisch das beste Android-Smartphone. Einzig leidenschaftliche Schnappschuss-Sammler sollten ob der nicht ganz so gelungenen Kamera von einer Anschaffung Abstand nehmen - für die meisten Foto-Zwecke wird es allerdings genügen. Android 4.0 hat gegenüber iOS einiges an Boden gewonnen, ist aber nach wie vor komplizierter in der Bedienung und bietet dafür mehr Möglichkeit zur Individualisierung. Das neue Nexus ist groß, aber nicht schwer, passt in jede durchschnittliche Herrenhosentasche - Nutzer mit zarten, kleinen Händen, sollten vor dem Kauf auf jeden Fall ausprobieren, wie sie damit zurecht kommen. (c) Presse Digital (Daniel Breuss) Android-Supermodel im Test Zahlreiche Android-Fans fordern schon seit langem mehrere Geräte mit einem "puren" Betriebssystem ohne Anpassungen durch die Hersteller. Samsung etwa ersetzt die Benutzeroberfläche mit seinem TouchWiz, HTC nennt seine Version "HTC Sense". Diese Änderungen sorgen dafür, dass Updates erst verspätet (oder gar nicht) auf diesen Geräten erscheinen. Die Hersteller müssen das von Google veröffentlichte Paket nämlich erst umschreiben, um ihre eigenen Eigenheiten zu inkludieren.
Provider und Apple als Hindernis Wenn sich der Bericht bewahrheitet und Google die nächste Android-Version "Jelly Bean" tatsächlich auf mehreren Nexus-Geräten verteilt, könnte das die Position der Plattform noch einmal verbessern. Android ist zwar schon Marktführer bei Smartphone-Systemen. Dennoch wirft Apples iPhone weiterhin mehr Profit ab. Google könnte durch direkte Kontrolle des Vertriebswegs hier mehr Geld aus seiner erfolgreichen Software lukrieren. Und das Aushebeln der Mobilfunker hätte noch einen weiteren Effekt. Manche Geräte, die von den Anbietern verteilt wurden, unterstützen gewisse Google-Dienste nicht. In den USA blockiert der Provider Verizon etwa die Bezahlfunktion Google Wallet.
Android "Jelly Bean" im Herbst Google hat mit Android 4.0 ein umfassendes Update für sein Smartphone- und Tablet-Betriebssystem vorgestellt. Die Software mit dem Codenamen "Ice Cream Sandwich" orientiert sich stark optisch an Verison 3.0 "Honeycomb". Neben dem üblichen Entsperr-Ring bietet das neue System jetzt auch Face Unlock. Die Frontkamera erkennt das Gesicht des Nutzers und entsperrt damit das Gerät. (c) Google Der Sperrbildschirm wurde auch umgestaltet, wenn jemand anruft, beziehungsweise angerufen hat. Ist man gerade beschäftig, kann man direkt per vorgefertigter Textnachricht anworten ("jetzt nicht", "rufe gleich zurück", "bitte später", etc.). Auf dem rechten Bild ist zu sehen, wie man auch im Sperrbildschirm an die Benachrichtigungen oder direkt zur Kamera kommen kann. (c) Google Die neue Optik setzt vor allem auf die Farbe blau. Statt vier Tasten (Home, Menü, Zurück, Suchen), gibt es jetzt nur noch drei. Diese sind beim neuen Vorzeigegerät Galaxy Nexus überhaupt nur noch virtuell. Benötigt eine App den ganzen Schirm, kann sie die Buttons ausblenden. Anwendungen lassen sich zu Ordnern auf dem Home-Screen zusammenfassen. Die für sie wichtigsten Funktionen können Nutzer als vier Schnellstart-Icons fixieren. Die Listen für Apps und Widgets werden, wie von Honeycomb bekannt, in einer separaten Auswahl angezeigt. (c) Google Widgets lassen sich größentechnisch leicht anpassen. Das kennt man von "Honeycomb" schon, genauso wie die visuelle Multitasking-Ansicht. (c) Google Der Android Browser wurde auch umgestaltet. So bietet er eine visuelle Tab-Übersicht und bietet neue Einstellmöglichkeiten. So können Websites fürs spätere Offline-Lesen gespeichert werden. Bookmarks können über das Google-Konto mit einem Chrome-Browser auf dem Desktop synchronisiert werden. (c) Google Für die Kontakte hat sich Google ebenfalls eine neue Optik überlegt. Sie bieten jetzt ein großes Profilbild und sind noch enger mit Apps wie Google+ verknüpft. (c) Google Bei der Fehlerkorrektur hat Google auch ein paar Neuigkeiten integriert. Rechtschreibfehler werden unterstrichen und können durch einmaliges antippen recht flott ausgebessert werden. Die Spracheingabe wurde noch einmal verfeinert. Wie sie sich mit Apples Siri schlägt, muss ein Vergleichstest zeigen. (c) Google Eine der größten Änderungen für Benutzer betrifft die Kamera. Sie bietet eine Fülle an neuen Funktionen, wie etwa Live-Filter, um Gesichter zu verzerren, oder eine Panorama-Funktion, bei der man die Kamera nur schwenken muss. Die Auslöseverzögerung soll drastisch verbessert worden sein und die Kamera bietet jetzt einen kontinuierlichen Autofokus. Fokus per Berührung ist auch möglich, Gesichtserkennung ist inkludiert. (c) Google Wer mit seiner Aufnahme trotz der neuen Funktionen immer noch nicht zufrieden ist, kann sie mit dem neuen Foto-Editor verbessern. Zuschneiden, Rotaugen-Entfernung, Farbanpassung und einige andere Werkzeuge sind mit an Bord. (c) Google Umgearbeitet wurde auch die Bildergalerie. Wenn man Fotos auf Facebook, Google+ oder andere Dienste hochladen will, darf man jetzt gleich mehrere markieren. (c) Google Offenbar hat Google auch ein Herz für Nutzer mit geringen Datenvolumina. In den Einstellungen können Limits gesetzt werden, ab wann die Datenverbindung gekappt werden soll. Es gibt auch eine Übersicht, welche Apps wieviel verbrauchen. (c) Google Wie schon im Vorfeld bekannt wurde, bietet "Ice Cream Sandwich" die Möglichkeit, Screenshots zu erstellen. Dazu müssen die Tasten "Power" und "Volume down" gleichzeitig gedrückt werden. Die Integration der Nahbereichs-Funktechnik NFC wurde ebenfalls erweitert. Apps, Kontakte oder Bookmarks lassen sich über Android Beam teilen. Dazu müssen zwei Android-Nutzer nur ihre Geräte aneinander halten. (c) Google Das kann ''Ice Cream Sandwich'' Einen Erscheinungstermin für Android "Jelly Bean" gibt es noch nicht. Es wird erwartet, dass es noch im dritten Quartal 2012 veröffentlicht wird. Allerdings kann sich dieser Termin auch noch ändern. Das aktuelle Android 4.0 "Ice Cream Sandwich" wurde im Oktober der Öffentlichkeit präsentiert, gemeinsam mit dem Flaggschiff-Gerät Galaxy Nexus. Bei der Einführung von "Jelly Bean" wird sich dann auch zeigen, wer nun wirklich Nexus-Geräte bauen durfte und wieviele es sein werden.
(db)
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